|
Und der Diebstahl verlief wie am Schnürchen. Mit zwei gekonnten
Schüssen aus der Schall gedämpften 9mm-Halbautomatik,
schaltete sie die beiden Wachmänner am Eingang des Anwesens
aus, noch bevor diese Alarm schlagen konnten. Das Alarmsystem
hatte sie schon Wochen zuvor ausgekundschaftet und es fiel ihr
nicht schwer, es innerhalb weniger Minuten zu deaktivieren. Allerdings
würde innerhalb von fünf Minuten ein versteckter Alarm
auslöst werden, den sie nicht umgehen konnte. Sie musste
sich also beeilen.
|
|
Im Haus selber kam sie nur langsam voran, weil immer wieder Wachleute
ihren Weg kreuzten und sie den Kameras aus dem Weg gehen musste.
Doch in ihrem dunklen Tarnanzug war sie so gut wie unsichtbar
und sie hatte dafür gesorgt, dass die Wachmänner an
diesem Tag ein kleines Präsent in Form von Wodka erhielten.
Das sollte dafür sorgen, dass ihre Aufmerksamkeit genügend
sank.
|
|
Unbehelligt gelangte sie in das Arbeitszimmer des Generals im
oberen Stockwerk der Villa. Die Tür war war mit einem Dietrich
leicht zu öffnen. Der schwierigste Teil der Mission würde
das Knacken des Tresors werden. Er war mit einem siebenstelligen
Code gesichert und erforderte zusätzlich die Stimmaktivierung
von General Nabakov. Der Code war kein Problem, dafür hatte
Joanna das notwendige Dechiffrier-Gerät. Und die Stimme des
Generals hatte ich ihr heute besorgt. Über den Anhänger
an meiner Kette hatte sie seine Stimme aufgezeichnet und konnte
diese nutzen, um den Tresor zu öffnen.
|
|
Mit einem deutlichen Knacken lösten sich die Bolzen aus der
Verankerung und die schwere Eisenschublade glitt lautlos nach
vorne. Hastig durchsuchte Joanna den Inhalt. Geld und andere Wertpapiere
interessierten sie nicht. Sie wollte nur die Baupläne und
fand sie schließlich in einer braunen Ledermappe. Doch die
Dechiffrierung hatte länger gedauert, als sie es geplant
hatte. Hastig steckte sie die Baupläne ein. Es blieb keine
Zeit mehr, sie lediglich zu kopieren. In wenigen Sekunden würde
der Alarm losgehen und zu diesem Zeitpunkt wollte sie nicht mehr
an diesem Ort sein.
|
|
Hastig versteckte sie die Papiere unter ihrer Weste und schlich,
genauso lautlos und ungesehen wie sie gekommen war, aus der Villa.
Als sie von der Mauer des Anwesens in den angrenzenden Park sprang,
hörte sie noch, wie die Alarmsirenen ertönten. Aber
da war Joanna schon über alle Berge, und die Baupläne
mit ihr.
|
|
|
Derweil war ich immer noch mit Nabakov beschäftigt. Er erzählte
mir voller Stolz von seinen Gräueltaten in Grosny und in
Kabul während der sowjetischen Besatzung. Innerlich rang
ich damit, mich nicht an Ort und Stelle zu übergeben, aber
ich lächelte tapfer weiter und tat so, als ob ich von ihm
und seinen Heldentaten beeindruckt wäre. Joanna hatte mir
deutlich gemacht, wie wichtig es war, dem Ego dieses Mannes zu
schmeicheln und ihn nicht zu verärgern.
|
|
Plötzlich hörte ich wieder Boris Stimme in meinem Ohr.
Ich hatte inzwischen fast vergessen, dass er in einem Raum ganz
in meiner Nähe saß und jedes Wort mithörte. „Der
Falke hat das Nest verlassen“. Das war das Signal, dass
Joanna erfolgreich war und ich nun die Dokumente besorgen sollte.
„So, General Nabakov“, säuselte ich
deshalb, „ich würde zwar noch gerne weiter Ihren
Geschichten lauschen, aber ich bin eine viel beschäftigte
Frau. Was also ist Ihr Preis für diese Geheimdienstunterlagen?“
|
|
Der General wurde augenblicklich ernst. „15 Million
Rubel in Gold. Die Finanzmärkte sind launenhaft und ich bin
ein Traditionalist. Gold bleibt schließlich Gold“.
