Kapitel 4
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Stattdessen führte er mich auf die Tanzfläche. Da ich mit ihm nicht ganz so eng tanzte, wie mit John auf dem Frühlingsfest, kamen wir beide auch ohne größere Verletzungen davon. Ich schwebte so auf Glückswolken, dass ich gar nicht bemerkte, wie Israels Blicke immer wieder zu Magda abschweiften, die unweit von uns auf der Tanzfläche ihr Können unter Beweis stellte. Mit ihren Blicken forderte sie ihn deutlich dazu auf, aufs Ganze zu gehen.

 
 
 

Und das tat er dann auch. Die Musik wurde etwas ruhiger und plötzlich spürte ich, wie Israels Hände auf meinen Hüften zum Ruhen kamen. Er zog mich nah an sich heran und ich legte meine Arme um seinen Hals. Vermutlich hätte ich jetzt erneut einen Rückzieher gemacht, aber Israel hielt mich fest umschlungen und die Drinks hatten mich mutig gemacht. Unweigerlich kamen mir Magdas Worte in den Sinn, dass es gut für mich sein könnte, meine Unschuld endlich zu verlieren, damit nicht immer die Angst vor dem Ersten Mal wie eine dunkle Wolke über jeder meiner Verabredungen schwebte. Und plötzlich kam mir dieser Gedanke nicht mehr so abwegig vor. Ich war gespannt, wie sich dieser Abend noch entwickeln würde.

 
     
 

Und ich musste nicht lange warten, bis Israel seien dunklen Lippen auf meine presste. „Lauf weg, lauf weg!“, schrie es erneut in meinem Kopf. Doch anders als bei John schien der Ruf von sehr weit weg zu kommen und wurde von einem lauten „Halt ihn fest und lass ihn nie wieder gehen“ übertönt. In diesem Moment war ich froh, dass ich durch meine Beziehung mit Gernot, so unglücklich sie auf geendet sein mag, genau wusste, was zu tun war. Vorsichtig öffnete ich meinen Mund und gewährte Israels fordernder Zunge Einlass. Von meinem Mund wanderten seien Lippen zu meinem Hals und hinauf zu meinem Ohr. „Ich würde dich gerne mit nach Hause nehmen“, hörte ich ihn flüstern und ich war selbst überrascht, als ich mich „und ich würde gern mitkommen“ antworten hörte.

 
     
 

Während Israel meine Chipkarte nahm, um unsere Getränke zu bezahlen, lief ich eilig zu Magda hinüber. Mein Herz pochte wie wild. „Er will dass ich mit ihm nach Hause gehe“, flüsterte ich ihr aufgeregt ins Ohr „Ich glaube, er will mit mir schlafen.“ „Und willst du es auch? Bist du bereit dafür?“, fragte Magda, obwohl sie die Antwort bereits an meinem erwartungsvoll glühenden Gesicht abgelesen hatte. Sie lächelte zufrieden. Als ich mich zum Gehen umdrehte, ergriff sie mein Handgelenk. „Die Kondome hast du in deiner Tasche?“, fragte sie und ich bestätigte nickend. Ihr Griff entspannte sich wieder und sie zwinkerte mir zu. „Dann ist ja für alles gesorgt. Genieß diese Nacht in vollen Zügen.“

 
 

 

 

 
   
 

Israel wartete am Fahrstuhl auf mich und unten angekommen, stiegen wir in ein Taxi, das uns zu seinem Haus brachte. Von der Fahrt bekam ich nicht viel mit, denn ich war zu sehr damit beschäftigt, seine Küsse zu erwidern. Am Ziel angekommen, führte er mich sogleich in sein Schlafzimmer, wo er mich erneut mit Küssen überhäufte.

 
   
 

Dann drückte er mich sanft auf sein Bett hinunter und nahm mich fest in seinen Arm. Er ergriff meine Hand und begann sie zu küssen. Langsam wanderten seine Lippen meinen Arm entlang, bis hinauf zu meiner Schulter. Dort angekommen schob er den Träger meines Kleides beiseite. Gleichzeitig öffnete er geschickt den Reisverschluss an meinem Rücken, sodass mein Kleid an mir herunter glitt und ich nur noch im BH bekleidet vor ihm saß.

