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Es dauert einige Minuten, bis Klaudia wirklich sicher war, dass
Kinga nicht doch noch wieder kommen würde. Und spätestens,
als die ersten Kinder eintrafen, vergaß sie die unschöne
Geschichte mit ihrer großen Schwester. Ich holte meine Digitalkamera
und machte einige Bilder davon, wie Klaudia mit ihren Freunden
Hannes, Irmgard und Mechthild vergnügt ein seltsames Spiel
mit grünen Kristallen und beschriebenen Würfeln spielte.
Scheinbar kannten es alle Kinder. Mir war es völlig unbekannt.
Ein untrügliches Zeichen, dass ich langsam alt wurde.
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Tristan grillte ein paar Hotdogs und ich holte die Beerentorte,
so dass alle Kinder unter unserem Sonnendach platz nehmen konnten
und sich die Bäuche ordentlich voll schlugen. Nur Hannes
hatte seinen Hotdog leider mit seinem Zitronensprudel übergossen
und nun war dieser völlig durchnässt und schäumte
vor sich hin.
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Nach dem Essen legte Klaudia eine CD ein und führte mit ihren
Freundinnen Irmgard und Jasmin den Volkstanz auf, den Klaudia
damals im Urlaub in Drei Seen gelernt hatte und den die drei extra
einstudiert hatten. Ich hatte bei der einen oder anderen Probe
zugesehen und stieg einfach mal an einer bekannten Stelle ein.
Goya beobachtete das Spektakel scheinbar amüsiert.
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Anschließend war eine Wasserbombenschlacht angesagt. Wenn
man in einer Wüste lebte, dann sollte man es auch ausnutzen,
dass Kinder sich ruhig mal nass machen konnten und in spätestens
10 Minuten wieder trocken waren. Also stürmten die Kinder
um das Haus und bewarfen sich wild mit Wasser gefüllten Luftballons.
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Als alle wieder halbwegs getrocknet waren, holte ich die Geburtstagstorte
aus dem Kühlschrank und zündete die neun Kerzen darauf
an. Alle Kinder versammelten sich um Klaudia und Beate feuerte
ihre Schulfreundin besonders laut an.
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Dann holte Klaudia tief Luft und blies erfolgreich alle Kerzen
auf einmal aus. "Hast du dir auch was gewünscht?",
fragte Hannes neugierig. "Du darfst es aber nicht verraten,
sonst wird es nicht wahr", schrei Irmgard aufgeregt dazwischen.
Somit blieb es ein Geheimnis, was Klaudia sich gewünscht
hatte, aber ich hoffte inständig für sie, dass es bald
eintrat.
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Da Kinga nun endgültig meiner Kontrolle entglitten war, konnte
ich mich nur noch an eine Person wenden. "Schön, dass
du gekommen bist", begrüßte ich Dominik, als er
in der Simlane auftauchte. Er gab mir seine Hand, aber ich merkte
deutlich, wie angespannt er war. Es war ihm unangenehm, mich zu
sehen. Es war das erste Mal, seit unserer Scheidung, dass wir
uns sahen und ein Gespräch führten, dass über ein
höfliches "Hallo" hinaus ging. "Herzlichen
Glückwunsch zu deiner Hochzeit", gratulieret ich ihm
und er nahm nickend an.
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Bevor jetzt eine unangenehme Stille entstehen konnte, rückte
ich gleich mit meinem Anliegen heraus. Ich hatte ihm schon am
Telefon erklärt, was vorgefallen war. „Bitte rede mit
ihr, Dominik. Auf mich hört sie nicht mehr, aber sie war
doch immer deine kleine Prinzessin gewesen. Vielleicht kannst
du ja zu ihr durchdringen?". Leider wirkte Dominik wenig
zuversichtlich. "Sie hat sich auch von mir entfremdet. Ich
hab sie seit Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie kommt
doch schon lange nicht mehr zu mir. Am Anfang hatte sie ja noch
Ausreden, aber jetzt hält sie nicht einmal mehr das für
nötig". "Versuch es trotzdem", bat ich ihn.
Dominik war meine letzte Hoffnung.
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Kinga war noch in der Schule. Trotz aller Probleme, die sie mir
bereitete, ihre Leistungen in der Schule blieben so, dass sich
niemand beschweren konnte. Leider könnten Dominik und ich
unser Schweigen nicht überbrücken. Also erledigte ich
den Haushalt, während Dominik mit Tristan im Garten blieb
und sich mit einem Ballspiel ablenkte. Mit Tristan kam mein Ex-Mann
nach wie vor gut klar, nur mit mir leider nicht. Verstohlen blickte
ich zu den beiden hinüber. Dominik sah so verdammt gut aus...Aber
er war verheiratet und zeigte kein Interesse an mir, das musste
ich akzeptieren.
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Kinga stieg aus dem Schulbus und verkroch sich umgehend in ihrem
Zimmer, so wie sie es immer tat. Dominik bemerkte sie nicht einmal.
Reflexartig schaltete sie ihre Anlage an und warf ihre Schulsachen
auf den Schreibtisch. Durch die laute Musik hörte sie nicht,
wie Dominik an ihrer Tür klopfte und schließlich einfach
unaufgefordert in ihr Zimmer schritt. Erst als er wiederholt ihren
Namen rief schreckte sie zusammen und drehte sich zu ihm um.
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"Was willst du den hier?", fragte sie genervt und drehte
sich von ihm weg. Doch Dominik ließ sich nicht so leicht
abschütteln und ging immer wieder um sie herum, bis sie ihn
schließlich doch ansehen musste. "Warum bist du so
wütend, Prinzessin? Warum kannst du nicht alles hinter dir
lassen und eine normale Beziehung zu deiner Mutter aufbauen?".
Er fragte dies ganz ruhig, ohne einen Hauch von Vorwurf in der
Stimme. "Merkst du nicht, dass wir dich alle lieben? Ich
liebe dich, deine kleine Schwester liebt dich und auch deine Mutter
liebt dich...auch ihre Weise". Er sah den Schmerz in Kingas
Augen, sah, wie sie mit sich selbst rang. "Vertrag dich mit
deiner Mutter, Prinzessin. Und wenn du es nicht ihr zuliebe machst,
dann tue es für deine Schwester, tue es für deinen Dad,
Prinzessin".
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"Aber du bist nicht mein Dad!", brüllte sie ihn
plötzlich an. "Ich habe keinen Vater. Diese Frau, meine
Mutter", sie spie das Wort regelrecht aus, "hat mit
ihren kleinen hinterhältigen Machenschaften dafür gesorgt,
dass ich keinen Vater mehr habe. Also spiel dich nicht so auf,
als ob du mein Vater wärst! Du bist es nicht, hast du das
verstanden?! Du bist nicht mein Vater, also hau jetzt einfach
ab!"
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Darauf konnte Dominik nichts erwidern. Ich hatte ihn noch nie
so niedergeschlagen erlebt, wie in dem Moment, als er aus ihrem
Zimmer kam. Nicht einmal, als er von meinem Betrug erfahren musste,
hatte er so hoffnungslos dreingeblickt. Er musste mir nichts erklären.
Ich hatte Kingas Stimme deutlich hören können, auch
wenn ich die Worte nicht verstand. "Danke, dass du es wenigstens
versucht hast. Das war mehr, als ich erwarten konnte". Dominik
nickte traurig, verabschiedet sich dann von Klaudia und verließ
die Simlane. Es war, als ob mit ihm auch meine letzte Hoffnung
auf eine unkomplizierte Zukunft gegangen wäre.
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