Aufgabe2
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Gernot bot natürlich an, mich nach Hause zu begleiten, doch ich lehnte mit der Begründung ab, dass ich noch kurz bei der Galerie vorbei gehen müsste. Ich konnte Gernot genau ansehen, dass er erkannte, dass dies nur ein Vorwand war. Aber er drängte nicht weiter und verabschiedete sich von mir mit einer ungelenken Umarmung. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Umweg durch die Innenstadt an der Galerie vorbei zu nehmen. Und ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich Gernot nicht erlaubt hatte, mich zu begleiten. Der einzige Grund dafür war Angst gewesen. Denn ich wusste genau, dass wir uns diesmal wirklich geküsst hätten, wenn mir an meinem Haus angekommen wären. Und so sehr ich mir das auch wünschte, so sehr fürchtete ich mich auch vor diesem Kuss. Was wenn ich noch nicht bereit war? Und viel schlimmer, was wenn er den Kuss furchtbar finden würde? Ich hatte immerhin keine Erfahrung und würde sicher alles falsch machen.

 
 
 

„Dad, warte doch. Dad!“ Dieser Ruf riss mich aus meinen Gedanken. Er kam von vorne und als ich in die Richtung schaute, bemerkte ich Ron, der mir genau entgegen kam. Aber es war inzwischen dunkel und die Straße war nur schwach beleuchtet, sodass der Freund meiner Cousine mich nicht sah oder einfach nicht erkannte. Der Ruf kam von einem Jungen, vielleicht Anfang 20, aber eindeutig jünger als ich. Ich blickte mich um, konnte aber auf der Straße niemanden entdecken, der der Vater dieses Jungens ein könnte. Irgendetwas war hier doch komisch, insbesondere da Ron plötzlich stehen blieb und sich nach dem Jungen umdrehte.

 
 
   
 

„Dad, du hast vergessen mir die Autoschlüssel zu geben“, sagte der Junge außer Atem als er Ron erreichte und streckte ihm seine offene Hand hin. Ron befühlte von außen die Hosentaschen seiner Jeans und zog lachend den gesuchten Schlüssel hervor. „Oh man, Dad, wegen dir komme ich jetzt auch noch zu spät!“, beklagte sich der Junge. „Samantha wir mir den Kopf abreißen. Ich bin doch schon zu unserem letzten Date eine halbe Stunde zu spät aufgetaucht.“

 
   
 
 

Ganz wie von selbst hatte ich mich hinter einen Klappaufsteller geschoben und beobachtete Ron und diesen Jungen aus dem verborgenen. Konnte es sein? Konnte dieser Junge…In meinen Kopf ratterte es und ich wusste, dass ich jede Sekunde alles erkennen würde. „Sag ihr einfach, wie schön sie heute Abend aussieht, und sie wird dir sofort verzeihen“, antwortete Ron auf die Bemerkung des Jungen. „Und, Jamie, denk immer daran, mach nichts, was ich nicht auch machen würde.“ Er zwinkerte ihm zu. „Du weißt doch, Dad, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“ Bei diesen Worten nahm er den Autoschlüssel aus Rons Hand und flitzte wieder in die Richtung davon, aus der er gekommen war.

 
 
 
 

Dad? Apfel? Stamm? Das…das war doch nicht…Nein!!! Ich sank in die Knie, raufte mir die Haare und meine Lippen formten sich zu einem lautlosen Entsetzensschrei. Ron hatte einen Sohn! Der Freund meiner Cousine hatte tatsächlich einen Sohn, der nicht viel jünger war als sie selbst. Diese Neuigkeit würde sie aus den Socken hauen.

 
 
 
 
 
       

 

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kor. 22.04.2014