Aufgabe1
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Als Jamie aus dem Bad kam, erwartete Magda ihn bereits im Wohnzimmer. „Hast du dich mit Klaudia gestritten?“, fragte er. „Ich habe da so etwas durch die Tür gehört. Was war denn…“ Doch Magda schnitt ihm das Wort ab. „Bis du der Sohn von Ron Peterson?“, fragte sie stattdessen ohne weitere Erklärung. „Ja, das bin ich“, antwortete Jamie sichtlich verwirrt. „Was hat mein Vater denn mit der ganzen Sache zu tun?“ Doch eine Antwort erhielt Jamie nicht. Magda schrie stattdessen nur einmal voller Wut auf, drehte sich um und verließ strammen Schrittes das Haus, wobei sie die Haustür laut hinter sich zuknallen ließ.

 
 
 

Als ich hörte, dass Magda gegangen war, traute auch ich mich wieder aus meinem Zimmer heraus. Jamie erwartete mich bereits. „Klaudia, du erklärst mir sofort, was hier passiert ist!“, forderte er mich auf. „Am besten klären wir das beim Frühstück.“ Jamie hatte bereits ein paar Butterbrote geschmiert, die auf dem Esstisch auf uns warteten. Nachdem wir beide einen Bissen genommen hatten, verlangte Jamie seine Erklärung. „Heute Morgen wache ich noch gut gelaunt neben einer wunderschönen Frau auf und alles ist gut und im nächsten Moment schreit eben diese Frau ihre Cousine und beste Freundin an, die sich daraufhin in ihrem Zimmer einschließt und mir wirft sie vor, der Sohn meines Vaters zu sein. Was wird hier also gespielt?“

 
     
 

Also erzählte ich Jamie die ganze Geschichte. „Magda war bis vor wenigen Monaten mit deinem Vater zusammen. Doch er hat ihr nie davon erzählt, dass er einen Sohn hat. Als sie das erfuhr, hat sie sich von ihm getrennt.“ Jamie wirkte sichtlich überrascht. „Also mein Vater und Magda? Man, das ist ja ein Ding. Ich wusste, dass mein alter Herr längere Zeit eine Frau gedatet hat, bevor er mit Juanita zusammen kam. Ich hab mich schon gewundert, warum Dad sie mir nie vorstellte. Nun, bei dem Altersunterschied kann ich schon verstehen, dass er mir meine neue Stiefmutter erst einmal vorenthalten hat.“

 
     
 

„Aber halt, eines verstehe ich noch nicht, warum ist Magda dann eben so ausgerastet?“, fragte er mich. „Ich wusste von Anfang an, dass du Rons Sohn bist und habe ihr nichts gesagt. Und jetzt glaubt sie auch noch, dass Ron dich auf sie angesetzt hat. Sie glaubt, du hast nur mit ihren Gefühlen gespielt.“ „Das ist mir jetzt aber echt zu kindisch, dass muss ja selbst ich mit meinen 20 Jahren sagen“, erwiderte Jamie. „Mein Dad hat sich eine neue Frau gesucht und damit ist die Sache für ihn erledigt. Und ich? Nun, ich hatte gestern Spaß mit Magda und vielleicht wäre ja auch mehr daraus geworden. Aber so wie sie sich aufgeführt hat, habe ich erst einmal genug von ihr.“

 
 

 

 

Teil 4

 
   
 

Nach diesem Streit mit Magda war ich so froh, dass ich nun einen Menschen an meiner Seite hatte, dem ich mich anvertrauen konnte. Es kam mir so vor, als müsste ich ewig darauf warten, bis Gernot endlich Feierabend hatte und wir uns sehen konnten. Wir trafen uns am großen Springbrunnen im Stadtpark. Schon als Gernot mich begrüßte, merkte er, dass etwas nicht in Ordnung war. „Was ist denn los, mein Schatz“, fragte er besorgt, als er mein betrübtes Gesicht sah und nahm liebevoll meine Hände. Es tat so gut, ihm alles erzählen zu können.

