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Einige Wochen später erfuhr dann auch ich offiziell, dass
Timon mehr war, als ein bloßer Freund. Geahnt hatte ich
schon länger etwas, aber ich vertraute darauf, dass Kinga
schon selbst mit der Sprache rausrücken würde, wenn
sie so weit war. Und beim gemeinsamen Frühstück am Wochenende
war es dann so weit. "Mama, du kennst doch Timon", druckste
sie zunächst herum. "Ich würde ihn gerne zum Essen
einladen...zusammen mit Papa und dir. Timon und ich...wir gehen
jetzt miteinander und ich möchte, dass ihr ihn kennen lernt".
Kinga war dieses Gespräch unangenehm, auch wenn ich nicht
verstand, warum dies so war. "Natürlich kannst du Timon
zum Essen mitbringen", erklärte ich deshalb auch umgehend.
"Dein Vater und ich freuen uns schon darauf, deinen Freund
kennen zu lernen".
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Eigentlich war es geplant gewesen, dass nur Dominik und ich Timon
näher kennen lernen sollte. Aber als Tristan und Klaudia
von Kingas erstem Freund erfuhren, ließen sie es sich nehmen,
den Jungen auch kennen zu lernen. "Bitte sei nett zu dem
Jungen", flüsterte ich Dominik ins Ohr, als Timon uns
zögerlich begrüßte und sich zu uns an den Esstisch
setzte. Dominik musterte den Jungen skeptisch und auch Tristan
beäugte ihn aufs Gründlichste.
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Meine Bitte half wohl nicht sehr viel, denn kaum saßen alle
am Tisch, begann Dominik auch schon das Verhör. "Und
du bist wie alt?", fragte er wenig höflich. "15,
Sir", antwortete Timon eingeschüchtert. "Ich bin
eine Klasse über Kinga". Kinga warf ihrem Vater einen
flehenden Blick zu, doch der ließ sich davon nicht beirren.
"Und deine Leistungen in der Schule?". "Es könnte
besser sein", gestand Timon. Bei dieser Antwort versteinerten
Dominiks Gesichtszüge noch weiter und der Junge sackte sichtlich
zusammen. "Und was für Pläne hast du nach der Schule?".
"Ich...ich möchte zur Uni gehen, Sir. Vielleicht Geschichte
studieren...aber ich bin mir noch nicht ganz sicher". "Geschichte
also", Dominik klang nicht sehr begeistert. "Und damit
kann man eine Frau und Kinder ernähren?".
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Timon wurde ganz blass im Gesicht. Frau und Kinder? Er war doch
erst 15 und der Gedanke an eine eigene Familie lag in weiter Ferne.
Was erwartete Herr Blech denn von ihm? "Papa, hör auf
damit", forderte Kinga Dominik auf. "Ich wollte doch
bloß, dass ihr Timon einmal kennen lernt. Ich mag ihn wirklich
gerne und er mag mich. Das ist doch das Wichtigste". Um das
zu unterstreichen griff sich nach Timons Hand. Verliebt blickten
die beiden sich an. Der Anblick war so schön, dass es wir
ganz warm ums Herz wurde. Dominik brummte nur etwas in seien kaum
vorhandenen Bart und beendete das Verhör für diesen
Abend.
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"Musstest du so gemein zu Timon sein", fragte ich meinen
Ehemann, nachdem Kinga sich mit ihrem Freund auf ihr Zimmer verzogen
hatte und Dominik und ich es uns auf dem Sofa im Wohnzimmer gemütlich
machten. "Ich und gemein?", fragte Dominik unschuldig.
"Du hast mich scheinbar noch nie gemein erlebt". Er
lachte. "Ich wollte nur testen, wie ernst der Junge es mit
unserer Prinzessin meint. Wenn er mich überstanden hat und
bei ihr bleibt, dann scheint er sie wirklich zu mögen. Ich
will einfach nicht, dass unser kleines Mädchen verletzt wird".