„Er will 400000 §. Du musst ihn runterhandeln“,
forderte Boris mich auf. Und wie sollte ich das machen? Ich konnte
noch nie Handeln. Bei meinen Flitterwochen in Ägypten hat
sicher jeder Basarhändler den vierfachen Preis von mir abkassiert
und mir diesen auch noch als Schnäppchen verkauft. Aber ich
musste da jetzt durch. „10 Millionen, Nabakov. Und die
Transportkosten übernehme Sie selbst. So viel Gold wiegt
eine ganz schöne Menge. Und damit wir uns richtig verstehen,
ich will die Originaldokument und nicht irgendeine Kopie. Ich
bezahle nicht dafür, dass jeder Gauner westlich des Urals
Zugriff auf die selben Informationen erhält wie ich.“
|
|
Ich hörte Boris aufkeuchen. War ich etwa zu weit gegangen?
Ich bekam es mit der Angst zu tun. Doch General Nabakov sah mich
zwar mit festem, aber keineswegs verärgertem Blick an. Stattdessen
erhob er sich von seinem Stuhl und kam langsam auf mich zu. Er
reichte mir seien Hand und zog mich zu sich hinauf. „Für
diesen Preis verlange ich aber ein persönliches Entgegenkommen.
Ich bin nicht nur auf dem Schlachtfeld sehr bewandert“.
Er grinste dreckig und griff mit seiner Hand nach meinen Gesäß,
um unmissverständlich klar zu machen, worauf er anspielte.
In mir stieg der Ekel auf und ich wollte diese widerliche Hand
am liebsten weg schlagen. Oh, Gott, was sollte ich jetzt bloß
machen? Wie hätte Joanna jetzt reagiert.
|
|
Doch bevor ich irgendetwas unternehmen konnte, sprang die Tür
auf und ein junger Mann schritt zu General Nabakov und flüsterte
ihm aufgeregt etwas ins Ohr. Mir fiel ein Stein vom Herzen und
ich sandte ein stummes Stoßgebet zur Gottesmutter. Dann
fiel mir auf, dass sich Nabakovs Hand, die eben noch meinen Körper
begrabscht hatte, zu einer Faust ballte. Sein Gesicht lief rot
an und er begann sichtlich zu beben.
|
|
„Das ist unmöglich!“, brüllte Nabakov schließlich
„Wer würde es wagen sich mit General Nabakov anzulegen?!“.
Der junge Mann zuckte hilflos mit den Schultern und trat dann
bewusste einige Schritte zurück. Auch ich entschied, dass
es das Beste wäre, wenn ich in dieser Situation einfach schwieg.
Denn Nabakov kochte und ich hatte das ungute Gefühl, dass
er seine Wut an seinem Boten oder, was viel schlimmer wäre,
an mir auslassen könnte. Ich hatte da nämlich eine Ahnung,
was ihm gerade ins Ohr geflüstert wurde. Die Nachricht von
Joannas Erfolg verbreitete sich ziemlich rasant.
|
|
Doch Nabakov beruhighte sich, wenn auch nur ein klein wenig. „10
Millionen Rubel in Gold und Sie erhalten die Originale. Den Transport
zahlen aber Sie. Was ist, sind wir uns einig, Donna Joanna?“.
Natürlich stimmte ich zu. Ich wollte dieses Theater nur beenden
und zu Dominik und meinen Kindern zurückkehren. „Die
Dokumente hinterlasse ich am vereinbarten Übergabeort, sobald
die Hälfte des Goldes da ist. Es war mir eine Freude, Geschäfte
mit ihnen zu machen, Donna Joanna“. Er verbeugte sich
knapp und verließ dann hastig den Raum und ich sank erleichtert
in meinen Stuhl zurück. Es fühlte sich an, als ob sich
ein Felsbrocken von meiner Seele gelöst hätte.
