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Kurze Zeit später spazierte ein junges Pärchen in den
Laden. "Wir suchen Hochzeitsringe", verkündete
der junge Mann stolz. "Meine Verlobte hier und ich wollen
in zwei Monaten heiraten". "Was haben sie denn so im
Angebot", fragte die junge Verlobte die Verkäuferin
und diese zeigte ihr auch gleich eine Auslage mit verschiedenen
Ringen. Der junge Mann schaute sich derweil den Inhalt einer weitern
Vitrine an und wurde scheinbar fündig. "Engelchen, komm
schau dir doch die mal an. Sind die nicht wunderschön".
"Aber die sind so teuer", entgegnet die blonde Frau,
als sie das Preisschild sah. "Kannst du dir das wirklich
leisten, Schatz?". "Für dich kann ich mir alles
leisten".
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Dominik musste grinsen, als er diese Unterhaltung unfreiwillig
mithörte. "Lach nicht!", forderte ich ihn auf.
"Die beiden sind frisch verliebt und glücklich".
"Ich lache doch nicht deswegen", entgegnete Dominik.
"Ich musste nur gerade daran denken, wie ich damals deinen
Verlobungsring gekauft habe. Ich hab genau so gedacht, wie dieser
Junge da".
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Beim Thema Verlobung durchfuhr mich eine Welle der Hitze. "Kasimir
hat um meine Hand angehalten", erwähnte ich fast beiläufig
und machte unverzüglich meinen nächsten Zug und blickte
Dominik versohlen an. Der hielt sich die Hand vors Gesicht um
ein Grinsen zu verbergen. "So wie ich dich kenne, hat er
bestimmt noch keine Antwort erhalten. Und wenn er eine will, dann
sollt er sich noch ein paar Jährchen gedulden". Ich
funkelte meinen Ex-Mann verstimmt an, dann musste ich aber auch
grinsen. "Ja, da hast du irgendwie recht. Ich lasse ihn jetzt
schon seit einem 3/4 Jahr zappeln".
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Kurze Zeit später klarte der Himmel wieder auf und die Sonne
kam zum Vorschein. Dominik und ich verabschiedeten uns bei der
freundlichen Verkäuferin, gaben ihr ein Trinkgeld und machten
uns zurück auf den Weg zum Busbahnhof. Dominik unterhielt
sich mit mir, als er plötzlich merkte, dass ich nicht mehr
an seiner Seite war. Verwirrt sah er sich um uns sah, wie ich
durch ein Portal auf einen bestuhlten Platz ging. Hastig lief
er mir hinterher. "Brodlowska, warte doch. Was ist das überhaupt
für ein Ort?".
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"Das ist die Hochzeitskapelle, in der mein Bruder und Desdemona
geheiratet haben", erklärte ich und Dominik sah sich
genau um. "Ist es nicht wunderschön hier? Ich beneide
die beiden um ihre romantische Hochzeit. Sie sind einfach hier
vorbei gekommen und haben ohne weiter darüber nachzudenken
geheiratet. Und ich? Ich grüble schon seit Monaten, ob ich
Kasimir heiraten soll. Ich wünschte, ich würde nicht
immer so viel nachdenken und einfach auf mein Herz hören".
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"Dann hör auf dein Herz Brodlowska", erwiderte
er energisch und griff meine Hände. "Wenn du so lange
zögerst, dann kann er nicht der Richtige für dich sein.
Verdamm, Brodlowska, ich bin der Richtige für dich! Ich war
dumm genug dich gehen zu lassen aus verletzten Stolz heraus. Ich
werd den Fehler nicht ein zweites Mal machen." Und dann sank
er vor mir auf die Knie. "Heirate mich, Brodlowska, hier
und jetzt. Ich hab zwar keinen Ring, aber ich weiß, dass
ich dich immer noch lieb. Ich hab nie aufgehört dich zu lieben.
Das einzige, was du machen musst, ist ja zu sagen und wir werden
wieder glücklich sein". Meine Knie wurden weich und
ich dachte jeden Moment zusammen zu sacken. Hatte ich mich gerade
verhört und träumte ich etwa?
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"Klaudia wird sich sicher freuen, dich zu sehen", sagte
ich zu Dominik, als ich den Schlüssel im Schloss umdrehte
und die Haustür öffnete. Doch der Anblick, der sich
mir dort hinter bot, verschlug mir die Sprache. Ein Schwarm Fliegen
kam mir entgegen und ich nahm einen unangenehmen Geruch von schalen
Bier und ungenießbarem Essen war. Überall im Wohnzimmer
lag Müll verstreut. Leere Bierdosen, Pappbecher, Essensreste
und noch vieles mehr.
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"Kinga!", stieß ich wütend aus und marschierte,
eine ebenso verdreckte Küche und ein verdrecktes Esszimmer
passierend, schnurstracks zu ihrem Zimmer. Ich sah Licht unter
der Tür durchscheinen, also war sie wohl da. Ohne zu klopfen
stieß ich die Tür auf und bekam einen Anblick zu sehen,
auf dem ich nicht im Geringsten vorbereitet war. Kinga lag fast
völlig nackt auf dem Boden, über ihr beugte ein ebenso
wenig bekleideter Mann. Und es war kein Junge, der dort meine
Tochter begrabschte, es war in der Tat ein Mann, der altersmäßig
mir deutlich näher war, als meiner Tochter.
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"Kinga!?", keuchte ich entsetzt und lenkte sofort die
Aufmerksamkeit des Unbekannten auf mich. "Fuck!", fluchte
er und ließ sie achtlos fallen. "Warum hast du blöde
Kuh die Tür nicht abgeschlossen?" Ich war zu entsetzt,
um reagieren zu können und als der Mann hastig seine Kleider
vom Boden hob und sich an mir vorbei hinaus drängt, rückte
ich einfach nur verängstig an die Wand um ihm Platz zu machen.
