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Ich schämte mich dafür. Besonders am Anfang fiel es mir schwer, mit Dominik zu schlafen. Aber irgendwann gewöhnte ich mich daran. Irgendwann hatte es einfach aufgehört, unangenehm zu sein. Ich hatte gelernt, im Bett meinen Kopf auszuschalten. Ich gab mich Dominik hin und wanderte in Gedanken zu Albert. Ja, in gewisser Hinsicht war ich eine Schauspielerin gewesen, denn die Freuden die ich empfand, galten lange Zeit nicht ihm, sondern einem anderen Mann. Dominik trat nun doch wieder näher zu mir heran. "Du warst oft kühl, Oxana. Aber auch dafür liebte ich dich. Ich habe dich nie anders kennen gelernt. Ich dachte immer, dass das deine Art sei, dass du es nicht brauchst, ständig geküsst und liebkost zu werden. Wir haben uns auch so super verstanden. Und dann als Kinga auf die Welt kam, hast du sie auch nicht anders behandelt. Du hast sie gut umsorgt, aber mit einer Kühle, die du auch mir gegenüber zeigtest und das war damals der endgültige Beweis für mich, dass du kein Mensch bist, der seine Liebe offen an den Tag legt. Das war in Ordnung für mich, denn ich hatte nie daran gezweifelt, dass diese Liebe für mich vorhanden war. Aber scheinbar habe ich mich getäuscht."


Er blickte enttäuscht zu Boden. "Es tut mir alles so wahnsinnig leid, Dominik. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, würde ich es machen", beteuerte ich. "Ich bereue nicht, dass ich dich als Kingas Vater gewählt habe, denn ich hätte keine bessere Wahl treffen können. Aber ich bereue es, dass ich so lange Zeit damit verschwendet habe, einem anderen Mann hinterher zu laufen, obwohl du immer da warst und mich geliebt hast. Ich habe viel zu spät erkannt, dass ich dich auch liebe". Ich sah in Dominiks Augen, dass er mir glauben wollte. Aber das war nicht so leicht. "Und trotzdem hast du eine Affäre mit Albert begonnen. Dabei waren wir schon seit sechs Jahren zusammen. Hatte ich dir in dieser Zeit etwa nicht gezeigt, wie sehr ich dich liebe? Hatte ich dir nicht gezeigt, dass Kinga für mich mein ein und alles war? Du warst sogar schon mit Klaudia schwanger, als deine Affäre mit Albert noch lief".


Mit einem Mal wich sämtlich Farbe aus meinem Gesicht und ich riss entsetzt meine Augen und meinen Mund auf. Hätte ich anders reagiert, womöglich wäre alles gut geworden, aber jetzt konnte Dominik nicht anders, als seinen vorherigen Gedanken weiter zu denken. Ich war bereits mit Klaudia schwanger, als meine Affäre mit Albert noch lief. Ich hatte diesen Gedanken verdrängt. Schon vor vielen Jahren hatte ich ihn in eine Kiste gepackt und weit nach hinten in mein Gedächtnis verbannt. Und jetzt kehrte er mit einem gewaltigen Knall zurück.


Zuerst wurde Dominiks Gesicht zu einer steinernen Maske der ungläubigen Fassungslosigkeit. "Sag mir, dass das jetzt ein Scherz ist, Oxana. Sag es mir!". Er fing wieder an zu brüllen und im Gegensatz zu jetzt erschien mir sein letzter Wutanfall wie eine seichte Brise. "Was bist du nur für ein Mensch, Oxana? Hast du überhaupt kein Gewissen? Weißt du überhaupt, was du mir angetan hast? Du hast mir mit einem Schlag beide Kinder genommen. Das mit Kinga kann ich ja noch irgendwo nachvollziehen. Das war eine Kurzschlusshandlung. Aber warum musstest du mir auch noch Klaudia als mein Kind unterschieben? Macht es wirklich so viel Spaß mich zu verarschen?"


Ängstlich wich ich zurück. Doch der Sessel hinderte mich daran, mich noch weiter von Dominik zu entfernen, dessen Zorn immer weiter anwuchs. Auf die Armlehne gestützt flechte ich ihn an: "Dominik, es tut mir alles so wahnsinnig leid. Ich wollte dich nicht verlieren, deshalb habe ich geschwiegen. Außerdem habe ich gefühlt, dass Klaudia deine Tochter ist. Spürst du es denn nicht auch?" "Du fühlst es? Du fühlst es?! Du wist doch gar nicht, was Gefühle sind!"


"Ich werde dir zeigen, was Gefühle sind, was Schmerzen sind". Dominiks Hand ballte sich zu einer Faust und er holte aus. Ich schloss einfach nur meine Augen und wartete auf den Schlag. Ich hatte es verdient. Ich hatte ihn belogen, was Kinga anging und ich hatte ihn nicht darüber aufgeklärt, dass Klaudia womöglich gar nicht seine Tochter war. Und ich hatte ihn über Jahre glauben gemacht, dass ich ihn lieben würde. Dabei habe ich mich hinter seinem Rücken mit Albert getroffen. Er hatte alles Recht der Welt mich dafür zu hassen. Und wenn ich dadurch nur einen winzigen Teil der Schuld wieder gut machen könnte, dann hatte er auch das Recht mich zu schlagen.