 
   
 

Gernot versicherte mir, dass Magda mir völlig zu Unrecht vorgeworfen hatte, sie hintergangen zu haben. Er war auch überzeugt, dass meine Cousine sich bald wieder beruhigen würde. Ich sollte mir also nicht so viele Gedanken über den Streit machen. Vermutlich hatte Gernot damit sogar Recht. Er tat mir einfach so gut. „Ich liebe dich“, flüsterte ich daher, als er mich im Arm hielt. Es war das erste Mal, dass ich diese Worte aussprach. Gernot lächelte. „Ich liebe dich auch, mein Schatz“, antwortete er. „Ich dachte das wüsstest du schon längst.“ 

   
   
   

Diese Nacht war einfach perfekt um endlich einen Schritt weiter zu gehen. Gernot liebte mich und ich konnte mir keinen Mann vorstellen, mit dem ich lieber mein Erstes Mal verlebt hätte. Aber leider kam es nicht dazu. Ich war bereit dafür und auch Gernot war es, aber es scheiterte daran, dass wir keinen passenden Ort fanden. Im Haus von Gernots Eltern konnte ich nicht mit ihm schlafen und auch in meinem eigenen Haus hätte ich mich nicht wohl gefühlt, da ich wusste, dass Magda im Zimmer nebenan saß und böse auch mich war. Also mussten Gernot und ich unsere erste gemeinsame Nacht verschieben, so schwer uns beiden das auch fiel.

 
   
 

Was ich nicht wusste war, dass Magda gar nicht in ihrem Bett lag. Denn heute war der Tag ihres ersten richtigen Auftritts als Sängerin. Mit ihrer Band trat sie an diesem Abend in Samys Jazz Bar auf. Magdas Freundin Tammie spielet am Klavier und Lily Lum war die Solosängerin. Magdas Rolle war es nun, Lilys Stimm aus dem Hintergrund zu unterstützen. Es würde sicherlich nicht ihr Durchbruch werden, dass wusste Magda, aber immerhin war ihre Stimme endlich einmal öffentlich zu hören. Vom Zusammenbau der Bühnenkulissen hatte sie nämlich inzwischen mehr als genug. Und ganz ehrlich, so gut wie Lily war sie allemal und mit ihren deutlich über 40 hatte ihre Bandkollegin ihr Haltbarkeitsdatum ohnehin längst überschritten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Magda ihre Rolle einnehmen konnte.

 
   
 

Aber so recht wollte sich die Freude bei Magda nicht einstellen. Sie hatte seit Tagen auf diesen Abend hin gefiebert. Sie hatte sich darauf gefreut, vor Jamie und mir mit ihrem Erfolg prahlen zu können, darauf, den Neid in unseren Augen zu sehen. Aber sie hatte sich auch darauf gefreut, ihn mit ihren besten Freunden zu verbringen. Und doch war alles anders gekommen. In ihren Augen hatte ich sie aufs schändlichste Hintergangen. Und Jamie hatte nur mit ihr gespielt.

   
   
 

Der Auftritt brachte der Band viel Jubel ein, auch wenn Magda eingestehen musste, dass der meiste Applaus Lilys Gesang und Tammies Klavierspiel galt. Von ihr hatte kaum jemand Notiz genommen. Steif lächelte sie den applaudierenden Zuschauern zu und verzog sich dann schnell an die Bar um sich einen Drink zu bestellen. Und dann konnte sie die Tränen nicht zurück halten. Sie hatte versucht, nicht daran zu denken, was sie für Jamie eigentlich empfand, doch jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie ihn vermisste. Er bedeutete ihr mehr, als sie sich eingestehen wollte. Aber solche Gedanken hatten keinen Sinn. Alles war zerstört.

 
     
 

Doch schnell hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. Eine Brodlowska würde nicht in der Öffentlichkeit weinen. Soweit ließ sie sich nicht demütigen. „Und an allem ist nur Claude schuld!“, dachte sie grimmig. „Hätte sie mir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt, dann hätte Jamie keine Chance gehabt, mich hereinzulegen. Und sie hat das bestimmt nur gemacht, weil sie neidisch auf mich ist. Neidisch auf meinen Erfolg und meine Schönheit. Claude kann es einfach nicht ertragen, wenn sich nicht alles um sie dreht. Aber ich werde es ihr schon zeigen. Niemand spielt ungestraft ein falsches Spiel mit Magdalena Brodlowska!“ Ihre Augen funkelten wütend und in ihrem Kopf begann sich ein hinterhältiger Plan zu formen, um sich an mir zu rächen.

