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Etwa eine halbe Stunde später kehrte Magda mit drei heißen Cappuccino-Bechern nach Hause zurück. „Bin wieder da“, rief sie und stelle ihre Fracht auf dem Tisch im Wohnzimmer ab. „Mutter…Klaudia…wo seid ihr?“, rief sie verwirrt, als sie uns nicht entdecken konnte.
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„Hier hinten“, antwortete ich leise um meine eigene Konzentration nicht zu stören. Vorsichtig vollendete ich den letzten Pinselstrich und schaute mein Werk zufrieden an. „Deine Mutter ist schon wieder gegangen“, erklärte ich Magda. „Sie wollte noch zu meiner Mama. Die beiden haben sich länger nicht mehr getroffen.“ Hätte ich zu Magda rüber geschaut, hätte ich gesehen, wie ihr Kopf sich langsam rot färbte. Stattdessen hörte ich sie nur ein wütendes Aufschreien und das Knallen der Schlafzimmertür.
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Doch ich nahm davon kaum Notiz. Ich hatte nur Augen für mein Bild. Ich nahm es von der Staffelei und hängte es an einen Nagel, den ich vor ein paar Tagen extra für diesen Zweck in die Wand gehauen hatte. So konnte ich das Bild viel besser begutachten. Und was ich sah, gefiel mir. Es gefiel mir sogar so gut, dass ich ohne zu zögern mein Handy zückte und meine Galeristin Melinda anrief um ihr mein neustes Werk anzubieten.
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Melinda hängte dieses Bild in ihrer Galerie auf und auch noch einige weitere in den folgenden Wochen. Und tatsächlich gelang es ihr auch, die Bilder zu verkaufen. Viel bekam ich nicht für meine Kunst, aber es reichte, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Und es blieb sogar genug übrig, um das Haus endlich zu verschönern. Mit der Hilfe meines Vaters schliff ich die alten Böden ab, strich die Fensterrahmen und Türen und besorgte noch etliche Möbel vom Flohmarkt. Langsam wurde das Haus richtig wohnlich. Die Küche war nun voll ausgestattet und endlich musste ich mich nicht länger von kalter Dosensuppe und Marmeladenbroten ernähren. Man hätte meinen können, dass bei einer so kärglichen Kost die Pfunde nur so purzelten, doch bei mir trat eher das Gegenteil ein. Ich war also froh, zur Abwechslung auch mal was Gesundes kochen zu können.
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Doch eine Küche mit Herd und Kochutensilien war noch lange kein Garant dafür, dass man darin auch wirklich etwas Essbares fabrizieren konnte. Bei meiner Mama musste ich nie selbst kochen und während meiner Zeit an der Uni habe ich immer in der Mensa gegessen. So kam es öfter vor, dass Magda und ich darum bemüht waren noch etwas Genießbares unter einer schwarz verbrannten Kruste zu finden. Magda versuchte gerade ein Stückchen verbrannten Käse runterzuschlucken, welches sich in ihrer Speiseröhre festzusetzen drohte, als ich sie ganz unschuldig danach fragte, ob sie denn nun endlich einen Job gefunden hätte.
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Kaum war dieses Thema auf dem Tisch, war der Käse auch schon wieder vergessen. „Mensch, Claude, nerv mich doch nicht ständig!“, erwiderte sie genervt. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich Zeit brauche um zu überlegen, was ich mit meinem Leben anfangen will. Ich will nicht einfach irgendwas machen. Es muss schon zu mir passen.“ Dagegen sprach ja auch gar nichts. Nur überlegte sie jetzt schon seit Wochen…und das bevorzugt feiernd in irgendwelchen Bars und Kneipen.
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Den Rest des Tages war Magda einfach nur wütend auf mich. Sie schmollte erst alleine im Schlafzimmer, doch das wurde ihr schnell zu langweilig. Also zog sie ihr Partyoutfit an und ging rüber in die Jazz-Bar an der Ecke. Immer noch sauer auf mich setzte sie sich an die Bar und bestellte einen Drink. Und dann begann sie wirklich nachzudenken…denn für den Drink musste sie ihr letztes Geld ausgeben. Es wurde Zeit, dass sie einen Job fand. Aber was sollte sie bloß machen? Eines war klar, der Job musste viel Geld einbringen und er durfte auf keinen Fall anstrengend sein.
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Wie wäre es mit Verkäuferin in einem Klamottenladen? Nee, da musste man zu früh aufstehen. Oder vielleicht Bardame in einem der Clubs in der Stadt? Nee, da verdiente man zu wenig. Dann fiel ihr Blick plötzlich auf den Mann am Piano und langsam formte sich eine Idee in ihrem Kopf. Irgendetwas mit Musik wäre doch cool. Ein bisschen Musik spielen, noch etwas singen und schon bald wäre sie ein richtiger Star. Ja, ein Star, das war es, was sie werden wollte!
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Als der Pianist schließlich eine Pause einlegte, zögerte Magda nicht, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Und sie kam auch gleich zur Sache. Arbeitszeit, Vergütung, alles wurde ausgefragt. Der Pianist gab ihr den Rat, sich einmal bei der Konzerthalle zu melden. Dort wurden immer mal wieder junge talentierte Musiker gesucht. Und das würde Magda auch tun. Endlich hatte sie einen Plan für ihre Zukunft.
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Erstaunlicherweise war sie auch am nächsten Morgen noch fest entschlossen, ein Musikstar zu werden. Also machte Magda sich auf zur Konzerthalle. Ihrem Smartphone und dem Internet zum Dank fand sie die besagte Konzerthalle auch leicht. Sie staunte allerdings nicht schlecht, als sie altes Kino vorfand, das seine besten Jahre auch schon hinter sich hatte. Aber was wollte sie von einer Kleinstadt wie Rodaklippa auch erwarten? Wenn sie erst einmal berühmt war, dann konnte sie ja in die großen Hallen in SimCity, SimVegas und Simtropolis füllen.