 
     
 

Nun wurde ich doch unsicher und bedeckte meine Brust schamvoll mit dem Arm. Israel erkannt, dass ich begann mich unwohl zu fühlte. Also richtete er sich auf und zog sich Jackett und Hemd aus. „Jetzt bin ich genau so verwundbar, wie du“, sprach er sanft. Und im nächsten Augenblick hat er sich auch der Hose entledigt und half mir dabei, mein Kleid abzustreifen. Ich lag fast nackt vor ihm und spürte seine heiße Haut auf meiner. So nah war ich noch nie jemanden gekommen. Nicht einmal Gernot hatte mich so gesehen. Und obwohl alles neu für mich war, fühlte es sich unglaublich schön an. Israels Hand streichelte meinen Körper und mit seinem Daumen fuhr er schließlich unter den Stoff meines Slips. Dabei blickte er mir tief in die Augen. „Wir müssen nicht weiter gehen“, sollte dieser Blick sagen und ich war versucht, auf dieses Angebot einzugehen. Doch dann berührte seine Hand die Innenseite meines Oberschenkels und ich wusste, dass ich es wollte.

 
     
  Ich ließ mich nach hinten sinken und lächelte ihn so verführerisch an, wie ich es konnte. Israel bedurfte keiner weiteren Aufforderung. Geübt griff er in den Nachtisch an seiner Bettseite und holte ein Kondom heraus.  
   
 

Und dann geschah es. Er öffnete meinen BH  und zog mir den Slip aus. Ich spürte seine Küsse überall auf meinem Körper und meine Lippen bedeckten den seinen. Ich hatte immer Angst gehabt, mich bei meinem Ersten Mal dumm anzustellen. Und mit jedem Jahr, das verstrich, ohne dass es geschah, wuchs diese Angst. Doch Israel ließ mir gar keine Gelegenheit, etwas falsch zu machen. Er wusste ganz genau wie er mich berühren musst, um mich erbeben zu lassen und er zeigte mir ganz genau, was er gerne hatte. Die Wirkung der Cocktails war inzwischen weitestgehend abgeklungen, dennoch  bewirkte der verbliebene Alkohol, dass meine Muskeln entspannt waren und ich den leichten Schmerz kaum bemerkte, als Israel sich mit mir vereinigte. Ich hatte mich noch nie einem Menschen so verbunden gefühlt wie in diesem Augenblick.

 
     
 

Doch das Schönste war, sich anschließend an Israels warmen Rücken zu schmiegen und mit ihm in einem Bett einzuschlafen. In diesem Augenblick konnte ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder alleine einzuschlafen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, ohne Israel einzuschlafen. Und das musste ich auch nicht mehr. Er liebte mich. Er musste mich lieben. Zwei Menschen könnten sich nicht körperlich so nahm kommen, ohne dass Liebe im Spiel war.

 
 

 

 

 
   
   

Ich wurde wach, als ich spürte, wie jemand an der Bettdecke zog. Ich öffnete die Augen und das helle Tageslicht blendete mich. Israel stand an der Seite des Bettes und strich die Decke glatt. „Guten Morgen, Babe. Es tut mir leid, dass ich dich wecken muss, aber ich muss gleich zur Arbeit.“ „Nicht schlimm“, antworte ich verschlafen und gähnte genüsslich. „Was arbeitest du denn?“, fragte ich neugierig. In welchem Beruf musste man denn auch am Sonntagmorgen arbeiten? „Ach, bloß, langweiliges Zeug, Wirtschaft und so. Ich muss aber wirklich gleich los, ich hab es echt eilig.“

 
   

So eilig, dass nicht einmal Zeit für ein gemeinsames Frühstück blieb. Israel zeigte mir das Badezimmer, damit ich mich anziehen und meine Frisur wieder richten konnte. Als ich wieder hinauskam, hatte er bereits ein T-Shirt und Shorts angezogen. Na, dass musste aber ein sehr lockerer Wirtschaftsbetrieb sein, wenn er da so auflaufen konnte. Er begleitete mich zu Veranda. „Wann kommst du denn von der Arbeit zurück?“, fragte ich, bevor ich in den Regen hinausging. „Ich könnte heute Nachmittag zu dir kommen. Oder du kommst zu mir?“ „Ja, heute ist echt schlecht, Babe. Mein Chef will, dass ich voll die Überstunden schiebe. Aber ich hab ja deine Nummer. Ich melde mich dann bei dir.“

 
   
 

Dann drückte er mir einen Regenschirm in die Hand, einen Kuss auf die Stirn und schob mich sanft in Richtung der Treppe. „Die U-Bahn Station ist gleich die Straße runter“, erklärte er mir noch. Er winkte mir kurz zu und ging dann wieder ins Haus. Und ich machte mich im strömenden Regen auf zurück in die Cilia Gade.

