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Und so schnell wie der Regen gekommen war, verzog er sich auch wieder. Dafür stellte ich überrascht fest, dass es bereits begann zu dämmern. Die Zeit war wie im Fluge vergangen. Auf dem Festgelände wurden die Lichter eingeschaltet und ein Streichquartett begann zu spielen. „Hättest du Lust zu tanzen?“, fragte John und ich nickte freudig lächelnd. Beim Tanzen traten wir uns zwar gegenseitig ständig auf die Füße, dennoch hatte ich mich selten so glücklich gefühlt. Magda hatte so recht gehabt, mit einem schönen Äußeren war es so viel einfacher, den richtigen Mann zu finden. Ich glaube ich war dabei, mich in John zu verlieben. |
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Und ihm ging es wohl ähnlich. Denn er blickte mir tief in die Augen und auf einmal berührten seine Lippen meine. Sie fühlten sich wundervoll an. Rau und angenehm weich zur gleichen Zeit. Der Kuss lag schon den ganzen Abend lang in der Luft und trotzdem wurde ich vollkommen von ihm überrascht. |
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Nicht nur überrascht, in mir stieg die Panik auf. Er hatte mich geküsst! Dieser wundervolle Mann. Wir hatten den ganzen Tag zusammen verbracht, hatten Spaß zusammen und wir hatten uns geküsst. Und jetzt…jetzt würde er sicherlich mehr wollen. Magda wäre sicherlich ohne zu zögern mit ihm mit gegangen. Aber konnte ich das? John merkte, dass ich seinen Kuss nicht so erwiderte, wie er es sich erhofft hatte. „Hab ich etwas Falsches getan?“, fragte er besorgt, als er meinen erschrockenen Gesichtsausdruck sah. |
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„Nein…ich meine…du hast…“, stammelte ich, unfähig mich klar zu artikulieren. „Ich muss jetzt ganz dringend nach Hause“, brachte ich schließlich hervor. Und dann drehte ich mich auch schon um und lief davon. „Klaudia, warte doch!“, hörte ich John noch rufen. Doch mein Kopf hatte längst die Kontrolle über meine Beine aufgegeben. Und so lief ich so schnell mich meine Füße trugen zur Cilia Gade, ohne mich auch nur ein einziges Mal umzusehen. |
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Zuhause angekommen stürmte ich sofort in Magdas Zimmer. Ich musste unbedingt mit ihr reden. Doch meine Cousine war nicht da, also wartete ich allein in dem dunklen Zimmer, bis Magda von ihrer Bandprobe zurückkam. Magda erschreckte sichtlich, als sie den Lichtschalter betätigte und mich in ihrem Zimmer vorfand. „Claude, ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen“, protestierte sie. Doch dann sah sie mein bekümmertes Gesicht und sofort war ihr Ärger verschwunden. |
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„Was ist passiert“, fragte sie allarmiert. „Hat der Typ dir etwa etwas angetan?“ Ich versicherte Magda, dass John nichts falsch gemacht hatte. Dafür hatte ich mich wie eine blöde Kuh verhalten. Ich schilderte ihr die Geschichte und blickte am Ende traurig zu Boden. „Und John war wirklich nett. Ich hab alles kaputt gemacht. Es war nur…ich hatte solche Angst davor, dass er mit mir schlafen wollen würde. Ich meine, er hat es noch nicht einmal gesagt, ich hab es nur gedacht. Und jetzt werde ich ihn vermutlich nie wieder sehen. Ich kenn weder seinen Nachnamen noch habe ich eine Nummer.“ |
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Magda legte mir aufmunternd die Hände auf die Schulter. „Claude, du hattest einfach Angst. Das ist ok. Und vielleicht ist dieser John morgen ja noch mal auf dem Festgelände. Wenn ihm wirklich etwas an dir liegt, wird er morgen dort warten und wenn nicht, dann war er ohnehin nicht der Richtige. Und vielleicht…vielleicht solltest du dein Erstes Mal hinter dich bringen. Ich weiß, die Vorstellung ist schön es mit jemandem zu verbringen, den man wirklich liebt. Aber du hast solche Angst davor, dass du den Richtigen eher versrecken würdest. Ich sag ja nicht, dass du gleich mit dem Erstbesten schlafen sollst. Aber vielleicht wäre ein Mann, an dem dir nicht ganz so viel liegt, genau der Richtig dafür.“ |
