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              Was bisher geschah:(Zusammenfassung der voherigen Kapitel)
 Nachdem ich durch die Abschlussprüfung meines  Mathematikstudiums gefallen war, kehrte ich ohne Abschluss nach Rodaklippa  zurück, der Stadt, in der meine Eltern nach dem Krieg ein neues Zuhause  gefunden hatten und wo ich mein Teenagerjahre verlebte. Ich war so beschämt  über mein Versagen, dass ich zunächst nicht wagte, mich bei meinen Eltern zu  melden. Doch natürlich konnte ich mich nicht ewig vor ihnen verbergen. Mein  Vater reagierte sehr verständnisvoll auf diese Nachricht. Meine Mutter konnte  ihre Enttäuschung nicht ganz verbergen, aber auch sie machte mir keine Vorwürfe.  Mathematik war einfach nichts für mich, aber dafür hatte ich schon immer gerne  gemalt. Und so ließ ich mich als Malerin registrieren. Und was soll ich sagen,  meine Bilder fanden bei den Menschen Anklang, sodass ich bald schon meine erste  eigene Ausstellung feiern konnte. Es wäre ein Tag der Freude geworden, wären da  nicht meine schrecklichen Nachbarn, die Lutzenbachers, gewesen. Sie ruinierten  meine Gartenparty und beschimpften mich und meine Familie. Aber auf dieser  Party erschien auch er, mein strahlender Ritter Gernot, der sich für mich gegen  seine Familie auflehnte. Noch niemals zuvor hatte ein Mann sich für mich  interessiert und ich verliebte mich Hals über Kopf in ihn. Meine Cousine Magda  hatte in Liebesangelegenheiten nicht so viel Glück. Sie war bei mir  untergekommen, nachdem auch sie ihr Studium abgebrochen hatte. Ihre Mutter ließ  sie bei mir wohnen, damit Magda endlich etwas Selbständigkeit lernte. Schnell  lernte sie den deutlich älteren Ron kennen und lieben. Doch Ron verbarg etwas  vor ihr und ich sollte bald herausfinden, worin dieses Geheimnis bestand, als  ich ihn eines Abends zufällig mit einem jungen Mann auf der Straße antraf.  |  |  |   
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              Dad? Apfel? Stamm? Das…das war doch nicht…Nein!!! Ich sank  in die Knie, raufte mir die Haare und meine Lippen formten sich zu einem  lautlosen Entsetzensschrei. Ron hatte einen Sohn! Der Freund meiner Cousine  hatte tatsächlich einen Sohn, der nicht viel jünger war als sie selbst. Diese  Neuigkeit würde sie aus den Socken hauen. |   
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              Ich blieb noch so lange hinter dem Aufsteller verborgen, bis  Ron an mir vorbei gegangen war und schließlich in eine der kleinen Kneipen in  der Innenstadt einkehrte. Doch dann hielt mich nichts mehr und ich lief los. Ich  war in meinem Leben noch nie so schnell gelaufen. Nicht etwa auf dem  Bürgersteig, sonder einfach mitten über die Wiesen, vorbei am Rathaus und der  Sporthalle. Ich wollte so schnell wie möglich zu Magda um ihr mitzuteilen, was  ich gerade erfahren hatte. Bereits von der Straße aus konnte ich sie in der  Küche stehen sehen. |  |   
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              Ich riss also einfach die Tür auf und platze ohne weitere  Vorwarnung mit der Neuigkeit heraus. „Ron hat einen Sohn! Einen erwachsenen  Sohn“, schrie ich aufgebracht und rang mit meinem Atem. Magda sah mich  erschrocken aus ihren großen blauen Augen an. Dabei war es nicht die Nachricht,  die sie so in Schrecken versetzte, sondern mein plötzliches und stürmisches Auftauchen  in der Küche. Zunächst…denn drangen auch meine Worte zu ihr durch. |  |   
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              „Was…was soll das heißen, Ron hat einen Sohn?“, fragte sie  stotternd. „Genau das, was ich sage“, entgegnete ich keuchend und wäre am  liebsten auf dem Boden zusammengebrochen. Magda erkannte sofort, dass ich keine  Scherze machte. Dafür war ich einfach viel zu fertig. „Ich hab ihn…eben….mit  seinem Sohn…in der Stadt getroffen“, erklärte ich weiter und bemühte mich,  genügen Luft zu bekommen. „Ich…wollte es dir…sofort sagen. Er ist jetzt…im  Flanagan’s.“ |  |   
