Aufgabe1
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Ok, Magda hatte mich überzeugt. Wir gingen also wieder zurück in Noahs Büro und überbrachten ihm die frohe Botschaft. „Wir sind mit den Umbauarbeiten einverstanden. Und wir nehmen dein Finanzierungsangebot gerne an.“

 
 

 

 

Teil 2

 
 
 

Die Umbauarbeiten begannen umgehend. Für Magda und mich bedeutete dies allerdings, dass wir uns für eine Weile nach einer anderen Bleibe umsehen mussten. Um uns diese Zeit etwas zu erleichtern, spendierte Noah uns eine Reise nach China. Er behauptet zwar, dass es ein Geschenk sei, doch ich war mir sicher, dass er diese Reise eiskalt in die Preiskalkulation für unseren Umbau mit einbezogen hatte. Doch wie heißt es so schön, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Also ließen Magda und ich die Eindrücke, die uns dieses große unbekannte Land bot, auf uns wirken und genossen unseren Urlaub.

   
 
 
   

Schnell stellte ich fest, dass Magda und ich unter Urlaub ganz unterschiedliche Dinge verstanden. Ich wollte am liebsten die ganze Gegend erkunden. Jeder Waldweg, jeder alte Tempel, jede Höhle interessierte mich. Stundenlang streifte ich durch die Hügellandschaften unseres Urlaubsortes und sog das Panorama in mich auf. Ich bereute es, dass ich meine Staffelei nicht dabei hatte, denn hier hätte ich die herrlichsten Bilder malen können. Aber so fand ich immerhin Zeit, einige seltene Erzklumpen und Kristalle zu finden, die hier in der Gegend sehr häufig anzufinden waren und die in meinem Reiseführer hoch angepriesen wurden.

 
 
 
 

Magda hingegen verbrachte den Tag am liebsten im Spa-Bereich unseres Hotels oder in den Läden in der Altstadt unseres Urlaubsortes. Es war unglaublich, aber selbst hier im fernen China zog sie die Blicke der Männer zu Hauf auf sich. Und sie genoss dies in vollen Zügen. So half ihr der Urlaub auch, den letzten Kummer über ihre Trennung von Ron zu vergessen.

 
 
 
 

Wieder aus dem Urlaub zurück, kamen Magda und ich erst einmal bei meinen Eltern unter, da der Umbau noch immer im vollen Gange war. Meine Mutter und mein Vater freuten sich riesig, dass ich wieder bei ihnen wohnte und verwöhnten Magda und mich, wo es nur ging. Und ich muss sagen, dass ich das sogar aus vollen Zügen genoss. Nur war das Leben im Haus meiner Eltern auch recht unbequem. Magda und ich mussten mit einem Schlafsack auf dem Wohnzimmerboden Vorlieb nehmen. Und selbst die vielen Kissen, die meine Eltern uns brachten, machten es nicht sehr viel bequemer.

 
 
 
 

Daher war ich sehr froh, als Magda und ich, nach gut vier Wochen Umbauzeit, endlich in unser Haus zurückkehren konnten. Die neu angebauten Zimmer waren bereits von außen gut zu erkennen. Und der neue Putz und vor allem das schöne blaue Dach ließen nicht mehr erahnen, welch baufällige Hütte hier noch vor wenigen Wochen gestanden hatte.

   
 
 
   

Doch noch schöner war das gemütliche Innere des Hauses. Noah hatte ganze Arbeit geleistet, denn das Wohnzimmer erinnerte nicht mehr im Entferntesten an die große, leere Lagerhalle, die es mal gewesen war. Dabei waren nicht einmal viel Möbel hinzugekommen. Eigentlich nur die grüne Couch mit passendem Sessel und die flauschigen Teppiche. Ursprünglich hatte Magda darauf bestanden, die hässliche Blümchentapete runter zu reißen. Aber irgendwie war sie mir doch ans Herz gewachsen. Allerdings war sie inzwischen so vergilbt, dass wir sie beim besten Willen nicht beibehalten konnten. Daher bat ich Noah, wenigstens etwas Ähnliches zu finden. Und er ließ extra für uns eine Tapete mit exakt demselben Muster, dafür aber in sehr viel schöneren Farben, drucken. Bei solchen Sonderanfertigungen durfte ich mich über die Kosten des Umbaus eigentlich nicht wundern.

