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Am Ende war er glücklich, sich einfach fallen gelassen zu
haben. Seelenruhig döste er in Tristans Arm und genoss es,
den warmen Köper dieses Mannes neben sich zu spüren.
Auch Tristan hatte es genossen und er war begierig darauf, es
auszukosten, dass dieser junge Mann noch eine Weile das Bett mit
ihm teilen würde. Aber noch während er Stev in seinem
Arm hielt, schweiften seine Gedanken zu Frank ab. Was er wohl
gerade tat? Ob er auch gerade einen anderen Mann an seiner Seite
hatte? Tristan hatte Lust, seinem Freund von Stev zu erzählen,
ihm jede Einzelheit seines Körpers zu beschreiben und ihm
von ihrem Liebesspiel zu erzählen. Vielleicht sollte er Frank
hinzubitten, damit sein Freund auch einmal in den Genuss seines
Strandfundes kam?
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Am nächsten Morgen kam Tristan ins Arbeitszimmer, als ich
am PC saß und ich nutzt gleich die Gelegenheit mich, wenn
schon nicht bei Stev direkt, wenigsten bei Tristan für meinen
Wutausbruch zu entschuldigen. "Also, sag ihm, dass es mir
wirklich Leid tut. Aber wenn ich die Geräusche aus deinem
Schlafzimmer richtig deute, dann hast du schon deine eigene Art
gefunden, ihn zu trösten". Tristan grinste schelmisch.
"Ja, wir hatten unseren Spaß". "Ich will
mich ja nicht einmischen, Tristan", erwiderte ich, "Aber
ist Stev bewusst, dass das ganze nur Spaß für dich
ist?" Als ich Tristans entnervtes Stöhnen hört,
schallte ich schnell den PC aus und stand auf, um möglichen
Ärger zu entkommen. Doch Tristans Kommentar entkam ich nicht.
"Was geht es dich an, was ich mit Stev oder anderen Männern
treibe? Zu deiner Affäre mit Albert habe ich auch nichts
gesagt und dasselbe erwarte ich jetzt von dir".
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Wäre es nach mir gegangen, ich hätte mich noch wochenlang
in der Simlane verkriechen können. Doch zum Glück hatte
ich Freunde, die dies nicht zuließen. In einer Kleinstadt
wie Sierra Simlone Stadt verbreiteten sich Trennungsgerüchte
wie ein Lauffeuer und innerhalb kürzester Zeit, wusste der
halbe Ort bescheid. Brandi war eine der Ersten, die versuchte
mich aus meiner Höhle hervor zu locken. Und nach einiger
Überzeugungsarbeit gelang es ihr, mich zu einem Frisörbesuch
zu überreden. Das war zwar nicht ihr erster Vorschlag gewesen,
aber nach Party oder Cocktailbar war mir im Moment nicht zumute.
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Zum Frisör hätte ich eh bald wieder gemusst und Begleitung
tat mir eigentlich ganz gut. "Und Dominik hat nicht versucht,
noch einmal mit dir zu sprechen", fragte Brandi, die in einer
Zeitschrift blätterte, während die rothaarige Friseurin
damit beschäftigt war, meine Frisur wieder in Form zu bringen.
"Er hat nur mit den Kindern gesprochen", gestand ich
traurig. "Aber wenigstens lässt er meinen Fehler nicht
an den Mädchen aus". "Trotzdem hätte er noch
einmal mit dir sprechen sollen. Ihr seid jetzt seit fast 8 Jahren
verheiratet und noch viel länger zusammen. So etwas wirft
man doch nicht einfach Weg, ohne zu versuchen, ob sich da noch
etwas machen lässt. Ich hätte nicht gedacht, dass Dominik
dich so leicht aufgibt. Insbesondere wenn man bedenkt, wie sehr
er sich damals um dich bemüht hat".
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Natürlich wünschet ich mir, dass Dominik mir wenigstens
noch eine Chance gab, mich bei ihm zu entschuldigen. Vielleicht
würde er mich sogar verstehen. Und wenn es nur ein ganz kleines
Bisschen wäre. "Tut mir leid, wenn ich mich einmische",
unterbrach uns plötzlich die Friseurin. "Ich wollte
nicht lauschen, aber es war unmöglich bei ihrem Gespräch
nicht zuzuhören. Ich...ich kenne Dominik. Er hat gelegentlich
auch mich und meine kleine Schwester aufgepasst, als wir noch
Kinder waren. Damals habe ich mitbekommen, wie enttäuscht
er war, als ihn seine damalige Freundin betrogen hatte. Und in
ihrem Fall ist es ja noch um einiges schlimmer...zumindest erzählen
die Leute so einiges". Ich sah die Friseurin entsetzt an.
Man tratschte als wirklich im ganzen Ort über mich. Ich hatte
es zwar geahnt, aber jetzt hatte ich auch die Bestätigung.
"Was ich damit sagen wollte", fuhr sie fort, „ich
würde mir nicht zu viel Hoffnungen machen, dass er ihnen
noch einmal verzeiht". Brandi funkelte die Friseurin böse
an. " Niemand hat sie nach ihrer Meinung gefragt. Also hopp,
hopp machen sie sich ans Haare schneiden und behalten sie ihre
altklugen Ratschlage für sich".
