Aufgabe1
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Aber mir wäre es vermutlich sogar egal gewesen, wenn Jamie nicht bezahlen könnte und uns sogar noch die Einrichtung aus dem Haus klaute, denn ich schwebte einfach im siebten Himmel. Nie in meinem Leben war ich glücklicher gewesen. Gernot und ich trafen uns fast jeden Abend. Meistens bei uns Zuhause, denn aufgrund der Streitigkeiten mit seiner Familie konnten wir uns bei ihm nicht treffen. Da Magda und Jamie uns aber auch nicht die Privatsphäre ließen, die Gernot und ich uns wünschten, spazierten wir viel im Park.

 
 
 

Oft brachte Gernot auch seine Hunde mit, die es sichtlich genossen, im Park herumtoben zu können. Und ich genoss es, an Gernot geschmiegt auf der Parkbank zu sitzen und Irina und Talua beim Spielen zu beobachten. Die beiden waren einfach zu niedlich.

 
     
 

Aber noch viel mehr genoss ich es, Gernots weiche Lippen auch meinen zu spüren. Bei jedem Kuss hatte ich das Gefühl, als ob mich ein Blitz träfe. Es war herrlich. Hätte mir noch vor ein paar Wochen jemand gesagt, dass ich mit einem gutaussehenden, unglaublich netten und intelligenten Mann zusammen sein würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Aber Gernot war da und er liebte mich. Und das machte mich zur glücklichsten Frau auf der Welt.

 
     
 

Doch Amors Pfeil traf offenbar nicht nur mich, sondern auch meine Cousine Magda und unseren neuen Mitbewohner. Magda hatte Jamies wohlgeformten Körper in den letzten Tagen ja bereits ausgiebig begutachtet. Und darüber hinaus stellte sie schnell fest, dass man mit ihn in den Clubs der Stadt deutlich mehr Spaß hatte, als mit mir. Nun, ich war ihr nicht böse, dass sie mich nicht mehr länger in jede Bar mitschleppe. Dafür konnte sie jetzt mit Jamie die Tanzflächen unsicher machen.

 
   
 

Sie teilten auch die Vorliebe für stark alkoholhaltige Cocktails. Und wie man ja weiß…nun ja, ich kannte es eigentlich nur vom Hörensagen…wird man nach dem ein oder andern Drink etwas lockerer. Und so begann Jamie meine Cousine anzuflirten. Eigentlich war Jamie in Magdas Augen etwas zu jung für sie, gerade mal 20, aber er sah gut aus und sie konnte einem Flirt noch nie wiederstehen. Also ließ sie sich von Jamie umgarnen und begann selbst, ihn um den Finger zu wickeln.

 
   
 

Mit jedem Cocktail wurde das Flirten der beiden heftiger. Vielleicht lag es am Alkohol oder ganz einfach an der stickigen Luft in der Disco, aber beiden wurde immer heißer und so zogen sie sich auf die Terrasse zurück. Hier wehte zwar eine kühle Nachtbrise, aber das Feuer, welches zwischen den beiden entflammt war, konnte diese auch nicht mehr mindern. Und so ließen Magda und Jamie ihrem Verlangen freien Lauf und begannen wild rumzuknutschen.

 
     
 

Jamie war vielleicht noch jung, aber das was ihm an Erfahrung fehlte, machte er mit seiner Leidenschaft und Ungestümheit mehr als wett. Und er war herrlich durchgeknallt, wie Magda bald feststellt. „Los, zieh dich aus“, flüsterte er ihr zu und Magda machte große Augen, weil sie dachte, er wolle hier und jetzt…Doch dann bemerkte sie, dass Jamie mit seinem Kopf auf den Pool deutete. Und bevor sie noch etwas erwidern konnte, entledigte er sich seiner Kleidung, warf sie achtlos an den Poolrand und sprang völlig unbekleidet in das kühle Nass.