 
 
 
 

Unser gemeinsames altes Schlafzimmer wurde nun zu meinem alleinigen Reich. Dafür durfte Magda eines der beiden neu angebauten Zimmer beziehen. Sie entschied sich für den Raum, der von der Küche aus zu erreichen war und richtete ihn nach ihren eigenen Vorstellungen ein. Nach den schlaflosen Nächten auf dem Dielenboden meiner Eltern wäre mir sicherlich jede noch so schäbige Matratze wie ein Himmelbett erschienen, aber Magdas Zimmer machte wirklich einen sehr gemütlichen Eindruck. Bei diesem Anblick wurde ich doch neidisch, dass ich nicht auch auf eine Umgestaltung meines Zimmers gepocht hatte.

 
 
 
 

Doch das Geld war ja ohnehin schon knapp. Und daher mussten auch die alten Küchenmöbel in der neuen Küche wieder ihren Platz finden. Lediglich den alten Kühlschrank, der sicherlich Unmengen an Strom verschwendet hatte, ließen wir gegen ein neues Gerät mit AAA+ Siegel austauschen. Ansonsten wurden die Wände des Raumes mit einem lindgrünen Fliesenspiegel versehen, der in eine dazu passende Tapete überging. Der Raum war insgesamt noch etwas karg eingerichtet, aber Magda und ich konnten darin schon super an unseren Kochkünsten feilen.

   
 
 
 

Blieb nur noch der bislang ungenutzte Raum, der eigentlich zunächst als mein Atelier geplant war. Aber um den Umbau überhaupt finanzieren zu können, mussten wir das Zimmer nun doch vermieten. Ich hatte im Supermarkt einen Aushang an das Schwarze Brett gepinnt, doch drei Tage lang meldete sich niemand, der gerne bei uns eingezogen wäre. Doch das sollte sich an diesem Nachmittag ändern. Als Magda die Tür öffnete, stand ein junger blonder Mann vor der Haustür. „Hi, mein Name ist Jamie“, stellte er sich vor. „Ist es richtig, dass ihr einen Mitbewohner sucht?“

 
   
 
 

Magdas kritischer Blick prüfte Jamie von oben bis unten. Schlecht sah er ja nicht aus. Gut, er war vielleicht etwas jung, gerade mal 20, schätzte sie, aber das war noch lange kein Grund, einen gutaussehenden Mann abzuweisen. „Ja, wir suchen einen neuen Mitbewohner, das ist richtig“, flötete sie als Antwort auf seine Frage. „Ich bin übrigens Magda“, stellte sie sich vor. „Mein Cousine Claude ist im Wohnzimmer, ich stelle sie dir am besten gleich mal vor. Aber du darfst dich nicht erschrecken, das Wort Spiegel scheint für sie ein Fremdwort zu sein und von einem Frisör hat sie offenbar auch noch nie etwas gehört.“

 
 

Magda führte Jamie ins Wohnzimmer. Ich saß gerade auf der Couch und blätterte durch den Katalog einer bekannten Kunstgallerie in SimCity. „Claude, Jamie möchte sich bei uns als potenzieller Mitbewohner vorstellen“, sagte sie. Die nächsten Worte sprach sie im lauten Flüsterton hinter vorgehaltener Hand: „Versuch mal nicht so schrullig wie sonst zu sein, sonst verschreckst du ihn noch.“ Jamie hatte natürlich jedes Wort gehört und ich wollte am liebsten vor Scham in den Polsterkissen des Sofas verschwinden.

   
 
 
   

Beschämt schaute ich zu Jamie rüber, dem die Situation offenbar genau so unangenehm war wie mir. Na toll, Magda würde es noch schaffen, den einzigen Bewerber mit ihrem Geplapper zu vergraulen. Doch dann weiteten sich meine Augen überrascht, als ich erkannte, um wen es sich bei Jamie eigentlich handelte: Das war doch Rons Sohn! Es war zwar schon über zwei Monate her, dass ich ihn getroffen hatte und damals war es auch schon dunkel auf der Straße, doch ich erkannte ihn eindeutig wieder.

 
 
 
 

Ich wollte es Magda sofort sagen, doch ich brachte kein vernünftiges Wort heraus und stammelte nur unverständliches Zeug vor mich hin. Magda verdrehte die Augen. „Claude, manchmal bist du so peinlich.“ Dann wand sie sich an Jamie. „Ich zeige dir am besten erst einmal dein Zimmer“, sie hakte sich bei ihm unter und führte ihn in das Zimmer, welches für unseren dritten Mitbewohner bestimmt war. Auch ich folgte den beiden, immer noch unfähig zu sprechen. Magda präsentierte Jamie inzwischen die Innenausstattung des Raumes. „Wir haben nur ein Bett reingestellt, damit jeder seine eigenen Sachen mitbringen kann“, erklärte Magda und deutet auf die Schlafstätte. Jamie sah sich um und wirkte durchaus zufrieden mit dem, was er hier vorfand.