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              Mehr brauchte ich nicht zu erklären. Der Schock wich schnell  aus Magdas Gesicht, doch dafür traten Wut und Ärger an seine Stelle. Ohne ein  weiteres Wort schritt Magda ins Wohnzimmer, schnappte sich ihre Handtasche und  verließ wutschnaubend das Haus. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, die  Haustür hinter sich zu schließen. Derweil versuchte ich, wieder zu Atem zu  kommen und nicht ohnmächtig auf den Fliesen zusammenzubrechen.   |  |  |   
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              Als Magda im Flanagan’s ankam, war Ron immer noch dort. Es  war so gut wie leer in der Kneipe und Ron saß an der Bar und trank seinen  Drink. Als Magda ihren Freund so da sitzen sah, wusste sie plötzlich nicht  mehr, wie sie jetzt weiter vorgehen sollte. Unsicher stand sie in der Tür, bis  die Bardame Ron auf seine Freundin aufmerksam machte und er sich zu ihr  umdrehte. Bei seinem Anblick fiel es ihr noch viel schwerer, wütend auf ihn zu  sein und beinah hätte sie ihm verziehen, dass er sie monatelang nicht darüber  aufgeklärt hatte, dass er Vater war. |  |   
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              Doch eben nur beinah. Was hatte er ihr denn noch alles  verschwiegen. Vielleicht die Ehefrau? Oder weitere, jüngere Kinder? Und mit  einem Schlag war die Wut wieder zurück. „Wann hattest du mir vor, von deinem  erwachsenen Sohn zu berichten!“, brüllte sie ihren Freund an, der gar nicht  wusste, wie ihm geschah. „Woher…?“, begann er zu stammeln, doch Magda ließ ihn  gar nicht erst aussprechen. „Dann ist es also wahr?! Du streitest es gar nicht  ab?“ Ein kleiner Funken Hoffnung war bei Magda verblieben, dass ich mich geirrt  hatte, dass ich die Situation einfach falsch gedeutet hatte, und Ron gar keinen  Sohn hatte. |  |   
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              Doch mit seiner Reaktion hatte er alles zugegeben und so gab  es für Magda kein Halten mehr. Sie beschimpfte ihn als Lügner, warf ihm vor,  dass er sie monatelang betrogen hatte. Ron versuchte noch, meine Cousine zu  beschwichtigen, doch sie ließ ihm dazu keine Chance. Seine Erklärungsversuche  interessierten sie nicht im Mindesten. |  |  |   
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              Und daher gab es für sie auch nur einen einzigen Ausweg. „Es  ist aus, Ron! Hörst du?“, brüllte sie ihn an. „Ich will mit dir und deinen  dreckigen Lügen nichts mehr zu tun haben!“ Und Ron gab sich geschlagen. „Gut,  wenn du meinst“, erwiderte er und zog dabei genervt eine Augenbraue in die  Höhe. Auf solch ein kindisches Niveau wollte er sich nicht herablassen. Magda  funkelte ihn wütend an. Noch einmal wollte Ron zu einer Erklärung ansetzen,  doch dann schüttelte er einfach nur den Kopf, legte einen 10 § Schein auf den  Tresen und machte sich auf hinaus in die Nacht.   |  |   
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              Ich lag bereits im Bett, als Magda nach Hause kam. Ich wurde  augenblicklich wach, als sie leise die Tür zum Schlafzimmer öffnete und ins  Zimmer trat. Ich schaltete das Licht an und sah meine Cousine, wie ein Häufchen  Elend angelehnt an der Wand neben der Tür stehen. Die verwischte Wimperntusche  in ihrem Gesicht verriet eindeutig, dass sie geweint hatte. |  |  
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              Also überlegte ich nicht lange, wühlte mich unter der  Bettdecke hervor und trat zu Magda. Und dann nahm ich sie einfach nur in den  Arm. Ich spürte, wie sie am ganzen Körper zitterte. „Was ist passiert?“,  flüsterte ich. Magda begann bei dieser einfach Frage heftig zu schluchzen und  ich spürte, wie ihre Tränen meinen Pyjama durchtränkten. Dann begann sie wir  zögerlich von ihrer Trennung von Ron zu berichten. |  |  |   
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              Sie hatte schon lange geahnt, dass Ron ein Geheimnis hatte.  Jetzt verstand sie auch, warum sie nie bei ihm übernachten konnte und warum er  sie so oft versetzt hatte. Aber sie verstand nicht, warum er sie überhaupt  angelogen hatte. Ich vermutete, dass es daran lag, dass er immer wusste, dass  die Beziehung mit Magda nicht von Dauer sein würde. Der Altersunterschied war  einfach zu groß. Und daher wollte er nicht, dass sein Sohn eine Beziehung zu  einer unbedeutenden Frau aufbaute. Aber diese Gedanken behielt ich für mich,  denn ich ahnte, dass Magda diese Erklärung nicht im Mindesten gefallen hätte.  Irgendwann in dieser Nacht weinte Magda sich schließlich in den Schlaf.  |  |   