 
     
 

Im ersten Moment wusste Magda gar nicht, wie sie reagieren sollte. Doch ein Blick in die inzwischen recht leere Disko bestätigte, dass sie wohl nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen würde. Und selbst wenn, in diesem Moment war es ihr egal. Also streifte sie ihr High Heels ab, zog sie ihr Kleid aus, warf alle Bedenken über Bord und stieg zu Jamie in den Pool. Was bereits die Nachtbriese nicht geschafft hatte, vermochte auch nicht das kühle Wasser. Und in dieser Nacht tauschten Jamie und Magda noch viel mehr aus, als nur wilde Küsse am Poolrand.

 
   
 

Und das durfte ich zu allem Überfluss auch mit anhören. Bei dem Umbau des Hauses hätte ich vielleicht darauf bestehen sollen, dass mein Schlafzimmer und das von Magda nicht direkt nebeneinander lagen. Denn meine Cousine war…nun recht laut, wenn sie…Herrenbesuch hatte. Ich hatte fast das Gefühl, direkt in ihrem Bett zu liegen. Die Geräuschkulisse machte mehr als deutlich, dass Magda nun endgültig über Ron hinweg war. Nur wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, mit wem sie jetzt das Bett teilte.

 
     
 

Am Morgen klopfte ich zaghaft an Magdas Tür. Ich wollte ihr unbedingt von meinem Date mit Gernot erzählen. Das brannte mir schon seit gestern Abend auf den Lippen. Ich wollte mein Glück mit jemandem Teilen. „Was ist los?“, hörte ich Magda verschlafen durch die Tür murmeln und ich wagte es, die Tür einen Spalt weit zu öffnen. Magda kramte sich gerade unter ihrer Bettdecke hervor und ich sah ganz deutlich, dass eine andere Person auf der zweiten Betthälfte lag, fest eingerollt in die Decke und für mich nicht zu erkennen.

 
   
   

„Magda, ich muss dir unbedingt was erzählen“, flüsterte ich und ihren nächtlichen Besuch nicht zu wecken. „Komm bitte raus zu mir in die Küche.“ Magda guckte mich zwar zerknirscht an, aber sie stand auf, kam zu mir raus und schloss leise die Tür hinter sich zu. In der Einsamkeit der Küche erzählte ich ihr alle Details meines Dates mit Gernot. Wie er mich angelächelt hat, wie er über meine Witze lachte, wie ein Schauer durch meinen ganzen Körper fuhr, als er mich küsste. Magda hörte sich brav alles an, doch am liebsten wäre sie sofort wieder in ihr Bett zurück gekehrt. Die letzte Nacht war lang und die vielen Cocktails meldeten sich als dumpfes Brummen in ihrem Kopf zurück.

 
   

Auf einmal schwang die Tür zu Magdas Zimmer auf und ein gut gebauter, junger, blonder Mann kam heraus. Ein Mann, der mir nur zu gut bekannt war. „Guten Morgen, Mädels“, begrüßte uns mein Mitbewohner gutgelaunt. in Türrahmen blieb er stehen um sich ausgiebig zu strecken. Er tat dies, weil er genau wusste, dass dabei seine Muskeln besonders gut zur Geltung kamen. Das leuchten in Magdas Augen verriet, dass er sein Ziel bei ihr auch erreicht hatte. „Ich geh dann erst mal ins Bad“, verkündet er. „Hab ihr beiden Lust auf Rührei zum Frühstück? Ich kann gleich welches vorbereiten, wenn ich mit Duschen fertig bin.“

 
   
 

„Ich …ähm…hunger“, stammelte ich, zu überrascht, um einen klaren Satz hervor zu bringen. Jamie sah mich belustigt an. „Das fasse ich als ja auf“, erwiderte er und ging breit grinsend an mir vorbei. Der Schock war mir immer noch ins Gesicht geschrieben. „Magda, hast du etwa mit Jamie…geschlafen“, flüsterte ich, als ich hörte, dass die Tür zum Badezimmer zufiel. Magda grinste. „Ja, irgendwie hat sich das gestern so ergeben. Wir waren tanzen, hatten Spaß und dann führte das eine einfach zum anderen. Ja, ich weiß, erst ist noch etwas jung, aber ich kann dir versichern, er weiß ganz genau, was er tut.“ Magda zwinkerte mir vielsagend zu.