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"Kinga ist doch kein kleines Kind mehr. Leider!", entgegnete
ich. "Heute ist mir bewusst geworden, dass sie nun fast schon
erwachsen ist. Nur noch ein paar Jahre, dann wird sie die Schule
beenden und zur Uni gehen. Und dann wird sie heiraten und eigene
Kinder bekommen und nicht mehr auf ihre Eltern angewiesen sein.
Und selbst Klaudia wird so schnell groß und verlässt
bald das Nest". Mir wurde richtig schwer ums Herz und Dominik
zog mich tröstend zu sich heran. "Und dann sind nur
noch wir beiden da, ganz alleine in diesem großen Haus.
Ach Dominik, ich wünschte, wir könnten die Zeit einfach
anhalten".
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"Hey, ich bin auch noch da!", meldete sich Tristan empört
zu Wort. Er saß auf dem anderen Sofa und schien vertieft
in sein Computerspiel, doch scheinbar hörte er jedes Wort
genau mit. "Genau, Linse, dann verpassen Brodlowska und ich
dir eine riesige Windel und spielen dann Vater, Mutter, Kind.
Das wird ein Spaß." Dominik fand diese Vorstellung
wohl tatsächlich lustig, denn er kugelte sich vor Lachen,
fing sich dafür aber einen beleidigten Blick von Tristan
ein.
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Ich knuffte Dominik sanft in die Seite und er beruhigte sich wieder
und entschuldigte sich bei Tristan. Zwar grinste er dabei über
das ganze Gesicht, aber er entschuldigte sich immerhin. Dann wurde
er ernst. "Wir müssen nicht zu zweit alleine bleiben",
sagte er schließlich und in Tristans Richtung ergänzte
er: "Entschuldigung, ich meinte natürlich zu dritt."
Dann sah er erneut mich an. "Was hältst du davon, wenn
wir uns noch so ein kleines Würmchen anschaffen. Kinga und
Klaudia haben wir doch mit links gepackt und die beiden sind uns
doch ganz gut gelungen. Und vielleicht klappt es dann auch endlich
mit einem kleinen Dominik Junior".
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"Noch ein Baby?" ich konnte kaum glauben, dass Dominik
das wirklich vorschlug, aber ich strahlte über das ganze
Gesicht. "Wir sind doch noch jung, Brodlowska. Und ich würde
mich über neues Kindergeschrei auf Grünspan sehr freuen".
Zur Antwort küsste ich ihn einfach. Natürlich wollte
ich noch ein Kind. Nach Klaudia haben wir über weitere Kinder
nicht mehr gesprochen und ich nahm einfach an, dass Dominik unsere
beiden völlig ausreichten. Unsere Küsse wurden leidenschaftlicher
und Dominiks Hände gingen bereits auf Erkundungstour. "Nehmt
euch doch ein Zimmer!", unterbrach uns Tristan und erinnerte
uns daran, dass wir nicht allein waren. "Nicht einmal in
Ruhe Computer spielen kann man hier!"
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Wir befolgten umgehend Tristans Rat und zogen uns in unser Schlafzimmer
zurück. Ich zog hastig die Vorhänge zu und Dominik schloss
die Tür ab. Beim Produktionsvorgang für ein neues Geschwisterchen
für Kinga und Klaudia musste ich Dominik aber immer wieder
darum bitten, leiser zu sein, was mir allerdings selbst sehr schwer
viel. Aber es war mitten am Tag und Tristan saß im Zimmer
nebenan und unsere Kinder wuselten auch im Haus herum. Seltsame
Geräusche aus dem Schlafzimmer von Mama und Papa hätten
bei Klaudia einige Fragen aufwerfen können und hätten
Kinga und Timon ganz sicher die Schamesröte ins Gesicht getrieben.
Aber gerade die Tatsache, dass wir leise sein mussten, machte
dieses Liebesspiel doch ganz besonders aufregend.
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In den nächsten Wochen waren Dominik und ich fleißig
damit beschäftigt, ein Baby zu zeugen. Nur leider war Erfolg
noch nicht in Sicht. Das war mal wieder so typisch. Wenn ich unbedingt
schwanger werden wollte, dann klappte es natürlich nicht.
