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"Was glaubst du, was Dominik gesagt hätte, wenn er dich
bei mir im Bett gefunden hätte? Hast du überhaupt darüber
nachgedacht? Ich glaube nicht, sonst hättest du anders gehandelt.
Nimm es mir nicht übel, aber im Moment bist du ohnehin völlig
neben der Spur. Ich hab lange darüber nachgedacht, aber es
wird wohl besser sein, wenn Constance und ich ausziehen. Brandi
und ich haben schon darüber gesprochen und da wir ohnehin
bald heiraten wollen, erscheint mir dieser Zeitpunkt richtig".
Roland wollte ausziehen? Ich fühlte mich wie vor den Kopf
gestoßen und konnte darauf gar nicht reagieren.
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Also drehte ich mich hastig um und ging reaktionslos davon. "Oxana,
warte!", rief Roland mir hinterher, doch ich hörte gar
nicht hin. Ein frustrierter Seufzer entfuhr seinen Lippen. So
hatte er sich das nicht vorgestellt. Er hatte zwar keinen Jubel
erwartet, aber das ich einfach wortlos davon lief? Irgendwie wusste
er nicht, was er von meiner Reaktion halten sollte. Vielleicht
hätte er dieses Gespräch nicht so zwischen Tür
und Angel führen sollen?
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Ich zog mich hastig an. Gerade jetzt musste ich dringend arbeiten,
sonst bräche ich direkt zusammen. Doch so leicht ließen
sich die neuen Ereignisse nicht verdrängen. Roland wollte
ausziehen. Aber das durfte er nicht. Er war mein bester Freund.
Wenn er jetzt ging, wer bleib mir dann noch? Und ich hatte ihn
vergrault! Dieser Gedanke quälte mich am meisten.
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Doch das Gejammer half nichts. Ich konnte meine Tat nicht ungeschehen
machen und Roland klang sehr entschlossen. Ich musste einfach
damit fertig werden. Ich musste schon so viel ertragen. Mein geliebter
Albert wurde mir grausamst entrissen, was machte da schon der
Verlust des besten Freundes? Ich merkte, wie hohl meine eignen
Worte klangen. Also stürzte ich mich wieder in die Arbeit.
Die Zitronenplantage, ja, da konnte ich jetzt hin. Dort war immer
etwas zu tun.
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Ich Arbeitet den ganzen Tag. Hier musste ein Baum eingesprüht
werden, da mussten ein paar kranke Äste abgeschnitten werden.
Die Bewässerungsanlage neigte auch dazu, immer wieder auszufallen.
Ich war den ganzen Tag beschäftigt. Und bei der Arbeit vergaß
ich vollkommen zu essen und zu trinken. Und in der Wüste
macht sich Wassermangel schnell bemerkbar. Ich wollte nur noch
ein letztes Mal die Sprinkler überprüfen, als plötzlich
alles zu schwanken begann.
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Das nächste, woran ich mich erinnern konnte, waren die aufgeregten
Stimmen von Kinga und Constance. Ich versuchte meine Augenlider
zu öffnen, doch ich verlor immer wieder das Bewusstsein.
Was war bloß passiert? Nur langsam realisierte ich, dass
ich auf dem Boden lag. Und obwohl ich mich noch so sehr bemühte
wieder aufzustehen, gelang es mir noch nicht einmal wach zu bleiben.
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Constance lief laut schreiend zurück zum Haus, um Hilfe zu
holen, während Kinga bei mir blieb und anfing bitterlich
zu weinen. "Mama, steh wieder auf!", flehte sie mich
an und ich hätte ihr den Wunsch nur zu gern erfüllt,
aber ich konnte mich kaum rühren.
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Dann spürte ich, wie zwei starke Arme mich umfassten und
ich plötzlich vom Boden hochgehoben wurde. "Was machst
du bloß für Sachen, Brodlowska", hörte ich
wie aus weiter Ferne Dominiks tief besorgte Stimme. Mit Leichtigkeit
trug er mich die wenigen Meter von unseren Zitronenbäumen
zum Haus. Ich konnte von Glück sagen, dass ich direkt am
Haus und nicht draußen auf den Felder zusammen gebrochen
war.
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Ich wusste nicht, wie viel Stunden vergangen waren, als ich wieder
zu mir kam. Ich war verwirrt, aber schließlich erkannte
ich, dass ich in meinem Bett lag. Doch wie ich hierher gekommen
war, daran fehlte mir jegliche Erinnerung. Was war bloß
passiert. "Gott sei Dank, Brodlowska, du bist wach",
hörte ich Dominik erleichterten Ausruf als ich versuchte
mich kraftlos aufzurichten.
