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Teil 2:
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Tja, nur hat sie nicht mit ihrer peinlichen Mutter gerechnet. Elvira und Constance waren schon eingetroffen und ich wollte Kinga helfen und denn Mädchen etwas von der Fruchtbowle anbieten. Dummerweise hatte ich die Bedienungsanleitung des Gerätes nicht gelesen. Und als der süße Saft aus dem Schlauch schoss, wollte er gar nicht mehr aufhören. Und um nicht das halbe Esszimmer unter Bowle zu setzten, steckte ich den Schlauch in meinen Mund. Kingas entnervtes Stöhnen war mehr als eindeutig.


Gut, solche Aktionen sollte ich heute lieber sein lassen. Tristan half mir auch schnell, den Flüssigkeitsstrom zu stoppen. Nachdem ich mein Gesicht getrocknet hatte, holte ich die vorbereitete Sahnetorte aus dem Kühlschrank. Kinga wollte extra keine Kerzen. Das wäre ja so was von uncool und nur für Babys. Ich fand zwar, dass es ohne Kerzen keine wirkliche Geburtstagstorte war, aber ich respektierte ihren Wunsch.


Als ich mir dann auch ein Stück Torte nahm und mich zu den Mädchen setzen wollte, funkelte Kinga mich böse an. Gut, ich hatte verstanden. Sie wollte ihre alte Mutter nicht dabei haben. Vielleicht war das auch besser so, denn am Tisch ging es hoch her. Marissa war schon zwei Jahre älter als Kinga und ging zusammen mit Elvira in eine Klasse. Und bei den Geschichten über Jungs, die sie zu erzählen wusste, machten die drei jüngeren Mädchen ganz große Ohren. Jedes Detail wurde aufgesogen. Der erste richtige Kuss, die ersten vorsichtigen Berührungen und mehr. Kinga, Constance und Sophie konnten es kaum erwarten, bis sie all diese Dinge selbst ausprobieren konnten.


Ich gebe es ja zu, ganz konnte ich es nicht lassen, hin und wieder unauffällig in die Küche zu kommen. Natürlich tarnte ich diese Kontrollbesuche, indem ich mir jedes Mal etwas von der Fruchtbowle holte. Nach dem vierten Glas wurde es aber etwas auffällig. Immerhin war ich nicht die einzige, die so ihre Probleme mit der Getränkemaschine hatte. Auch Elvira fand den Aus-Knopf nicht auf Anhieb.


Und dann verzog sich die Partygesellschaft ins Wohnzimmer. Kinga und Sophie begannen zu tanzen und die Lieder mitzusingen. Constance war sich noch nicht so sicher, ob sie wirklich mitmachen wollte. Elvira hatte sich hingegen schon vorher entschlossen, lieber die Spielkonsole zu nutzen.


Den krönenden Abschluss der Feier sollte eigentlich das Feuerwerk darstellen. Leider ist dieses Vorhaben völlig in die Hose gegangen. Kinga zündete gerade den Feuerwerkskörper an, als es zu irgendeiner Verpuffung kam. Zum Glück ist ihr nichts passiert, aber Kinga war von oben bis unten Kohlraben schwarz und stank nach Schwefel und Rauch. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie ließ das Feuerzeug auf den Boden fallen und rannte so schnell wie möglich ins Haus und schloss sich im Badezimmer ein.


Ich schickte die anderen Mädchen nach Hause. Constance bedankte sich noch einmal ganz nett für die Einladung, bevor sie sich mit den anderen auf den Weg machte. Nach etwa einer halben Stunde kam Kinga aus dem Bad, aber sie lief sofort in ihr Zimmer und schloss sich dort ein. Ich klopfte mehrmals an der Tür und bat sie, mich hinein zu lassen. "Geh weg!", war allerdings ihre einzige Antwort und ich konnte hören, wie sie bitterlich weinte.


Erst als Dominik an ihre Tür klopfte, machte sie ihm auf. "Prinzessin, was ist denn los. Es ist doch überhaupt nichts passiert. Du bist nur ein wenig schmutzig geworden", versuchte er sie zu trösten. "Alle werden in der Schule über mich lachen! Das war die furchtbarste Party, die jemals überhaupt gegeben wurde. Keiner wird mehr zu mir kommen wollen". Kaum hatte sie sich wieder etwas beruhigt, fing sie wider an zu schluchzen.


"Es ist alles einfach nur furchtbar!". Dominik nahm seine Tochter tröstend in den Arm. "Ach, Prinzessin, das wird schon. Glaub mir, auf der nächsten Party passiert jemanden noch was viel Peinlicheres als dir und dann haben alle den Vorfall von heute vergessen. Und Notfalls suchst du dir neue Freunde. In der Schule laufen ja genug rum". Kinga knuffte ihrem Vater leicht in den Bauch. "Du bist blöd, Papa". Immerhin lachte sie wieder. "Schlaf einfach drüber, Prinzessin, und morgen sieht alles wieder ganz anders aus. Wirst schon sehen". Tja, so erwachsen unsere Kinga schon zu sein schien, manchmal war sie immer noch das kleine Mädchen, das einfach mal in den Arm genommen werden musste.