Erfolge hingegen konnte Kinga verbuchen. Mit Timon lief es immer
noch super und auch ihre Leistungen in der Schule ließen
keine Wünsche übrig. Sie hatte es gut geschafft Schule,
Freunde, Freund und Job unter einen Hut zu bringen. Aus diesem
Grund wurde sie von ihrer Schule ausgewählt, zu einem Vorbereitungskurs
für die Uni zu fahren. Das sollte ihr ermöglichen, sich
bereits während ihrer Schulzeit, gezielt auf das spätere
Studium vorzubereiten. Miranda Kappe, die inzwischen ihr Literaturstudium
abgeschlossen hatte, erklärte sich bereit, Kinga während
dieser Zeit zu betreuen und ihr das wahre Studentenleben zu zeigen,
durchaus auch mal abseits der Hörsäle und Seminarräume.
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In der Uni-Verwaltung hat Kinga sich dann auch gleich über
mögliche Stipendien informiert. So wie es aussah, konnte
sie wegen ihres Jobs an der Schule ein Stipendium für Existenzgründer
erhalten. Ein Test ergab zudem, dass sie ein sehr gutes logisches
Denken aufwies und sich deshalb für den Will Wright-Genie
Preis qualifiziert habe. Zudem wurde sie noch für das Karl
Quasselstrippe-Stipendium vorgeschlagen, weil sie die Verantwortlichen
von ihrem Charisma überzeugen konnte. Für ein paar weitere
Tests brauchte sie aber noch einige zusätzliche Informationen
über ihre Eltern. Also rief sie umgehend zu Hause an.
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Ich war nicht Zuhause, also nahm Dominik den Anruf entgegen. "Hallo,
Papa! Es ist voll cool hier an der Uni. Miranda hat mir auch schon
alles gezeigt. Ich kann es kaum abwarten, selber studieren zu
können. Und nein, ich werde kein Waschpulver in den Brunnen
vor dem Hauptgebäude kippen. Das kannst du ja gerne machen,
wenn du mich mal besuchen kommst, Papa." Beide lachten am
Telefon und Kinga erzählte ihm von den Ereignissen der letzten
Tage. Dann fragte sie Dominik die Fragen, die sie für die
weiteren Tests brauchte. "Du wurdest also in Estella Grande
geboren? Interessant! Und Mama kommt aus SimCity? Du weißt
nicht zufällig, woran Opa Darek gestorben ist? Ich will Mama
lieber nicht fragen. Ach ja und deine Blutgruppe brauche ich noch.
Es geht um irgendwelche Gesundheitsdinge und die wollen wissen,
ob ich vielleicht ein interessantes Testobjekt sein konnte oder
so. Ganz hab ich das noch selbst nicht verstanden".
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"Die wollen dich als Versuchskaninchen, Prinzessin!",
lachte Dominik und antwortete dann auf ihre eigentliche Frage:
"Meine Blutgruppe ist 0 negativ Schatz". Er hörte,
wie Kinga etwas aufschrieb, doch dann stutzte sie. "Nee,
Papa, du musst dich irren. Du kannst nicht Blutgruppe 0 sein.
Mama und ich sind beide AB, das weiß ich ganz sicher. Und
mit Blutgruppe 0 kannst du nicht mein Vater sein. Ruf mal Oma
an, die weiß bestimmt deine richtige Blutgruppe. Ich melde
mich dann morgen wieder bei euch. Ich hab dich lieb, Papa. Und
drück Mama und Klaudia von mir!" Kinga legte auf. Doch
Dominik hielt noch lange Zeit schweigend den Hörer in der
Hand. Er war Blutgruppe 0 negativ. Erst vorgestern war er beim
Blutspenden gewesen. Und sein Wissen über Vererbung der Blutgruppen
reichte aus um zu bestätigen, dass Eltern mit den Blutgruppen
0 und AB niemals ein Kind der Blutgruppe AB haben könnten.
Und diese Erkenntnis traf ihn so schwer, dass er nicht einmal
in der Lage war, den Hörer aufzulegen.
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