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"Dennoch fiel die Jagd oft genug nicht zu meinen Gunsten
aus. Und der Weg entlang des Flusses war nicht einfach. Mehrmals
stürzte der Fluss in einem meterhohen Wasserfall eine Felsklippe
hinunter und ich musste mir mühevoll einen anderen Weg
suchen, um seinen Lauf weiter folgen zu können. Es war
schon schwer genug, das Dickicht des Dschungels zu durchdringen.
Und noch mühevoller wurde es, wenn sich ein Felsmassiv
in meinen Weg stellte und die einzige Möglichkeit, dieses
zu überwinden darin bestand, darüber hinweg zu klettern."
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"Doch dann erreichte ich endlich die Küste. Das Fortkommen
entlang des Strandes war deutlich einfacher und schließlich
erblickte ich das erste Anzeichen von menschlicher Zivilisation
nach gut drei Wochen der Einsamkeit im Dschungel. Am liebsten
wäre ich auf das kleine Dorf zugerannt, doch dafür
fehlte mir schlicht die Kraft."
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"Ich schaffte es gerade noch, mich zu den baufälligen
Lagerhäusern zu schleppen. Doch dort brach ich dann einfach
zusammen. Meine Kraftreserven hatten bis hierhin gereicht, doch
nun waren sie vollständig aufgebraucht. Zum Glück
fand mich eine Dorfbewohnerin und rief sofort nach Hilfe. Es
wäre ein grausamer Scherz des Schicksals gewesen, wenn
ich nach all den Gefahren im Dschungel schlussendlich hinter
Getreidesäcken versteckt, inmitten von Menschen verreckt
wäre."
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"Irgendwann wachte ich in einer heruntergekommenen, aber
sauberen und ordentlichen Hütte auf. Es stellte sich heraus,
dass die Frau, die mich bei den Lagerhäusern gefunden hatte,
Cecilia, mich bei sich aufgenommen und mich gepflegt hatte."
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"Sie war es auch, die mich in den nächsten Tagen wieder
aufpäppelte. Ihrem guten Essen ist es zu verdanken, dass
ich schnell wieder zu Kräften kam. Offenbar hatte ich bei
meiner Wanderung im Dschungel die simnistrische Grenze überquert
und befand mich nun in Venezuela. Mein Spanisch ist zwar nicht
das allerbeste, aber es reichte, um sich mit den Einheimischen
zu verständigen. So erfuhr ich auch, dass Simnistrien nicht
nur die simnationalen Bohrtürme überfallen hatte,
sondern in der SimNation eingefallen war."
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"Sobald ich diese Nachricht vernommen hatte, war es für
mich klar, dass ich nicht länger in dem Dorf bleiben konnte,
auch wenn ich mich nachwievor schwach fühlte. Cecilia vermittelte
mich an einem Bootsbesitzer, der mir helfen konnte, das Dorf
und Venezuela zu verlassen. Über den Landweg durch den
Dschungel war das Dorf nämlich kaum zu erreichen."
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"Es kostet mich einige Überzeugungskraft, aber ich
konnte Teobaldo den Bootsbesitzer schlussendlich doch dazu überreden,
mich mit seinem Boot in die USA zu bringen. Allerdings tat er
das nicht aus reiner Menschenfreude. Ich musste ihm eine hohe
Summe in Aussicht stellen. Die Überfahrt in die USA erwies
sich dann auch als kein Zuckerschlecken. Die See war rau, aber
wir landeten nach gut ein eineinhalb Wochen auf hoher See in
Florida. Dort wand ich mich sofort an die simnationale Botschaft,
hob das versprochene Geld für P xxxx ab und nahm dann den
erstbesten Flug in die SimNation."
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"Ich bin heute erst in Simtropolis gelandet. Ich musste
schnell einsehen, dass es unmöglich ist, in die Sierra
Simlone zu gelangen. Dann habe ich von dem Flüchtlingslager
erfahren und war gerade auf dem Weg dorthin, als ich an dieser
Kathedrale vorbeikam." Irgendwann während Dominiks
Erzählung hatte ich ihn in meinen Arm geschlossen und drückte
ihn nun fest an mich. Er sprach zwar sehr gelassen, aber ich
konnte dennoch spüren, wie er am ganzen Körper zitterte.
"Und dann sah ich das rote Auto dort stehen. Ich weiß
auch nicht warum, aber mir fiel sofort ein, dass deine Schwester
genau dieses Auto fährt. Und als ich dann auch noch das
Kfz-Kennzeichen von SimCity erblickte, bin ich einfach in die
Kirche gegangen und habe dich dort gefunden. Wie ich schon sagte,
es grenzt an ein Wunder."