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Dominik sah, wie der fremde Mann durch die Hintertür aus
dem Haus lief. Als er sah, wie ich verschreckt an der Wand lehnte
und Kinga halb nackt regungslos auf dem Boden, stellte er keine
weiteren Fragen sondern lief dem Kerl einfach hinterher.
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Es kam mir vor, als hätte ich Stunden lang regungslos an
dieser Wand gepresst verbracht, unfähig auch nur einen klaren
Gedanken zu fassen, bis ich mich schließlich selbst schreien
hörte: "Kinga! Kinga!" Ich löste mich aus
meiner Erstarrung und beugte mich hastig zu ihr hinunter. "Kinga
mein Schatz, was ist mit dir?", fragte ich immer wieder und
strich über ihr Gesicht. Doch sie antwortet nicht. Sie blickte
mich aus glasigen Augen an, bis sich ihre Augen verdrehte und
nur noch das Weiße zu sehen war. Dann verlor sie das Bewusstsein.
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Keuchend kam Dominik zurück gelaufen. "Verdammt, dieser
Mistkerl ist mir entwischt", fluchte er. "Was hat er
unserer Prinzessin bloß angetan?" Ich wusste es nicht
und ich wollte es mir auch nicht ausmalen. "Hol schnell Schwester
Mpenikohl", flehte ich ihn an und schlug Kinga immer wieder
leicht ins Gesicht, damit sie wieder zu Bewusstsein kam. Doch
kaum hatte sie die Augen geöffnet, begannen sie zu zucken
und Kinga viel abermals in Ohnmacht. Dominik lief sofort los.
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Obwohl Dominik lediglich zehn Minuten brauchte, um mit der Landschwester
wieder in der Simlane zu sein, kam es mir wie eine Ewigkeit vor.
Eine Ewigkeit, in der ich um das Leben meiner Tochter bangte.
Dominik hatte Mühe, mich von ihr los zu reisen, damit Schwester
Mphenikohl sich um Kinga kümmern konnte. Und auch jetzt hielt
er mich fest im Arm. Anders wäre ich direkt zusammen gebrochen.
"Sie schläft jetzt", erklärte die Landschwester
und untersuchte Kinga noch einmal. "Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel
gegeben. Ihr Puls ist jetzt wieder normal".
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"So wie ich das sehe, fehlt ihr sonst nichts. Aber ich habe
das hier auf dem Boden gefunden", die Landschwester hielt
einen kleinen durchsichtigen Beutel mit einigen feinen weißen
Kristallen hoch. "Ich vermute, dass es Crystal Meth, oder
eine ähnliche Droge ist. Allem Anschein nach, hat ihre Tochter
eine leichte Überdosis genommen. Es ist nicht lebensbedrohlich",
versicherte sie schnell ", sie wird nur etwas Zeit brauchen,
um wieder zu sich zu finden. Ich würde ihnen dringend empfehlen,
mit ihr zu einer Drogenberatung zu gehen". Ich konnte kaum
glauben, was die Landschwester da sagte. Meine kleine Kinga sollte
Drogen nehmen? Das war doch nicht möglich. Und auch Dominik
blickte fassungslos zu seiner schlafenden Tochter.
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Oh, Gott, wo war denn Klaudia? Als sich all die Ereignisse überschlugen,
hatte ich meine jüngere Tochter total vergessen. Panisch
lief ich zu ihrem Zimmer und sackte erleichtert zu Boden, als
ich sie zwischen ihrem Bett und dem Kleiderschrank entdeckte.
Sie hielt ihren riesigen Teddybär fest umklammert und zitterte
am ganzen Körper. Als ich ihr vorsichtig meine Hand auf die
Schulter legte zuckte sie nervös zusammen, umklammerte den
Teddy noch fester und begann leise zu wimmern.
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Behutsam griff ich ihre Handgelenke und löste sie vom den
Bären. Dann zog ich sie vorsichtig zu mir hoch. "Mami?",
fragte sie wimmernd und erst jetzt schien sie mich wirklich zu
erkennen. "Mami!" Sie begann zu schluchzen und warf
sich mir um den Hals. "Lass mich nie wieder allen",
schluchzte sie immer wieder. "Lass mich nie mehr allein".
"Ist ja gut, meine Kleine", versuchte ich sie zu beruhigen.
"Mami ist ja bei dir. Jetzt wird alles wieder gut".
Auch Dominik betrat das Zimmer und beobachtete die Szene mit trauriger
Mine. Wie konnte es nur so weit kommen?
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Klaudia weinte so lange, bis sie sich selbst in den Schlaf geweint
hatte. Dominik wich dennoch nicht von ihrer Seite, für den
Fall, dass sie doch wieder wach geworden wäre. Ich bleib
bei Kinga, doch ich schaffte es nicht, still sitzen zu bleiben.
Also ging ich ins Wohnzimmer und begann damit, den Dreck weg zu
räumen, der sich in den vergangenen zwei Wochen angesammelt
hatte. Ohne eine Tätigkeit wäre ich bloß selbst
durchgedreht.
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Doch selbst das half mir diesmal nicht wirklich. Als mir auch
noch ein Teller aus der Hand fiel und auf den Küchenfliesen
zerbarst, schrie ich und streckte meine Hände zum Himmel.
"Warum Gott, warum?", fragte ich unter Tränen.
"Warum muss das alles passieren? Wann ist alles so aus den
Fugen geraten? Ich verstehe es nicht, ich verstehe es einfach
nicht!"
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