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Im ersten Moment hörten sich Magdas Worte falsch an. Ich sollte mit einem Mann schlafen, den ich nicht liebte? Aber vielleicht sollte ich doch über diese Idee nachdenken. Aber nicht heute. Jetzt wollte ich nur noch schlafen. „Darf ich heute bei dir bleiben?“, fragte ich Magda zaghaft. Als Antwort lächelte sie nur sanft. „Klar, Claude. Komm aber bloß nicht auf die Idee, mit mir zu kuscheln.“ |
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Teil 4 |
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Am nächsten Morgen fuhr ich immer wieder zum Festgelände, um nach John Ausschau zu halten. Doch leider traf ich ihn dort nicht an. Und auch an den kommenden Tagen ließ er sich nicht noch einmal dort blicken. Es machte mich wirklich traurig, dass ich ihn offenbar mit meinem kindischen Verhalten dauerhaft verschreckt hatte. Und ich allein trug die Schuld an dem Debakel. Hätte ich auf Johns Kuss souveräner reagiert, dann wären wir vielleicht zusammen gekommen. |
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Auch Magda merkte, wie deprimiert ich war, als schlug sie vor, dass wir am Wochenende gemeinsam in die Disco gehen sollten. „Die Musik wird dich aufheitern“, sagte sie. „Und wer weiß, vielleicht triffst du dort John oder einen anderen netten Mann. Das Meer ist voller Fische.“ Da ich wusste, dass John sicher nicht wieder auftauchen würde, wenn ich weiter zuhause Trübsal blies, stimmte ich nach längerem Zögern zu. Wir gingen ins „Emergency“, einer Disco in der Innenstadt, welche auch gut besucht war. Magda orderte gleich eine Runde Cocktails für uns. Die hatte ich auch bitter nötig, denn sofort als ich die Disco betrat, fühlte ich mich fehl am Platz. Hier war es so laut und bis auf Magda kannte ich niemanden. Das war irgendwie nicht meine Welt. |
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Dafür aber umso mehr Magdas. Wir waren keine zehn Minuten an der Theke, als auch schon ein Mann auf Magda zukam und begann mit ihr zu flirten. Magda ging sofort auf seine Annährungsversuche ein und schon sah ich, wie die beiden auf der Tanzfläche standen und ihre Körper gemeinsam zur Musik bewegten. |
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Jetzt war ich also ganz allein. Nervös schlürfte ich an meinen Cocktail. Immerhin war der lecker. Und ehe ich es mich versah war das erste Glas leer und ich bestellte mir einen zweiten Drink. Vorsichtig schaute ich mich auf der Tanzfläche um. Ein paar gutaussehende Männer waren wirklich da. Aber leider hatten die meisten auch schon eine Frau an ihrer Seite. Wie Magda mir vorher geraten hatte, stellte ich mich gut sichtbar an die Bar und hoffte, dass mich vielleicht einer der Männer ansprechen würde. |
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Doch die Minuten vergingen und ich stand immer noch ganz alleine da. Inzwischen hatte ich auch schon meinen zweiten Cocktail geleert. Die Hoffnung keimte kurz in mir auf, als ein Mann zielstrebig auf mich zuschritt. Aber als ich fast schon dachte, er würde mich ansprechen, realisierte ich, dass er lediglich an der Getränkekarte interessiert war, die hinter mir auf der Theke stand. Die Tränen schossen mir in die Augen. Das würde doch niemals klappen. Ich wollte nur noch nach Hause und mich in meinem Bett verkriechen. |