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Wir langen noch eine Weile auf dem Rasen, bis der Morgentau
auf dem Gras begann, durch unsere Kleidung hindurch zu dringen.
Ich stand auf, streckte Dominik meine Hand entgegen und half
ihm auf. "Es ist Zeit, dass mir zu den Kindern fahren.
Sie haben ihren Vater schrecklich vermisst", sagte ich
und Dominik widersprach mir nicht. Hand in Hand schlenderten
wir zu dem parkenden Auto und brachen auf nach SimCity.
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Früh am Morgen kamen wir in SimCity an. Meine Tante Ewa
wartet bereits im Haus meiner Schwester auf mich und gemeinsam
konnten wir uns sofort auf den Weg in das sichere Versteck in
den Wäldern Simskelads machen, wo die Kinder bereits warteten.
Natürlich mussten sie nicht, dass Dominik mich begleiten
würde. "Papa!", kreischte Klaudia, als Ewas Wagen
vor der Holzhütte hielt und Dominik ausstieg. Sky hörte
den Schrei seiner Schwester und beide rannten auf ihren Vater
zu und zerdrückten ihn fast mit ihren Umarmungen. Ich war
überglücklich. Noch vor wenigen Stunden hätte
ich es nicht für möglich gehalten, meine Familie wieder
vereint zu sehen.
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Obwohl die Hütte winzig war und kaum Platz für uns
acht bot, war die Zeit, die wir dort verlebten, einfach wundervoll
für mich. Endlich war meine Familie wieder vereint. Und
wir waren in Sicherheit. In der Abgeschiedenheit von Simskelad
war von den Kriegsgeschehnissen nichts zu spüren. Hier
gab es keine Luftangriff, keine Notwendigkeit, sich in Bunkern
zu verstecken. Fast hätte man die Schrecken der letzten
Wochen vergessen können.
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Doch der Krieg tobte unerbittlich weiter. In der Waldhütte
hatten wir sowohl Zugang zu Fernsehen, wie auch zum Radio, und
waren so ständig auf dem neusten Stand. Zusätzlich
versorgte uns Joanna mit exklusiven Nachrichten, die sie aus
ihren vielen geheimen und zum Teil obskuren Quellen bezog. Als
Dominik und ich in der Hütte eintrafen, war der Großteil
der Sierra Simlone und Teil der Provinz Matosimhos bereits fest
in der Hand der Simnistrier.
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In den folgenden Tagen wurden die Luftangriffe auf zahlreiche
Städte der SimNation fortgesetzt. Besonders stark traf
es SimVegas, das unmittelbar an der Kampffront lag und über
keine bodengestützte FLAG-Abwehr verfügte. Zunächst
hielt die Luftabwehr der restlichen SimNation, doch immer wieder
gelang es Jäger- und Bomberflotten in den simnationalen
Luftraum einzudringen und Großstädte wie, Dallasims,
SimCity und Simtropolis zu bombardieren. Der Luftraum um die
Hauptstadt der SimNation, Santa Regina, konnte zunächst
gesichert werden und so blieb die Zentralprovinz Simtierra vorerst
von den Auswirkungen des Krieges verschont. Dies wurde aber
zunehmend durch den Abzug der Luftstreitkräfte aus den
übrigen Provinzen erreicht, was diese noch anfälliger
für simnistrische Luftangriffe machte.
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Die anhaltenden Luftangriffe zeigten allerdings nicht den gewünschten
Erfolg und bald begann die simnistrische Armee mit großangelegten
Bodenoffensiven. Mit Panzerbrigaden und Infanterie drangen sie
aus der Sierra Simlone nach Westen und in den Norden vor. Die
simnationale Armee stellte sich ihnen erbittert entgegen, doch
aufgrund des seit Jahren unterfinanzierten Verteidigungssektors,
war die Ausrüstung der SimNation hoffnungslos veraltet.
Überraschend kam es auf einem simnistrischen Flugzeugträger
und einem Schlachtkreuzer gleichzeitig zu einer gewaltigen Explosion.
Beide Schiffe sanken im Golf von Cádiz. Der simnationale
Militärstab nutzt die Verwirrung in den simnistrischen
Reihen zu einer gewaltigen Gegenoffensive. Doch das Gefecht,
das als Schlacht von SimVegas in die Geschichtsbücher eingehen
sollte, endete für die SimNation in einem Desaster, das
tausende von Soldaten das Leben kostete.