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Irgendwie gelang es mir. "Du hast uns vielleicht einen Schrecken
eingejagt. Du warst völlig dehydriert, als die Kinder dich
draußen zwischen den Bäumen fanden", erklärt
er und langsam kehrte die Erinnerung zurück. "Du hast
einen ganzen Tag durchgeschlafen, aber Schwester Mphenikohl versicherte
mir, dass du ansonsten in Ordnung bist. Ein kleiner Kuss für
deinen Retter wäre jetzt wohl angebracht". Dominik grinste
und legte seine Hand an meinen Rücken um mich zu sich zu
ziehen. Doch ich verkrampfte mich augenblicklich und versuchte
im auszuweichen.
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Er ließ mich daraufhin sofort los. "Brodlowska, was...was...",
er versuchte verzweifelt die passenden Worte zu finden, doch ihm
wollte nichts einfallen. Als ich weiterhin nur schweigend neben
ihm sitzen blieb und teilnahmslos die Wand anstarte, erhob er
sich gefrustet vom Bett und ging hinaus.
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Wenige Augenblicke hörte ich ein aufgeregtes "Mami,
Mami!" und Kinga stürmte ins Schlafzimmer und warf sich
mir um den Hals. "Ich hatte solche Angst!", flüsterte
sie und überhäufte mich mit kleinen Küssen. "Du
darfst Papa und mich nicht allein lassen! Du darfst nicht!".
Sie hielt mich fest umklammert und wollte gar nicht mehr los lassen.
Ich ließ es wortlos über mich ergehen. Wenn ich einen
Tag weggetreten war, wer hat sich dann um die Farm gekümmert?
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Nachdem er Kinga informiert hatte, brauchte Dominik dringend einen
Tapetenwechsel. Sierra Simlone Stadt bot nach wie vor jede Menge
Unterhaltungsmöglichkeiten für die Bohrturmarbeiter
auf den Ölfeldern und die nahm er jetzt in Anspruch. Doch
nach ein, zwei Drinks merkte er, dass er jemanden zum reden brauchte.
Deshalb holte er sein Handy heraus und rief seinen Vater an, der
wenig später im Langhorn Saloon auftauchte. "Pa, schön,
dass du da bist", begrüßte Dominik seinen Vater
Anan mit einer überschwänglichen Umarmung. Der Alkohol
zeigte bereits seine Wirkung.
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"Was ist los, Junge", erkundigte Anan sich bei Dominik,
nachdem die beiden sich an den Tresen gesetzt hatten und einen
Scotch bestellten. "Du klangst am Telefon so bedrückt.
Geht es Oxana etwa nicht besser?". "Doch, ihr geht es
wieder gut", antworteet er. Doch gleich darauf berichtigte
er sich wieder. "Nein, eigentlich geht es ihr überhaupt
nicht gut. Seit dem Unfall von Gerda und Albert verhält sie
sich seltsam. Sie...sie lässt mich überhaupt nicht an
sich heran. Weder geistig noch körperlich".
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"Wir...ich hab schon seit über einem Monat nicht mehr
mit ihr geschlafen". Es war Dominik sichtlich unangenehm,
das zugeben zu müssen. "Ich weiß nicht, was sie
hat. Wenn ich versuche mit ihr zu reden, dann schweigt sie mich
an. Wenn ich sie in den Arm nehmen möchte, weicht sie mir
aus. Ich hab teilweise das Gefühl, das sie Angst vor mir
hat. Ich verstehe das nicht. Ich weiß nicht, was ich falsch
gemacht habe".
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Natürlich wusste sein Vater darauf keine Antwort. Aber Dominik
war einfach nur froh, dass er sein Herz jemandem ausschütten
konnte. Die beiden tranken ihre Drinks und plauderten über
die Politik und Sport und Dominik gelang es, wenigsten für
den Moment seine Probleme zu vergessen. "Sag bloß Ma
nichts von meinen Problemen mit Oxana", bat Dominik seinen
Vater, als der sich auf den Heimweg machen wollte. "Sie kann
Oxana ohnehin nicht leiden und ich hab keine Lust darauf mir erneut
anzuhören, dass ich was Besseres verdient hätte".
"Keine Angst, Junge. Ich weiß selbst gut genug, wie
anstrengend deine Mutter sein kann. Schließlich bin ich
seit 35 Jahren mit ihr verheiratet".
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