Doch er tat es nicht. Im letzten Moment zog er seine Faust wieder zurück. Stattdessen fing er an zu schluchzen. "Verdammt, Oxana. Ich bin nicht einmal Manns genug das durchzuziehen!" Frustriert wendete er sich von mir ab. "Ich bin fertig mit dir, Oxana. Ich ertrage es nicht mehr, in deiner Nähe zu sein. In diesem Haus hält mich nichts mehr. So wie es aussieht, sind meine beiden Töchter keine Blechs, sondern Kappes. Und du, du hast mich lange genug zum Narren gehalten. Such dir jemand Neues dafür. Ich habe genug von diesem Spiel." Er hatte die ganze Zeit mit dem Rücken zu mir gesprochen. Und ohne sich auch noch ein letztes Mal zu mir umzudrehen, schritt er durch die Esszimmertür.


Und lief dabei direkt in Kingas Arme. Meine ältere Tochter stand in der Tür, ihr Gepäck neben sich gestellt und blickte ihren Vater verwirrt an. "Was soll das heißen, Papa, Klaudia und ich seien keine Blechs, sondern Kappes?" Die Kraft wich aus meinen Beinen und ich sackte wie betäubt in den Sessel. Kinga hatte also mitgehört. Wahrscheinlich nur das Ende unseres Streits, aber das war mehr, als sie hätte hören sollen. Dominik blickte seine Tochter an und musste nicht, was er sagen sollte. "Ich...ich muss jetzt gehen", stammelte er verwirrt. "Frag am besten deine Mutter".


Ähnlich wie er es am Morgen schon bei mir getan hatte, schob er sich ohne weitere Erklärung an seiner Tochter vorbei und verließ das Haus. Kinga stand einige Sekunden wie angewurzelt da. Dann lief sie zu mir ins Esszimmer, Doch ich starrte nur wie hypnotisiert ins Leere. Ich reagierte nicht einmal auf Kingas Rufe. Also lief sie zurück auf die Veranda. "Papa, komm zurück! Du kannst doch nicht einfach so verschwinden. Ich will wissen was hier los ist! Papa, bitte komm zurück". Doch auch Dominik reagierte nicht auf ihre Rufe und entfernte sich mit gleichmäßigen Schritten vom Haus.


"Mama! Mama!" ich zuckte zusammen und blickte in das Gesicht von Kinga, die schon eine Weile vor mir stand und nach mir rief. Ich hatte sie einfach nicht gehört. Mein Tränenverschmiertes Gesicht war ihr nicht entgangen und da sie den Streit mitbekommen hatte, wusste sie, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. "Was hast du getan, Mama? Was hast du gemacht, dass Papa weg gegangen ist?" Es waren harte Worte des Vorwurfs, die mich trafen. "Und was meinte Papa damit, dass ich keine Blech sei? Warum hat er so etwas gesagt?"


"Weil es die Wahrheit ist, Kinga". Augenblicklich verstummte meine Tochter. "Dominik ist nicht dein Vater. Und was deine Schwester angeht, so bin ich mir nicht sicher. Aber dein Vater...ich meine Dominik...ist überzeugt, dass er es nicht ist." Ich konnte Kinga nicht einmal in die Augen sehen, als ich sprach. Was ich dort gesehen hätte, wäre wachsender Zorn und Enttäuschung. Von beidem hatte ich an diesem Tag schon genug gesehen. Kinga würde ohnehin bald alles erfahren, also konnte ich es ihr auch direkt sagen: "Albert Kappe ist dein leiblicher Vater. Und möglicherweise ist er auch Klaudias Vater. Aber das spielt doch ohnehin keine Rolle mehr. Dein Vater hat uns verlassen".


"Du Lügst mich an, Mutter!", warf Kinga mir wütend vor. "Papa ist mein Vater. Das hast du dir doch bloß alles ausgedacht". Doch ich schüttelte lediglich traurig den Kopf. "Nein, Kinga. Albert ist dein Vater". Aber Kinga wollte nicht auf mich hören. "Nein, nein, nein!", schrie sie immer wieder. "Das hast du alles erfunden. Du wolltest doch nur, dass Papa und verlässt. Du wolltest, dass er uns nicht mehr liebt. Ich hasse dich dafür, Mutter. Ich hasse dich!"


Es war seltsam, aber Kingas bittere Worte perlten einfach an mir ab. Als sie merkte, dass ich zu keiner weiteren Reaktion mehr bereit war, drehte sie sich schreiend um und rannte in ihr Zimmer. Die Tür schloss sich mit einem gewaltigen Knall, kurz darauf hörte ich, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Ich blieb einfach in dem Stuhl sitzen und starrte weiterhin in die Leere. In wenigen Stunden war mein gesamtes Leben in sich zusammen gebrochen.