 
     
 

Oh Gott, nein, das durfte einfach nicht sein. Ich schnappte Magda an der Hand und zog meine überraschte Cousine in ihr Schlafzimmer. „Claude, was ist denn heute bloß los mit dir“, fragte sie überrascht und leicht genervt zugleich. „Hast du etwa etwas dagegen, dass Jamie und ich jetzt zusammen sind? Ich dachte du magst ihn!“ Zusammen? War es etwa schon so ernst zwischen den beiden? Aber es nützte nichts. Ich musste Magda die Wahrheit sagen. Ich begann hektisch mit den Händen über meinem Kopf zu fuchteln. „Magda, Jamie ist…er ist…Rons Sohn“, brachte ich die Worte schließlich heraus. So, nun war die Wahrheit auf dem Tisch.

 
   
   

Magda sah mich an, wie ein Reh, das im Scheinwerferlicht stand. „Jamie ist was?“, fragte sie atemlos. „Er ist Rons Sohn“, wiederholte ich noch einmal ganz deutlich und Magdas Augen weiteten sich noch mehr bei diesen Worten. Ich konnte den Schmerz in ihrem Gesicht deutlich erkennen. So viel dazu, dass sie die Trennung von Ron endgültig überwunden hatte. „Seit wann weißt du das?“, fragte meine Cousine tonlos. „Ich habe ihn damals zusammen mit Ron auf der Straße gesehen. Du weißt schon, an dem Abend an dem ich rausfand, dass Ron einen Sohn hat, den er dir verschwiegen hat“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

   
   
 

Schon während ich die Worte sprach, ahnte ich, dass gleich ein Donnerwetter folgen würde. Und so war es in der Tat. „Du wusstest es also schon die ganze Zeit?“, brüllte Magda mich an. „Und du hast mir nichts gesagt? Dachtest du etwa, es wäre mir Recht, wenn Rons Sohn bei uns einzieht? Du hättest es mir sofort sagen müssen, als Jamie sich bei uns als Mitbewohner vorstellte. Ich hätte dann niemals zugelassen, dass er hier einzieht!“

     
 

„Aber er tat mir so leid, als er sich bei uns vorstellte“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. „Rons neue Freundin scheint echt gemein zu ihm zu sein. Ich musste ihm einfach helfen. Und ich wusste genau, dass du ihn nicht hättest einziehen lassen, wenn du wüsstest, wer er ist. Deshalb hab ich nichts gesagt. Aber ich dachte ja nicht, dass du dich gleich in ihn verlieben würdest.“ Doch meine Worte besänftigten Magda in keinster Weise.

   
   
 

„Soll ich dir jetzt etwas auch noch danken, dass du es Ron und seiner neuen Schickse einfacher gemacht hast, den unliebsamen Sohn los zu werden?“, schrie sie mich. Erschrocken wich ich einige Schritte zurück. „Wahrscheinlich ist das alles sogar von Ron eingefädelt worden“, redete Magda weiter. „Wahrscheinlich hat er seinen Sohn absichtlich hier einquartiert um sich an mir zu rächen. Er sollte mich verführen und mich dann in aller Öffentlichkeit demütigen. Und du hast das alles zugelassen, Claude! Wahrscheinlich steckst du mit denen sogar unter einer Decke. Raus aus meinem Zimmer! Verschwinde hier! Sofort!“

 
     
 

Das brauchte sie mir nicht zweimal zu sagen. Ich hatte Magda noch nie so aufgebracht erlebt. Nicht einmal, als sie sich damals von Ron trennte. Ich hatte es richtig mit der Angst zu tun bekommen. So schnell es ging flüchtete ich in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir ab. Dann nahm ich meinen Panda an drückte ihn ganz fest an mich. Was hatte ich nur getan? Ich hatte Magda gegen mich aufgebracht. Und sie hatte ja vollkommen Recht. Ich hätte ihr schon viel früher sagen müssen, dass Jamie Rons Sohn war. Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Aber jetzt war es zu spät. Ich könnte die Zeit nicht mehr zurück drehen.

 

 

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kor. 01.06.2014