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Während Magda versuchte einen Job zu ergattern, stand ich vor dem Fenster im Wohnzimmer und starrte auf unser neues Nachbarhaus. Es war ganz hübsch geworden. Etwas altbacken vielleicht, aber trotzdem sehr nett. Und die Bewohner waren vermutlich auch nett. In meinem Inneren tobte ein Kampf. Sollte ich einfach mal rüber gehen und mich vorstellen? Immerhin waren wir Nachbarn, da wäre es doch nett, sich kennenzulernen. Aber meine eigene Schüchternheit stand mir mal wieder im Weg.
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Es dauerte lange, aber irgendwann überzeugte ich mich selbst, dass mir schon niemand den Kopf abreißen würde, wenn ich mich einfach mal vorstelle. Und vielleicht war auch gar niemand Zuhause? Und wenn doch, mehr als ein paar Worte würden wir ohnehin nicht wechseln, was sollte also schon passieren? Ich ging daher hinüber und klingelte. Ich wartet, doch niemand d öffnete. Erleichterung machte sich in mir breit und ich ging die Treppe der Veranda wieder hinunter. Immerhin hatte ich guten Willen bewiesen, mehr konnte man nicht erwarten. Doch dann öffnete sich die Haustür doch noch. Eine ältere Dame kam heraus und ging auf mich zu. „Sie sind doch unsere Nachbarin“, begrüßte sie mich freundlich. „Ich habe sie schon ein paar Mal durchs Fenster gesehen. Mein Name ist Lutzenbacher, Agatha Lutzenbacher.“ „Klaudia Blech“, stellte ich mich im Gegenzug vor. „Es ist schön Sie kennenzulernen.“
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Frau Lutzenbacher lud mich sofort zu sich nach Hause ein. Sie bot mir einen Kaffee an, den ich aber dankend ablehnte und dann setzten wir uns auf die Wohnzimmercouch und sie begann mir von ihrer Familie zu erzählen. Sie war seit über vierzig Jahren verheiratet, ihr Mann Franz Josef hat früher als Wissenschaftler gearbeitet, doch inzwischen war er im Ruhestand. Dafür ist ihr älterer Sohn Adalbert in die Fußstapfen des Vaters getreten. Er hat gerade einen neuen Job im wissenschaftlichen Institut von Rodaklippa angenommen, daher auch der Umzug von Simfort hierher. Dann erzählte sie mir noch von ihrer Tochter Eulalia und ihrem jüngsten Sohn Gernot.
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Ich stellte schnell fest, dass Frau Lutzenbacher sehr gesprächig war. Ich kam kaum dazu, ihr auch etwas von meiner Familie zu erzählen. Nach gut einer Stunde teilte ich Frau Lutzenbacher mit, dass ich nun langsam gehen müsste. Wir erhoben uns vom Sofa und sie begleitete mich zur Haustür. Ich lächelte verlegen, weil ich nicht wusste, wie ich das Treffen nun beenden sollte. Doch das übernahm Frau Lutzenbacher für mich. „Auf gute Nachbarschaft, Frau Blech“, sagte sie zum Abschied. Und nach diesem netten Zusammentreffen hatte ich keine Zweifel, dass wir gut miteinander auskommen würden.
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Ich weiß zwar nicht wie sie es angestellt hatte, aber es war Magda doch tatsächlich gelungen, sich einen Job zu angeln. Kaum hatte sie das Konzerthaus verlassen, griff sich auch schon nach ihrem Handy und wählte Rons Nummer. Sie bat ihn zu ihr zu kommen und kurze Zeit später traf er im Park an der Strandpromenade ein. „Ich hab einen Job!“, begrüßte sie ihn laut quietschend, als er zu ihr herüber schlenderte. Dabei klatschte sie euphorisch in die Hände. Ihr Gesicht war ein einziges Grinsen. Und die Freunde über den neuen Job war nicht der einzige Grund dafür. Nachdem Ron sie damals auf der Party versetzt hatte, rechnete sie jedes Mal aufs Neue damit, dass er wieder eine Verabredung platzen lassen würde. Doch heute wurde sie nicht enttäuscht.
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„Das freut mich für dich, Schatz“, erwiderte er und meinte es aufrichtig. „Was sind denn deine Aufgaben?“ „Ach, nichts besonderes“, winkte Magda ab. „Ich soll wohl einfach für die anstehenden Konzerte die Werbetrommel rühren. Flyer verteilen und dabei nett lächeln.“ „Nett lächeln kannst du in jedem Fall“. Bei diesen Worten ergriff Ron Magdas Hände. „Schön, dass du gleich gekommen bist“, hauchte sie und blickte ihn schüchtern an. Ron merkte gleich, dass sie immer noch verunsichert darüber war, dass er der Einladung zu ihrer Party nicht gefolgt war. Er hatte sich zwar schon mehrmals entschuldigt, aber er wiederholte es lieber einmal zu viel als zu wenig. „Ich verspreche dir, dich nie wieder zu versetzten, Schatz. Aber ich hatte sehr wichtige Gründe, warum ich nicht zur Party kommen konnte. Das musst du mir glauben.“
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Mit diesen Worten zog er sie zu sich heran und küsste sie. Magdalena schmolz förmlich dahin. Wer konnte diesen Lippen schon widerstehen? Sie vertraute ihm vollkommen…zumindest fast. Wenn er ihr doch einfach sagen würde, was diese wichtigen Gründe genau waren. Dann wäre alles so viel einfacher. Aber…oh, diese Lippen…
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