 

 


Tristan ahnte nichts von den Turbulenzen, die gerade in die Simlane erschütterten. Er genoss es einfach, am Strand zu liegen, dem Meeresrauschen zu lauschen und sich zu sonnen. Mit ein wenig Sonne sah sein blasser Hautton nicht ganz so schweinerosa aus. Außerdem konnte er jetzt gut eine Mütze schlaf gebrauchen. Auch wenn Hans und er letzte Nacht keine Typen mehr abgeschleppt hatten, haben sie noch bis in die frühen Morgenstunden in einer Stranddisco verbracht. Tristan war fast schon eingedöst, als Hans ihn mit einer Muschel bewarf. "Hey Tristan, schau mal, wer da gerade ins Wasser steigt".


Tristan hob müde seinen Kopf. Allerdings wurde er sofort hell wach, als er den braunhaarigen Schnuckel vom letzten Abend entdeckte. Zaghaft tauchte der junge Mann in schwarzer Badehose seine Beine in das kühle Nass. Bis zur Hüfte ging es auch ganz gut voran, doch als es darum ging, den Rücken einzutauchen, stellte er sich auf die Zehnspitzen, um dem kalten Wasser möglichst lange auszuweichen. Doch es nütze nicht viel. Bereits die nächste Welle erfasst ihn und hüllte seinen kompletten Körper ein. Nur der braune Wuschelkopf blieb über Wasser.


Tristan zögerte nicht lange und stieg ebenfalls ins Wasser. Allerdings viel der Einstieg gleich doppelt schwer, denn sein Körper war von der Sonne schön aufgeheizt und das Wasser wirkte gleich doppelt so kalt. Aber da musste er durch. Erst einmal eingetaucht, war die Kälte kein Problem mehr und er schwamm auf den Unbekannten zu und zwar genau vor diesem Herr. Im Vorbeischwimmen begrüßte er ihn: "Hallo widerspenstiger Braunschopf. Wie ich sehe, bist du heute wieder ganz einsam unterwegs. Redest du heute mit mir?" Der Bursche sah ihn verwirrt an, grinste aber. Trotzdem war er nicht so gesprächig, wie Tristan gehofft hatte. "Hallo, aufdringlicher Rotschopf und tschüss", erwiderte er und schwamm in eine andere Richtung weiter.


Das lief irgendwie schon wieder nicht so wie geplant. Tristan hätte den jungen Mann hinterher schwimmen können, aber irgendwie zweifelte er daran, dass er auf diese Art und Weise Erfolg haben würde. Vielleicht war er doch nicht so gut im Männer aufreisen, wie er bisher gedacht hatte. Irgendwie war es viel leichter, sich von den Typen anmachen zu lassen. Missmutig stieg er aus den Wellen. Jetzt musste er sich wieder neu eincremen, ansonsten hätte er bei seiner Haut gleich einen Sonnenbrand. Und Wasser im Ohr hatte er zu allem Überfluss auch noch.


Hans döste immer noch in der Sonne. Doch irgendwie hatte Tristan keine Lust mehr, tatenlos in der Sonne zu braten. Er cremte sich schnell neu ein und spazierte dann barfuss am Strand entlang. Einige hundert Meter von seinem Handtuch entfernt, entdeckte er schon wieder den Braunhaarigen. Er saß im Sand und formte mit seinen Händen einen Hügel, der wohl eine Burg darstellen sollte. „Er ist wirklich noch verdammt jung", dachte sich Tristan, aber das war eigentlich kein Hinderungsgrund. Er stellte sich dem Burschen genau in die Sonne, so dass ein Schatten auf diesen viel und er zu Tristan hoch sehen musste. "Hau bitte nicht gleich wieder ab", flechte Tristan ihn an. "Ich beiße wirklich nicht. Soll ich dir vielleicht beim Sandburgenbau helfen?" Der Junge seufzte einmal, klopfte dann aber auf den Sand neben sich um Tristan zu zeigen, dass er sich setzen durfte. "Ich bin übrigens Tristan, nur falls du meinen Namen vergessen haben solltest". "Nein, habe ich nicht", grinste der Braunhaarige. "Ich heiße übrigens Stev".


Die Welt hatte schon schönere Sandburgen gesehen und so fiel es Stev auch gar nicht schwer, diese wieder zu zerstören, nachdem Tristan und er ihr Werk vollendet hatten. Kaum war er wieder aufgestanden, grummelte es heftig in seiner Magengegend. "Da hat wohl jemand Hunger", lachte Tristan, insbesondere, da Stev unverzüglich rot anlief. "Komm ich lade dich ein". Doch Stev lehnte freundlich ab. "Nein, ich zahle selber. Aber ich habe nichts dagegen einzuwenden, wenn du mir beim Essen Gesellschaft leistest".

 

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