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Die Friseurin nickte höflich und machte sich dann wieder
daran, meine Spitzen zu schneiden. Trotzdem machten mich ihre
Worte nachdenklich. Ich betrachtete nur beiläufig das Ergebnis
im Spiegel und stand gedankenverloren auf. Dabei wäre ich
fast in Gerda gerannt. "Hallo Gerda", begrüßte
ich sie zögerlich. Ich hatte meine Freundin nicht mehr gesprochen,
seitdem sie bei mir war und die volle Wahrheit über mich
und Albert erfahren hatte. "Hallo Oxana", grüßte
sie kühl zurück. Wir standen uns gegenüber und
keine wusste so recht, was sie als nächstes sagen sollte,
bis Gerda schließlich einen Anfang machte: "Wollen
wir vielleicht einen Kaffee zusammen trinken? Ich habe zwar einen
Termin, aber den kann ich auch verschieben. Wir haben uns viel
zu sagen, Oxana".
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Ich entschuldigte mich bei Brandi. Aber Rolands Frau verstand
genau, wie wichtig mir eine Aussprache mit Gerda war. Aus diesem
Grund schloss sie sich uns auch nicht an, wie ich es aus Höflichkeit
vorgeschlagen hatte. Wir sollten unter uns sein, damit wir offen
miteinander reden konnten. Im alten Café im Dorfzentrum
suchten wir uns einen Tisch und bestellten zwei Kaffee. Immer
noch herrschte dieses beklemmende Schweigen zwischen uns und ich
traute mich kaum, Gerda direkt anzublicken. Und auch sie schlürfte
zunächst nur gedankenverloren an ihrem Kaffee.
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Aber ich hatte sie hintergangen und deshalb lag es an mir, den
ersten Schritt zu wagen. Immerhin war Gerda schon von sich aus
auf mich zugekommen. Mehr konnte ich nicht erwarten. Ich schloss
meine Augen und atmete tief durch, bevor ich zu meiner Entschuldigung
ansetzte: "Gerda, ich wünschte, ich hätte dir nach
Alberts Tod die ganze Wahrheit erzählt. Wenn ich die Zeit
zurück drehen könnte, hätte ich es getan. Aber
ich kann nicht mehr rückgängig machen, was passiert
ist. Ich hoffe, du wirst mir irgendwann verzeihen können."
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"Ich habe dir doch schon längst verziehen, Oxana",
entgegnete Gerda. "Glaubst du ich säße hier mit
dir an einem Tisch, wenn es nicht so wäre? Ich gebe es zu,
dass ich geschockt war, als ich erfuhr, dass Kinga Alberts Tochter
ist. Als sie gezeugt wurde, habe ich noch um meine Ehe gekämpft
und es tat weh zu erfahren, dass sie Albert schon damals nicht
mehr viel bedeutet haben musste. Aber ich gebe nicht dir die Schuld,
Oxana. Albert war der verheiratete Mann und ist fremdgegangen.
Und er hat dich in eine Situation gebracht, in der du dich in
die Ecke gedrängt fühltest und keinen anderen Ausweg
sahst, als zu Lügen um es zu überstehen. Und ich rechne
dir sehr hoch an, dass du damals bereitwillig auf eine mögliche
Zukunft mit meinem Mann verzichtet hast, mir und den Kindern zuliebe."
Betrübt schaute ich auf den Tisch. Nein, es war nicht alles
Alberts Schuld. Ich hatte es zugelassen, dass wir uns näher
kamen und deshalb war ich mindestens genau so schuld an allem
wie er.
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Scheinbar konnte Gerda meine Gedanken lesen. "Wir hatten
alle Schuld, Oxana. Das wollte ich damit sagen. Albert hatte Schuld,
ich hatte Schuld und du hattest Schuld. Also verurteile nicht
ausschließlich dich selbst für das, was passiert ist.
Du hast eine, nein zwei wunderbare Töchter. Und wenn Albert
ihr Vater ist, dann solltest du dankbar sein, dass er sie dir
geschenkt hat. Sie sind zwei wundervolle Kinder und wir sollten
alle froh sein, dass sie auf der Welt sind. Albert ist nun schon
seit 8 Jahren tot. Ich will nicht mehr böse auf ihn sein.
Und auch auf dich und die Mädchen will ich nicht böse
sein. Meine Kinder haben mindestens eine Schwester dazu gewonnen.
Darüber sollten wir alle glücklich sein. Ich weiß,
die Leute werden hinter meinem Rücken über mich lachen.
Und über die werden sie gnadenlos herziehen. Und allein aus
diesem Grund sollten wir beide zusammen halten, Oxana".
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"Meinst du das wirklich ernst, Gerda?", fragte ich sichtlich
gerührt. "Nach allem was ich dir angetan habe, willst
du mir noch einmal verzeihen? Ich möchte dich auf keinen
Fall als Freundin verlieren." Gerda lächelte mich mitfühlend
an. "Das möchte ich doch auch nicht, Oxana. Ich brauche
deine Unterstützung, um die nächsten Wochen und Monate
zu überstehen". "Ich werde dir helfen, wo immer
ich kann, Gerda", erwiderte ich überschwänglich.