|
|
Ich stand auf und wollte so schnell es ging zu Boris, als jemand
mich ansprach. „Joanna, Joanna. Wir haben uns schon eine
Weile nicht mehr gesehen.“ Es war der junge Mann. Ich hatte
vollkommen vergessen, dass er noch im Raum war. Überrascht
blickte ich ihn an. Wer war er bloß. „Ich war beschäftigt“,
stammelte ich. „Du weißt doch, wie das Geschäft
so ist“. Ich konnte nur hoffen, dass dieser Typ schnell
seinem Boss hinterher laufen würde. Doch der junge Mann machte
keine Anstalten zu gehen.
|
|
„Warst du etwa so beschäftigt, dass du dich in Siena
nicht einmal mehr verabschieden konntest. Ich bin morgens aufgewacht
und das Bett an meiner Seite war leer. Das war nicht nett von
dir, Joanna“. Er kam auf mich zu und strich meine Wange.
Instinktiv riss ich meinen Kopf zur Seite und wehrte seine Hand
ab. „So widerspenstig warst du bei unserem letzten Treffen
aber nicht“, reagierte der junge Mann gespielt betroffen.
„Ich kann mich noch genau erinnern, wie du vor Vergnügen
geschrieen hast, als ich es dir besorgt habe, immer und immer
wieder.“
|
|
Plötzlich meldete sich Joanna über den Chip in meinem
Ohr. Sie war gerade erst zu Boris gestoßen. „Das ist
Giovanni Martinelli. Ich hatte vor sechs Monaten eine Romanze
mit ihm. Er ist ein enger Freund von General Kabakov. Du musst
das Spiel also unbedingt weiter spielen, sonst war alles umsonst“.
|
|
Was? Ich sollte noch weiter so tun, als ob ich meine Schwester
wäre? Und das auch noch vor einem Mann, der offensichtlich
mit ihr geschlafen hatte und es gerne wiederholen wollte, wenn
ich seien Blick richtig deutete. „Es tut mit leid, Giovanni,
aber ich hatte dringende Geschäfte, die nicht warten konnten“.
Er sah mir in die Augen, griff grob nach meinem Handgelenk und
zog mich zu sich heran. Ich war so überrumpelt, dass ich
keine Gegenwehr leistete, als er seien Lippen ungestüm auf
meine presste und seine Zunge Einlass in meinen Mund forderte.
|
|
„Bella, wie habe ich das vermisst“, gestand er, als
seine Lippen sich wieder von meinen lösten. „Da verzeihe
ich dir sogar, dass du mich einfach ohne ein Wort hast sitzen
lassen“. Mit seiner Hand strich er über meine blasse
Wange. Ich wusste nicht, was ich darauf entgegnen sollte und Joanna
machte auch keine Anstalten, mir irgendeinen Hinweis zu geben.
„Lass uns von hier verschwinden, Bella. Ich habe ein nettes
Hotelzimmer gleich hier in der Nähe. Da können wir dort
weiter machen, wo wir vor sechs Monaten aufgehört haben“.
Ich wollte nicht mit diesem Mann mitgehen. Doch ein eindringliches
„Tue es!“ von Joanna ließ mir gar keine andere
Wahl.
|
|
Ich ging also mit diesem Giovanni mit. Vor dem Fabrikgebäude
wartete bereits ein Wagen auf uns beide und ich stieg mit ihm
in das Auto. Plötzlich meldete sich erneut Joanna über
die Wanze in meinem Ohr. „Ich will, dass du ihn mit in sein
Hotelzimmer begleitest. Lass dich auf ihn ein. Giovanni darf auf
keinen Fall Verdacht schöpfen. Boris wird kommen und die
da rausholen, bevor Giovanni zu weit gehen kann“.
|
|
Ich fühlte mich nicht wohl bei dieser Sache. Schon im Auto
wurde Giovanni zudringlich und ich konnte erahnen, wie es im Hotelzimmer
weiter gehen würde. Joanna ermahnte mich noch ein weiteres
Mal eindringlich, seine Annährungsversuche nicht zu deutlich
abzulehnen. Doch es fiel mir schwer und am liebsten hätte
ich ihn weit von mir gestoßen, als seine Hände begannen,
meinen Körper zu erkunden.
|
|
|