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Ich hielt nach Magda Ausschau um ihr Bescheid zu geben, dass ich gehen wollte, und entdeckte, wie sie schon mit dem nächsten Typen flirtete. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie machte sie das bloß? |
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Da ich den Anblick nicht länger ertragen konnte, drehte ich mich weg und orderte den nächsten Drink. Währenddessen flüsterte meine Cousine ihrer neuen Eroberung etwas ins Ohr. „Hey, Israel, siehst du das heiße Mädel vorne an der Bar? Die mit dem roten Kleid?“ Der dunkelhäutige Mann nickte. „Das ist meine Cousine Klaudia. Sie hatte in letzter Zeit etwas Pech mit den Männern und könnte eine kleine Aufmunterung gebrauchen. Würdest du mir den Gefallen tun, und ein wenig mit ihr flirten?“ |
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„Mit deiner Cousine?“, fragte er gespielt ungläubig. „Magda, Babe, du weißt doch, dass ich nur Augen für dich habe. Ich würde viel lieber mit dir flirten.“ Magda lächelte zwar verführerisch, doch sie winkte ab. „Israel, wie oft hast du schon versucht, bei mir zu landen? Wir hatten eine tolle Nacht, du bist nett, aber es knistert einfach nicht zwischen uns. Du kannst dir so viel Mühe geben, wie du willst, du würdest heute Nacht doch wieder allein nach Hause gehen. Aber wenn du es bei meiner Cousine versuchen würdest, nun dann…“ Israel blickte noch einmal zu mir rüber. „Schlecht sieht sie wirklich nicht aus. Tolle Figur, nettes Gesicht. Aber warum musst du sie mir dann so anpreisen? Da muss doch etwas faul sein?“ „Glaub mir, mit meiner Cousine ist alles in bester Ordnung. Sie ist nur sehr schüchtern…und sehr unerfahren. Sehr, sehr unerfahren, wenn du verstehst was ich meine. Und ich glaube, es würde ihrem Selbstbewusstsein helfen, wenn sie ein wenig Erfahrung sammeln könnte.“ |
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Auf Israels Gesicht erschien ein spöttisches Lächeln. „Du willst echt, dass ich deine Cousine entjungfere? Ist das dein Ernst?“ Magda boxte ihn leicht gegen den Oberarm, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte. „Sieh es einfach als eine gute Tat an“, erwiderte sie. „Außerdem muss ich dir zugestehen, dass du ganz genau weißt, wie man ein Mädchen glücklich macht. Es ist kein Zufall, dass ich ausgerechnet dich frage. Klaudia wäre bei dir in guten Händen.“ „Und was wäre meine Belohnung für diese Tat?“ Seine Blicke auf Magdas Körper sprachen Bände. Belustigt verdrehte sie die Augen. „Nun gut, Israel. Wenn du meine Cousine heute Nacht glücklich machst, dann verspreche ich dir, dass auch ich dich noch einmal glücklich mache.“ |
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Mehr musste Israel nicht hören. Zielstrebig kam er auf mich zu und streifte wie zufällig meinen Oberarm, sodass ich mich zu ihm umdrehte. Reflexartig entschuldigte ich mich sofort bei ihm, weil ich annahm, mal wieder im Weg gestanden zu haben. „Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich hab dich ja gestreift. Und ich muss gestehen, das war gar kein Zufall. Mir fiel einfach kein besserer Weg ein, um mit dir ins Gespräch zu kommen. In Gegenwart von solch schönen Frauen, werde ich immer etwas schüchtern.“ |
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Hatte ich etwas an den Ohren? Hatte mich dieser gutaussehende Mann gerade wirklich eine schöne Frau genannt? Die Schamesröte schoss mir in die Wangen. „Danke,…ich meine, dass macht doch nichts“, stammelte ich verlegen. Er stellte sich mir als Israel vor und ich nannte ihm meinen Namen. Als Entschuldigung bot er mir einen Drink an, doch ich lehnte dankend ab. Ich hatte schon drei Cocktails getrunken und merkte deutlich, wie mir der Alkohol zu Kopf stieg. |
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