"Und ich verspreche dir, dass ich dich nie wieder anlügen
werde".
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Ich dankte Gott für eine solche Freundin. Ich hatte es schon
kaum geglaubt, als Gerda mir vor vielen Jahren das Verhältnis
mit Albert verziehen hatte. Sie hatte mir damals nicht nur verziehen,
sondern war bereit gewesen, Albert für mich aufzugeben. Und
jetzt verzieh sie mir auch, dass ich ein oder möglicherweise
sogar zwei Kinder von ihm hatte. Und was das anging, brauchte
ich endlich Gewissheit. Ich musste wissen, ob Klaudia die Tochter
von Albert oder Dominik war. "Das Ergebnis wir in etwa drei
Tagen vorliegen", teilte Landschwester Chlora Mpenikohl mir
mit, als ich sie in ihrer Praxis aufsuchte. "Ich werde die
Haarproben von Klaudia und ihrem Mann umgehend ins Labor nach
SimVegas schicken, dann haben sie Sicherheit".
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Ich wollte das Ergebnis wissen, ich musste es einfach, und trotzdem
hatte ich Angst davor. Mir wurde schlagartig klar, dass Klaudia
das letzte Band war, das Dominik und mich noch verband. Wenn sie
nun aber auch Alberts Tochter wäre, dann gebe es keinen Grund
für ihn, sich noch weiter mit mir auseinander zu setzen.
Ich sand ein Stoßgebet zum Himmel. Unser Vater im Himmel
wusste schon, was er tat, trotzdem war es manchmal schwer, auf
seinen großen Plan zu vertrauen.
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Das Warten auf das Testergebnis erschien mir wie eine halbe Ewigkeit.
Ich versuchte mich mit meinen Romanen abzulenken, doch das gelang
mir nur teilweise. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich
zwar die Worte auf den Seiten las, aber mit den Gedanken doch
ganz wo anders war. Stev war mir leider auch keine große
Ablenkung. Wir lebten zwar ganz gut zusammen, aber wir sprachen
selten miteinander. Selbst, wenn wir, wie jetzt, im selben Raum
waren, war ich in mein Buch und er in seine Malerei vertieft.
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Dabei war er mir keineswegs gleichgültig, ganz im Gegenteil.
Ich machte mir Sorgen um ihn, denn ich sah, wie er Tristan von
Tag zu Tag verliebter ansah. Er war wirklich glücklich, aber
nur, weil er nicht wusste, dass er für Tristan nur ein Abenteuer
war. Ein Abenteuer, das dieser durchaus genoss, das aber nichts
mit wahren Gefühlen oder gar Liebe zu tun hatte.
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Und ich wollte nicht mit ansehen, wie Stev verletzt wurde. Wenn
Liebe nur einseitig erfolgte, dann wurde am Ende immer jemand
verletzt. Wegen mir hatte Dominik das am eigenen Leib zu spüren
bekommen und ich wollte verhindern, dass es Stev wie meinem Ehemann
erging. Daher nahm ich in an einem Vormittag beiseite, um ihn
über Tristan aufzuklären. "Tristan hat einen festen
Freund, Stev. Und er hat nicht vor Frank zu verlassen. Die beiden
sind schon seit einer Ewigkeit zusammen und wenn ich Tristan richtig
verstanden habe, dann suchen sich die beiden öfter einmal
kurzzeitig andere Partner. Wenn das für die beiden in Ordnung
ist, dann will ich mich da gar nicht einmischen, aber ich finde,
dass du das Recht hast zu erfahren, woran du bist".
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Genau diesen Ausdruck in Stevs Augen hatte ich vermeiden wollen.
Doch scheinbar war es dafür bereits zu spät. Stev sah
mich traurig an und wusste gar nicht, was er erwidern sollte.
Er glaubt mir, dass konnte ich auf Anhieb erkennen. "Danke,
dass du es mir gesagt hast", sagte er schließlich betroffen.
"Das...das habe ich tatsächlich nicht gewusst. Aber
na ja, so schlimm ist das gar nicht. Ich komme schon irgendwie
klar". Natürlich würde er klar kommen, denn schließlich
mussten wir das alle. Aber so gleichgültig, wie er vorzugeben
versuchte war Stev Tristans Betrug doch nicht.
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Das erkannt ich alleine daran, dass er anschließend begann,
das Haus gründlich zu putzen. "Es ist halt schmutzig
und ich will auch meinen Anteil zur Hausarbeit beitragen",
redete er sich heraus, als ich ihn darauf ansprach, aber ich erkannte,
dass er nur über seinen Schmerz hinweg täuschen wollte.
Und aus eigener Erfahrung wusste ich nur zu gut, dass man beim
Putzen die Welt um sich herum vergessen konnte. Wenn doch die
eigenen Probleme nur so leicht verschwinden würden, wie die
Kalkflecken im Waschbecken.
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