 
   

 

 

 
     
 

Da ich bei Israel nicht frühstücken konnte, holte ich dies nach, sobald ich zuhause angekommen war. Magda gesellte sich zu mir an den Tisch und wollte gleich wissen, wie mein Abend, und insbesondere meine Nacht, mit Israel verlaufen waren. „War es schön für dich?“, fragte sie besorgt, nachdem ich ihr bestätigte, dass ich tatsächlich meine Unschuld an ihn verloren hatte. „Hat er dich gut behandelt?“ Ich konnte beides zweifelsfrei bejahen. Ja, zu Beginn war es etwas unangenehm gewesen, aber Israel hatte mich das schnell vergessen lassen. Und er hatte sehr viel Rücksicht auf meine Unerfahrenheit genommen. Ich konnte gar nicht mehr verstehen, warum ich mich so davor gefürchtet hatte, mit einem Mann zu schlafen.

 
   
   

Und ich konnte gar nicht mehr aufhören, an ihn zu denken. Konnte es sein? Hatte ich mich tatsächlich in Israel verliebt? Ich hatte immer davon geträumt, meine Unschuld an den Mann zu verlieren, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen würde. Und vielleicht war Israel genau dieser Mann. Er war so lieb und rücksichtsvoll gewesen. Hätte ein Mann sich so verhalten, wenn ich ihm nicht auch etwas bedeuten würde? „Er hat versprochen, mich gleich nach der Arbeit anzurufen“, berichtete ich Magda daher aufgeregt und klatschte zufrieden in meine Hände. „Eben musste er sich ganz schnell von mir verabschieden, aber das holen wir bei unserem zweiten Treffen alles wieder nach.“

   
   
 

„Ihr wollt euch also noch mal treffen? Hat Israel das gesagt?“, fragte Magda. Ihr zweifelnder Tonfall entging mir in meiner Freude allerdings vollständig. „Wir haben noch nichts Festes ausgemacht“, antworte ich daher gut gelaunt. „Aber Israel hat gesagt, er würde mich anrufen. Und warum sollte er das tun, wenn er sich nicht erneut mit mir treffen wollte?“ Magda gab einen seltsamen Grunzlaut von sich, der mich kurz innehalten ließ. Fragend blickte ich sie an. Doch dann lächelte meine Cousine. „Wenn er gesagt hat, er ruft dich an, dann wird er es bestimmt tun, Claudes. Ich freue mich für dich.“

     
 

Damit die Zeit schneller vorbeiging, bis Israel mich endlich anrief, stellte ich mich an die Staffelei und begann ein neues Gemälde. Es sollte etwas Fröhliches werden. Ich wollte das Glück, das ich in meinem Herzen empfand, auf die Leinwand bringen. Leider hörte der Regen an diesem Tag nicht auf, was dazu führte, dass die Lichtverhältnisse nicht optimal waren. Ich musste das Malen also nach kurzer Zeit wieder abbrechen. Stattdessen versuchte ich die Zeit mit Fernsehen und Lesen zu überbrücken. Die Zeit schien so langsam zu vergehen, wie nie zuvor. Doch als die Sonne unterging, schwieg mein Handy immer noch. Schließlich schlief ich mit dem Mobiltelefon in der Hand ein. Und auch als ich am nächsten Morgen aufwachte, war immer noch keine Nachricht von Israel auf dem Display zu sehen.

   
   
 

Vielleicht wurde er in der Arbeit einfach nur aufgehalten? Ja, so wird es gewesen sein. Er hatte ja etwas von Überstunden erzählt. Und dann war es bereits zu spät für einen Anruf. Er dachte sicherlich, ich schliefe schon und wollte deshalb nicht stören. Aber heute würde er anrufen. Da es immer noch wie aus Eimern schüttete, konnte ich mein Gemälde erneut nicht fortsetzen. Und da sonst keiner zuhause war, schlich ich in Magdas Zimmer und nahm mir ihre Gitarre. Jamie hatte mir ein paar Akkorde gezeigt. Noch hörte sich mein Spiel sehr unbeholfen an, aber mit etwas Übung würde das sicher werden.

 
     
 

Ich spielte eine ganze Weile. Doch so richtig konnte ich mich nicht konzentrieren, denn immer wieder schweifte mein Blick zu meinem Handy, das auf dem Couchtisch lag. Doch so sehr ich es mir wünschte, das Telefon klingelte einfach nicht. Wieder saß ich den ganzen Abend hoffend mit dem Handy in der Hand und wieder wurde ich enttäuscht. Als ich am dritten Tag immer noch nichts von Israel hörte, dämmerte es mir, dass er vielleicht nicht anrufen würde. Traurig saß ich im Wohnzimmersessel und ging noch mal unseren Abend und unsere gemeinsame Nacht durch. Hatte ich doch etwas falsch gemacht? Hatte ich ihn, wie schon John zuvor, mit irgendetwas verschreckt?

 

 

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kor. 22.08.2014