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Damit war die Moral der SimNation endgültig gebrochen.
Obwohl weiterhin gekämpft wurde, verlor die SimNation Tag
für Tag an Boden und musste sich weiter zurückziehen.
Erst fiel SimVegas, dann Flamingo Beach und Dallasims. Und die
simnistrische Armee rückte immer weiter auf Simtropolis
vor und hinterließ auf ihrem Marsch eine Spur der Verwüstung.
Die Menschen versuchten verzweifelt nach Norden zu fliehen,
doch auch dort waren sie nicht sicher. Die Luftangriffe auf
SimCity, Simtropolis und weitere Großstädte wurden
verstärkt. Und zum ersten Mal fielen Bomben auf Santa Regina.
Beschränkten sich die Bombardements zunächst noch
auf Industrieanlagen, so wurden zunehmend auch gezielt Wohngebiete
ins Visier genommen. Bei Luftangriffen auf Estella Grand am
19. August wurde fast die gesamte Innenstadt zerstört.
Rund 500 Zivilisten verloren im Bombenhagel ihr Leben. Auch
Santa Regina wurde an diesem Tag schwer getroffen und das Parlamentsgebäude
brannte vollständig aus. Diese Angriffe stellten den Höhepunkt
des Krieges dar. Am nächsten Tag, am 20. September 2048,
erklärten Fürst Ferdinand III und Fürstin Domenica
die bedingungslose Kapitulation der SimNation. Die Kampfhandlungen
wurden noch am selben Tag eingestellt. Damit endete dieser Konflikt,
der als Zweiter Simnistrischer Krieg in die Geschichtsbücher
der SimNation eingehen sollte, mit einer niederschmetternden
Niederlage für die SimNation.
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Noch am selben Tag ließ uns Joanna abholen und wir konnten
nach SimCity zurückkehren. Auch hier gab es erhebliche
Schäden zu verzeichnen, aber das Haus meiner Schwester,
sowie das gesamte Viertel, waren unversehrt geblieben. Der Herbst
rückte in immer größeren Schritten vor. Die
Bäume begannen sich bereits gelb zu färben und auch
die Sonne hatte an Kraft verloren. Trotzdem genossen Klaudia
und ich die letzten warmen Sonnenstrahlen im Garten und Orion
spielte am Kanal und versuchte kleine Fische zu fangen.
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Die Kinder konnten immer noch nicht glauben, dass ihr Vater
endlich wieder bei uns war. Und dabei hatten sie nun schon über
drei Wochen mit Dominik verbracht und die gemeinsame Zeit mit
ihm in unserem Versteck im Wald ausgiebig ausgekostet. Dennoch,
irgendwie ließ sie die Angst nicht los, dass Dominik wieder
fortgehen könnte. Und schließlich brachte es Klaudia
zur Sprache. "Wann heiratest du Papa endlich?", fragte
sie geradeheraus. "Er hat dich bereits vor über zwei
Jahren gefragt. Ich habe nie verstanden, warum ihr nicht schnell
geheiratet hab, noch bevor Papa nach Simnistrien geflogen ist.
Und jetzt wo er wieder zurück ist und der Krieg ein Ende
gefunden hat, da begreife ich erst Recht nicht, warum ihr nicht
sofort heiratet."
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Ich war sprachlos, denn mit so einer Ansage hatte ich nicht
gerechnet. "Aber der Krieg ist doch gerade erst vorbei",
stammelte ich. "Und der Frieden ist noch sehr brüchig.
Wer weiß, wie lange er halten wird." "Na, dann
solltet ihr euch um so mehr mit dem Heiraten beeilen",
erwiderte Klaudia und ich konnte so etwas wie Trotz in ihrer
Stimme heraushören.
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"Du willst einfach nicht, stimmt's?", fragte sie beleidigt
und erhob sich vom Tisch. "Wahrscheinlich wünscht
du dir doch, dass du bei diesem ollen Kasimir in Sierra Simlone
Stadt geblieben wärst." "Aber...Schatz...nein",
stammelte ich. Glaubte sie das wirklich? Glaube sie wirklich,
ich würde ihren Vater nicht lieben und mich nach Kasimir
sehnen? Doch ich kam nicht dazu, sie zu fragen. Ehe ich mich
wieder gefasst hatte, war sie auch schon wütend davon gestapft
und hatte sich schmollend ins Haus zurückgezogen.
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