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Tja, nur hat sie nicht mit ihrer peinlichen Mutter gerechnet.
Elvira und Constance waren schon eingetroffen und ich wollte Kinga
helfen und denn Mädchen etwas von der Fruchtbowle anbieten.
Dummerweise hatte ich die Bedienungsanleitung des Gerätes
nicht gelesen. Und als der süße Saft aus dem Schlauch
schoss, wollte er gar nicht mehr aufhören. Und um nicht das
halbe Esszimmer unter Bowle zu setzten, steckte ich den Schlauch
in meinen Mund. Kingas entnervtes Stöhnen war mehr als eindeutig.
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Gut, solche Aktionen sollte ich heute lieber sein lassen. Tristan
half mir auch schnell, den Flüssigkeitsstrom zu stoppen.
Nachdem ich mein Gesicht getrocknet hatte, holte ich die vorbereitete
Sahnetorte aus dem Kühlschrank. Kinga wollte extra keine
Kerzen. Das wäre ja so was von uncool und nur für Babys.
Ich fand zwar, dass es ohne Kerzen keine wirkliche Geburtstagstorte
war, aber ich respektierte ihren Wunsch.
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Als ich mir dann auch ein Stück Torte nahm und mich zu den
Mädchen setzen wollte, funkelte Kinga mich böse an.
Gut, ich hatte verstanden. Sie wollte ihre alte Mutter nicht dabei
haben. Vielleicht war das auch besser so, denn am Tisch ging es
hoch her. Marissa war schon zwei Jahre älter als Kinga und
ging zusammen mit Elvira in eine Klasse. Und bei den Geschichten
über Jungs, die sie zu erzählen wusste, machten die
drei jüngeren Mädchen ganz große Ohren. Jedes
Detail wurde aufgesogen. Der erste richtige Kuss, die ersten vorsichtigen
Berührungen und mehr. Kinga, Constance und Sophie konnten
es kaum erwarten, bis sie all diese Dinge selbst ausprobieren
konnten.
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Ich gebe es ja zu, ganz konnte ich es nicht lassen, hin und wieder
unauffällig in die Küche zu kommen. Natürlich tarnte
ich diese Kontrollbesuche, indem ich mir jedes Mal etwas von der
Fruchtbowle holte. Nach dem vierten Glas wurde es aber etwas auffällig.
Immerhin war ich nicht die einzige, die so ihre Probleme mit der
Getränkemaschine hatte. Auch Elvira fand den Aus-Knopf nicht
auf Anhieb.
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Und dann verzog sich die Partygesellschaft ins Wohnzimmer. Kinga
und Sophie begannen zu tanzen und die Lieder mitzusingen. Constance
war sich noch nicht so sicher, ob sie wirklich mitmachen wollte.
Elvira hatte sich hingegen schon vorher entschlossen, lieber die
Spielkonsole zu nutzen.
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Den krönenden Abschluss der Feier sollte eigentlich das Feuerwerk
darstellen. Leider ist dieses Vorhaben völlig in die Hose
gegangen. Kinga zündete gerade den Feuerwerkskörper
an, als es zu irgendeiner Verpuffung kam. Zum Glück ist ihr
nichts passiert, aber Kinga war von oben bis unten Kohlraben schwarz
und stank nach Schwefel und Rauch. Ihre Augen füllten sich
mit Tränen, sie ließ das Feuerzeug auf den Boden fallen
und rannte so schnell wie möglich ins Haus und schloss sich
im Badezimmer ein.
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Ich schickte die anderen Mädchen nach Hause. Constance bedankte
sich noch einmal ganz nett für die Einladung, bevor sie sich
mit den anderen auf den Weg machte. Nach etwa einer halben Stunde
kam Kinga aus dem Bad, aber sie lief sofort in ihr Zimmer und
schloss sich dort ein. Ich klopfte mehrmals an der Tür und
bat sie, mich hinein zu lassen. "Geh weg!", war allerdings
ihre einzige Antwort und ich konnte hören, wie sie bitterlich
weinte.
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Erst als Dominik an ihre Tür klopfte, machte sie ihm auf.
"Prinzessin, was ist denn los. Es ist doch überhaupt
nichts passiert. Du bist nur ein wenig schmutzig geworden",
versuchte er sie zu trösten. "Alle werden in der Schule
über mich lachen! Das war die furchtbarste Party, die jemals
überhaupt gegeben wurde. Keiner wird mehr zu mir kommen wollen".
Kaum hatte sie sich wieder etwas beruhigt, fing sie wider an zu
schluchzen.
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"Es ist alles einfach nur furchtbar!". Dominik nahm
seine Tochter tröstend in den Arm. "Ach, Prinzessin,
das wird schon. Glaub mir, auf der nächsten Party passiert
jemanden noch was viel Peinlicheres als dir und dann haben alle
den Vorfall von heute vergessen. Und Notfalls suchst du dir neue
Freunde. In der Schule laufen ja genug rum". Kinga knuffte
ihrem Vater leicht in den Bauch. "Du bist blöd, Papa".
Immerhin lachte sie wieder. "Schlaf einfach drüber,
Prinzessin, und morgen sieht alles wieder ganz anders aus. Wirst
schon sehen". Tja, so erwachsen unsere Kinga schon zu sein
schien, manchmal war sie immer noch das kleine Mädchen, das
einfach mal in den Arm genommen werden musste.