 
   
   
 

Magda plapperte unaufhörlich, sodass mir keine Möglichkeit blieb, sie darüber aufzuklären, dass sie gerade mit dem Sohn ihres Ex-Freundes sprach. Schließlich entschied ich, dass es ohnehin besser wäre, Magda erst später darüber in Kenntnis zu setzen, da sie sicherlich eine Szene vor Jamie gemacht hätte und das wäre mir doch zu unangenehm. Magda zeigte Jamie noch den Rest vom Haus und dann setzten wir uns hin, um uns zu unterhalten und uns gegenseitig besser kennen zu lernen. „Ihr beiden habt ein echt schönes Haus“, schwärmte Jamie. „Es wäre schon cool, wenn ich hier einziehen könnte. Bei mir Zuhause herrscht zurzeit nämlich mächtig dicke Luft.“

 
 
   

„Mein alter Herr hat mich bislang allein aufgezogen. Meine Mutter hatte uns schon verlassen, als ich noch in den Windeln steckte. Ich kann mich nicht einmal mehr an sie erinnern. Aber das war auch gar nicht so wichtig, denn mein Alter hat einen verdammt guten Job gemacht und wir kamen auch prima miteinander aus. Doch vor ein paar Wochen hat er plötzlich diese Frau mit nach Hause geschleppt. Erst dachte ich ja noch, die wäre schon ganz in Ordnung. Und mein Vater wirkte zufrieden an ihrer Seite, das war doch die Hauptsache. Doch dann ist sie bei uns eingezogen und seitdem spielt sie sich wie die Hausherrin auf. Und mein Vater lässt sich voll von ihr um den Finger wickeln. Und darauf habe ich keinen Bock mehr. Ich hab meinen Schulabschluss in der Tasche und mit dem Schreiben von Kurzgeschichten verdiene ich mein eigenes Geld. Ich bin auf meinen Vater und seien neue Frau nicht angewiesen.“

 
 
   

Jamies Geschichte ging mir richtig ans Herz. Irgendwie erinnerte sich mich an die Zeit, als mein Eltern sich trennten und mein Vater ein zweites Mal heiratete. Seine neue Frau Ingrid war zwar immer nett zu mir, aber ich konnte mich nie ganz des Gedankens erwehren, dass sie mich gegen meine Mama aufhetzten wollte. Ich verstand daher nur zu gut, in was für einer Situation Jamie steckte. Und daher konnte ich Magda nicht sagen, dass Jamie Rons Sohn war. Ansonsten hätte sie nicht zugestimmt, dass er bei uns einzog. Und ich fand ihn wirklich sympathisch und wollte ihm unbedingt aus seiner Zwangslage helfen.

   
 
 
   

Nachdem Jamie gegangen war, machten Magda und ich es uns auf meinem Bett gemütlich und besprachen, wie wir nun wegen unseres neuen Mitbewohners vorgehen sollten. „Seine Geschichte war so traurig“, gestand ich ihr. „Ich weiß, wir haben noch keinen anderen Kandidaten gesehen, aber Jamie scheint sehr nett zu sein und ich glaube, er passt gut zu uns beiden. Gut, es wäre schöner, wenn er einen festen Job hätte und sich nicht nur mit dem Schreiben von Fan-Fiction über Wasser halten würde, aber ich würde ihn trotzdem gerne hier einziehen lassen.“

 
 
 

Ich hatte erwartet, dass Magda widersprechen würde, doch sie stimmte sofort zu. „Ja, Jamie sollte wirklich hier einziehen. Hast du bemerkt, wie er mich immer wieder angesehen hat?“ Nun, mir waren eigentlich keine besonderen Blicke aufgefallen, aber wenn Magda meinte. „Ich sag dir, er steht auf mich. Und ich finde ihn auch nicht unsüß. Die Vorstellung ihn jeden Tag in meiner Nähe zu haben, ist schon schön. Ich spüre einfach, dass wir gut zusammen passen würden.“ Hoppla, na ob es so eine gute Idee war, eine Beziehung mit dem Mitbewohner anzufangen? Ganz zu schweigen davon, dass dieser auch noch der Sohn des Ex-Freundes war. Aber noch waren Magda und Jamie kein Paar und irgendwie bezweifelte ich, dass es jemals dazu kommen würde. Aber nun war es beschlossene Sache, Jamie würde bei uns einziehen.

 

 

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kor. 04.05.2014