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              Die nächsten Tage und Wochen waren wirklich hart für Magda.  Immer wieder traf sie in der Stadt auf Ron. Sie spürte, dass sie ihn immer noch  liebte, doch seinen Betrug konnte sie ihm nicht verzeihen. Und er hatte  offenbar auch kein Interesse daran, denn nur kurz nach ihrer Trennung traf  Magda ihn mit einer neuen Frau im Arm an. Um ihren Schmerz zu vergessen,  stürzte Magda sich deshalb in ein neues Projekt. Sie entschied, dass es Zeit  wäre, unser Haus mal ordentlich in Schuss zu bringen. Ich stimmte zu, denn auch  ich fand, dass ein paar neue Möbel und etwas Farbe hier und dort sicher nicht  schaden könnten. Doch Magda hatte an etwas Größeres Gedacht. Und so saßen wir,  gut sechs Wochen nach ihrer Trennung von Ron, bei unserem Architekten, der uns  über die Baupläne in Kenntnis setzen sollte. „Magda, Klaudia, die Planungen  sind abgeschlossen und wenn ihr wollt, können meine Jungs direkt loslegen“,  erklärte Noah, der nicht nur unser Architekt, sondern auch gleichzeitig der  Bauleiter war. |  |  |   
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              „Es kann losgehen!“, rief Magda verzückt. Ich war noch nicht  ganz so in Feierlaune, immerhin mussten noch viele Fragen geklärt werden. Die  wichtigste Frage war natürlich die, was der ganze Spaß den kosten sollte. Denn  mit ein paar neuen Möbeln und etwas Farbe hatte Magda sich nicht zufrieden  gegeben. „Was wird der Umbau denn nun eigentlich kosten, Noah“, fragte ich  daher direkt. |   
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              „Nun, der Umbau ist wird doch etwas teurer ausfallen, als  wir es zunächst besprochen hatten“, druckste Noah herum. „Bei den derzeitigen  Preisen für Baustoffe und die Löhne belaufen sich die Kosten auf knapp 58.000  §.“ 58.000 §!!! „So viel Geld haben wir im Leben nicht“, entfuhr es mir und ich  riss meine Arme in die Höhe. Auch Magda riss erschrocken beim Klang dieser  Summe ihre Augen auf und sackte in sich zusammen. „So viel, Geld können wir  nicht auftreiben, Magda. Komm lass uns gehen“, murmelte ich betrübt und erhob  mich bereits aus dem Krokodilledersessel. |  |  |  
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              „Nicht so schnell, meine Damen“, hielt Noah uns zurück. „Mir  war klar, dass dieser Betrag nicht leicht zu Stemmen sein wird, daher kann ich  euch anbieten, das Geld in Raten abzubezahlen. Ich habe bereits einen  Finanzierungsplan vorbereitet, den ihr euch in Ruhe ansehen solltet. Und  bedenkt, dass ihr das Haus bald ohnehin renovieren müsst. Selbst ohne die  zusätzlichen Zimmer, die wir geplant haben müssen sämtliche Rohre und die  Elektrik ausgetauscht werden und das Dach ist so marode, dass ich euch  eigentlich nicht mehr ruhigen Gewissens in das Haus lassen dürfte. Die Kosten  für den Ausbau und die Innengestaltung der Räume sind im Vergleich dazu  wirklich gering.“ |  |   
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              Mit diesen Worten hatte Noah nicht Unrecht, das wusste ich.  „Ich muss mich mal kurz mit meiner Cousine besprechen“, sagte ich und forderte  Magda auch, mich in den Vorraum des Büros zu begleiten. „Ich weiß wirklich  nicht, ob wir uns das leisten können, Magda. Zusammen haben wir 8.000 § auf dem  Konto, das heißt, wir müssten noch 50.000§ auftreiben. Das ist eine Menge  Geld.“ „Aber dafür würden wir in einem schönen Haus wohnen, Claude. Und wir  haben beide Jobs, du verdienst mit deinem Gekrakel einen Haufen Kohle, auch  wenn ich mich immer Frage, wer deine Bilder kauft. Und ich habe es im Gefühl,  dass ich bald den Durchbruch schaffe. Und wir haben doch noch das dritte Zimmer  geplant, das wo dein Atelier rein soll. Wenn wir uns stattdessen einen dritten  Mitbewohner suchen, dann können wir noch zusätzlich etwas Geld verdienen.“ |  |    |