 

 

 

 
   
 

Aber Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird, dass wusste Magda nur zu gut. Also gab sie vor, dass alles wieder in bester Ordnung sei. Am nächsten Tag kam sie von sich aus auf mich zu, um sich bei mir zu entschuldigen. „Ich hab mich wie eine dumme Gans aufgeführt, Claude. Ich weiß ja, dass du mir nur deshalb nichts von Jamie erzählt hast, weil du ihm so gerne helfen wolltest. Ist dann wieder alles in Ordnung zwischen uns?“ Da brauche Magda gar nicht weiter nachzufragen. Natürlich verzieh ich ihr sofort und war überglücklich, dass nun wieder Frieden in unsere Wohngemeinschaft einzog.

 
     
 

Und auch mit Jamie sprach sie sich aus. „Tut mir leid, Jamie, ich war einfach nur geschockt, als ich hörte, dass du Rons Sohn bis. Du musst schon zugeben, es ist schon seltsam, wenn man bedenkt, dass ich mit dem Vater und dem Sohn im Bett war.“ Beide musste anfangen zu lachen. „Wir beiden bleiben dann einfach Freunde?“, fragte Jamie nach und Magda nickte bestätigend. „Ja, das wäre wohl das einfachste. Keine komischen Gefühle und so, du verstehst?“ Jamie tat dies. Er hatte die Nacht mit Magda durchaus genossen. Aber so richtig war er sich über seien Gefühle für sie ohnehin nicht klar gewesen und ganz ehrlich, auf eine Beziehung hatte er momentan auch nicht zu viel Lust. Vielleicht war es so für alle wirklich am besten.

 
   
   

Ich nahm Magda ihre Entschuldigung vollständig ab. Und auch Jamie dachte nun, dass alles wieder im Lot sei. Aber wir ahnten beide nicht, wie sehr es unter der freundlichen Oberfläche von Magda brodelte. Sie wollte Rache, und diese Rache musste einschlagen wie eine Bombe. Und sie hatte auch schon den perfekten Plan.

   
 

 

 

 
 
   

Die nächsten Tage verhielt sie sich ganz ruhig. Sie war freundlich zu mir und freundlich zu Jamie. So freundlich, dass es mir fast schon verdächtig hätte vorkommen müssen, denn selbst die Kommentare zu meiner Kleiderwahl oder meiner Magdas Meinung nach nicht vorhandenen Frisur blieben aus. Und Magda hatte ihren Plan nicht vergessen. Sie hatte nur auf den perfekten Tag gewartet, um ihn in die Tat umzusetzen. Und der war gekommen, als ich meine neuste Ausstellung vorbereiten sollte. Während Jamie und ich meine Bilder zur Galerie brachten, blieb sie zu Hause und setzte die Hebel in Bewegung.

 
     

Ich war so damit beschäftig, keines meiner Bilder zuhause zu vergessen und sie unbeschadet in das Taxi zu befördern, dass ich gar nicht bemerkte, wie Magda mein  Handy aus meiner Tasche nahm. Kaum waren Jamie und ich auf dem Weg in die Galerie, zückte sie es und begann eine SMS zu schreibe. „Komm bitte schnell vorbei. Ich habe eine Überraschung für dich. xoxo.“ Und diese SMS schickte sie an Gernot.

   
   
   

Gernot las die SMS und hatte keinen Zweifel daran, dass sie von mir abgeschickt worden war. Warum hätte er auch daran zweifeln sollen, immerhin hatte Magda mein Handy benutzt? Stattdessen trieb in die Vorfreude auf die Überraschung an, besonders schnell zu meinem Haus zu kommen. „Klaudia, Schatz, wo bist du?“, rief er aufgeregt. Er hatte geklingelt, doch als niemand die Tür öffnete, betrat er einfach das Haus. Unsere Haustür war nie abgeschlossen. „Im Wohnzimmer“, hörte er eine Frauenstimme, die er zunächst für meine hielt. Doch im Wohnzimmer stand nicht ich, sondern meine Cousine Magda. Sie kam gerade von unter der Dusch. Das Licht brach sich in den Wassertropfen auf ihrer Haut und sie war lediglich in ein weißes Handtuch gewickelt.

 
   

„Ich suche Klaudia…“, begann Gernot zu sprechen, doch die Worte erstarben in seinem Mund, als Magda das Handtuch von ihrem Körper löste und es zu Boden fallen ließ. Gernot stand da mit weit geöffneten Augen und starrte geschockt den völlig nackten Körper meiner Cousine an. „Klaudia ist nicht hier“, hauchte sie verführerisch. „Und ich hoffe, sie lässt sich auch noch etwas Zeit damit, bis sie wieder hier auftaucht.“

 

 

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kor. 09.06.2014