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Unabhängig von Kingas nicht ganz geglückter Geburtstagsfeier,
fuhr ich am nächsten Morgen ins Tierheim. Ich hatte schon
lange mit dem Gedanken gespielt, einen Hund anzuschaffen, der
mir draußen bei den Rindern helfen konnte. Außerdem
ist Klaudia schon des Öfteren weinend zu Dominik und mir
ins Bett gekommen, wenn die Wüstenhunde mal wieder heulten.
Sie sind zwar noch nie in die Nähe des Hauses gekommen, aber
vielleicht fühlte Klaudia sich ja sicherer, wenn wir einen
Wachhund hätten. In Goya fand ich dann auch eine Hündin,
die meinen Vorstellungen entsprach.
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Allerdings hatte ich nicht vor, Goya als Haushund zu halten. Durch
die Lage in der Wüste, war das Haus ohnehin schon kaum sauber
zu halten. Der Sand und Staub drang einfach durch jede Ritze.
Und auf einen Hund auf der Wohnzimmercouch, der noch zusätzlichen
Dreck mit sich brachte, konnte ich gut verzichten. Deshalb wurde
draußen im Garten extra eine große Hundehütte
für Goya aufgestellt.
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"Gehört der Hund etwa uns?", fragte Kinga aufgeregt,
als sie den grauen Riesen nebst Hundehütte im Garten entdeckte.
Als ich bejahte, stürzte sie sich sofort auf das neue Familienmitglied.
Zunächst nur vorsichtig streichelte sie den Rücken des
Hundes. Doch als sie merkte, dass Goya ganz zutraulich schien,
wurde auch sie mutiger und strich ihr über den grauen Kopf.
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"Kann der Hund denn auch Aporiren?", fragte Klaudia
neugierig, aber nicht ganz so begeistert, wie ihre Schwester,
als sie den Hund entdeckte. Anstatt sofort zu ihm hin zu laufen,
versteckte sie sich hinter meinem Rücken und beobachtete
lieber aus sicherer Entfernung. "Du meinst Apportieren, Klaudi.
Aber ich weiß es nicht", antwortete ich ihr. "Probier
es doch einfach mal aus". Die Neugier siegte über die
Angst. Schnell suchte Klaudia einen passenden Stock, streckte
ihn Goya aus sicherer Entfernung vor die Nase und warf ihn dann
so weit es ging von sich.
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Und wie ein geölter Blitz folgte Goya dem geworfenen Stock
und brachte ihn auch brav wieder zurück. Klaudia klatschte
entzückt in die Hände und warf den Stock gleich ein
zweites Mal. Das Spiel wiederholte sie einige Male, bis die Scheu
vor dem neuen Hund schließlich ganz verschwand.
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Wie Dominik vorausgesagt hatte, interessierte sich wenige Tage
später niemand mehr für Kingas kleines Malheur auf der
Geburtstagsfeier. Ihre Freundinnen, Constance und Elvira kamen
vorbei, so wie sonst auch, und die Mädchen hingen in Kingas
Zimmer ab.
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Und wie immer platzte Klaudia in diese wichtigen Gespräche
herein, weil sie auch mit den großen spielen wollte. Kinga
sagte das natürlich überhaupt nicht zu. "Verschwinde,
Klaudia. Kleine Kinder wollen wir hier nicht!". Klaudia zog
einen Schmollmund. "Ich bin überhaupt kein kleines Kind
mehr. Ich bin schon sieben und geh in die Schule. Ich will wissen
worüber ihr redet". Elvira konnte sich ein Grinsen nicht
verkneifen. Als jüngste von vier Kindern konnte sie sehr
gut nachfühlen, wie es Klaudia ergehen musste. Sie durfte
bei den ganzen lustigen Sachen, die Hans und Desdemona angestellt
haben, auch nie dabei sein. Aber Kinga ließ nicht mit sich
reden und verfrachtete Klaudia gleich aus ihrem Zimmer, auch wenn
diese sich nach Kräften wehrte.
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Als Elvira sich am Abend auf den Weg nach Hause machte, kam sie
auch zu mir, um sich zu verabschieden. "Warte einen Moment,
Elvira", hielt ich sie auf, als sie schon fast zur Tür
raus war. "Wie geht es denn deiner Mutter? Ich hab nicht
mehr mit ihr gesprochen, seit sie vor einer Woche ins Krankenhaus
gekommen ist. Ist alles gut verlaufen?"
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Elvira lächelte glücklich. "Ja, Mamas Operation
ist gut verlaufen. Es gab keine Komplikationen. Du kannst mir
glauben, wie froh meine Geschwister und ich waren, als wir das
erfuhren." Ich atmete erleichtert auf. "Kann ich sie
denn schon besuchen?", fragte ich Elvira weiter und diese
nickte zur Antwort. "Die ersten Tage war sie noch sehr schwach,
aber inzwischen geht es ihr wieder ganz gut. Ich war erst gestern
Abend bei ihr. Sie erholt sich wirklich schnell". Das freute
mich natürlich sehr. Ich nahm mir vor, Gerda gleich morgen
in der Klinik in Seda Azul zu besuchen.
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