 

 


Unabhängig von Kingas nicht ganz geglückter Geburtstagsfeier, fuhr ich am nächsten Morgen ins Tierheim. Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, einen Hund anzuschaffen, der mir draußen bei den Rindern helfen konnte. Außerdem ist Klaudia schon des Öfteren weinend zu Dominik und mir ins Bett gekommen, wenn die Wüstenhunde mal wieder heulten. Sie sind zwar noch nie in die Nähe des Hauses gekommen, aber vielleicht fühlte Klaudia sich ja sicherer, wenn wir einen Wachhund hätten. In Goya fand ich dann auch eine Hündin, die meinen Vorstellungen entsprach.


Allerdings hatte ich nicht vor, Goya als Haushund zu halten. Durch die Lage in der Wüste, war das Haus ohnehin schon kaum sauber zu halten. Der Sand und Staub drang einfach durch jede Ritze. Und auf einen Hund auf der Wohnzimmercouch, der noch zusätzlichen Dreck mit sich brachte, konnte ich gut verzichten. Deshalb wurde draußen im Garten extra eine große Hundehütte für Goya aufgestellt.


"Gehört der Hund etwa uns?", fragte Kinga aufgeregt, als sie den grauen Riesen nebst Hundehütte im Garten entdeckte. Als ich bejahte, stürzte sie sich sofort auf das neue Familienmitglied. Zunächst nur vorsichtig streichelte sie den Rücken des Hundes. Doch als sie merkte, dass Goya ganz zutraulich schien, wurde auch sie mutiger und strich ihr über den grauen Kopf.


"Kann der Hund denn auch Aporiren?", fragte Klaudia neugierig, aber nicht ganz so begeistert, wie ihre Schwester, als sie den Hund entdeckte. Anstatt sofort zu ihm hin zu laufen, versteckte sie sich hinter meinem Rücken und beobachtete lieber aus sicherer Entfernung. "Du meinst Apportieren, Klaudi. Aber ich weiß es nicht", antwortete ich ihr. "Probier es doch einfach mal aus". Die Neugier siegte über die Angst. Schnell suchte Klaudia einen passenden Stock, streckte ihn Goya aus sicherer Entfernung vor die Nase und warf ihn dann so weit es ging von sich.


Und wie ein geölter Blitz folgte Goya dem geworfenen Stock und brachte ihn auch brav wieder zurück. Klaudia klatschte entzückt in die Hände und warf den Stock gleich ein zweites Mal. Das Spiel wiederholte sie einige Male, bis die Scheu vor dem neuen Hund schließlich ganz verschwand.

 

 


Wie Dominik vorausgesagt hatte, interessierte sich wenige Tage später niemand mehr für Kingas kleines Malheur auf der Geburtstagsfeier. Ihre Freundinnen, Constance und Elvira kamen vorbei, so wie sonst auch, und die Mädchen hingen in Kingas Zimmer ab.


Und wie immer platzte Klaudia in diese wichtigen Gespräche herein, weil sie auch mit den großen spielen wollte. Kinga sagte das natürlich überhaupt nicht zu. "Verschwinde, Klaudia. Kleine Kinder wollen wir hier nicht!". Klaudia zog einen Schmollmund. "Ich bin überhaupt kein kleines Kind mehr. Ich bin schon sieben und geh in die Schule. Ich will wissen worüber ihr redet". Elvira konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Als jüngste von vier Kindern konnte sie sehr gut nachfühlen, wie es Klaudia ergehen musste. Sie durfte bei den ganzen lustigen Sachen, die Hans und Desdemona angestellt haben, auch nie dabei sein. Aber Kinga ließ nicht mit sich reden und verfrachtete Klaudia gleich aus ihrem Zimmer, auch wenn diese sich nach Kräften wehrte.


Als Elvira sich am Abend auf den Weg nach Hause machte, kam sie auch zu mir, um sich zu verabschieden. "Warte einen Moment, Elvira", hielt ich sie auf, als sie schon fast zur Tür raus war. "Wie geht es denn deiner Mutter? Ich hab nicht mehr mit ihr gesprochen, seit sie vor einer Woche ins Krankenhaus gekommen ist. Ist alles gut verlaufen?"


Elvira lächelte glücklich. "Ja, Mamas Operation ist gut verlaufen. Es gab keine Komplikationen. Du kannst mir glauben, wie froh meine Geschwister und ich waren, als wir das erfuhren." Ich atmete erleichtert auf. "Kann ich sie denn schon besuchen?", fragte ich Elvira weiter und diese nickte zur Antwort. "Die ersten Tage war sie noch sehr schwach, aber inzwischen geht es ihr wieder ganz gut. Ich war erst gestern Abend bei ihr. Sie erholt sich wirklich schnell". Das freute mich natürlich sehr. Ich nahm mir vor, Gerda gleich morgen in der Klinik in Seda Azul zu besuchen.

 

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