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Romina und Peter, Heidemarie und Willi, überall gedieh
die Liebe...oder zumindest das sexuelle Verlangen. Und auch
Kinga fand jemanden. Ab und an verschwand sie für einige
Stunden in den Wald und traf sich mit Olek. Es hatte sich
irgendwann einfach so ergeben. Sie und er waren alleine im
Auto unterwegs gewesen und ehe Kinga richtig begriff, was
los war, lagen die beiden schon knutschend auf der Rückbank.
Seitdem genoss sie die Treffen mit dem rund 15 Jahre älteren
Mann. Als er sie sah, zog er sie besitzergreifend an sich.
"Du bist ja ganz nass", bemerkte sie. Olek musste
schon länger im Regen gewartet haben. Doch er zuckte
nur mit den Schultern. "Es ist doch Sommer. Außerdem
wirst du mich sicherlich gleich wärmen".
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Damit hatte er recht. Niemand durfte etwas von ihren Treffen
erfahren, also blieb ihnen auch nur wenig gemeinsame Zeit.
Schnell waren die Kleider vom Körper gefallen und die
beiden liebten sich unter dem freien Himmel. Der warme Sommerregen
prasselte auf ihre überhitzten Leiber und für einen
kurzen Moment vergaßen sie alles um sich herum.
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Kinga küsste liebevoll seine Schulter und lehnte anschließend
ihre Stirn gegen seine. "Hast du denn deiner Mutter geschrieben?",
fragte er. "Oder deinem Vater? Du weißt, dass du
das seit Monaten machen kannst. Meinst du nicht, dass sie
ein Lebenszeichen von dir hören wollen". Olek hatte
einen wunden Nerv getroffen, aber in seinen Armen gelang es
Kinga, selbst in dieser Situation ruhig zu bleiben. "Ich
bin mir sicher, dass ihr meine Erzeugerin wissen lasst, dass
ich noch nicht abgekratzt bin. Mehr muss sie nicht wissen.
Und jetzt genug davon. Wir haben nicht mehr viel Zeit und
die sollten wir nutzen". Anstatt seine Schulter noch
einmal zu küssen, biss Kinga hinein, stark genug, dass
ein lustvoller Schmerz Olek durchzuckte. Er würde den
Tag ganz sicher noch auskosten.
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Der Sommer ging vorüber und es folgte ein erneut harter
Winter, der durch intensives Lernen geprägt war. Doch
die acht unterstützten sich, wo sie konnten. Das Wohnzimmer
war ein idealer Treffpunkt für alle, nicht zuletzt, weil
es der einzige Raum in der ganzen Baracke war, der über
einen Ofen verfügte.
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Der Schnee schmolz, Schneeglöckchen blühten und
verblühten wieder. Die Tage wurden länger und schon
bald war wieder Hochsommer. Nach dem Unterricht legten Kinga
und Romina sich ins Gras und beobachteten verträumt die
vorbeiziehenden Wolken. "Guck doch, die Wolke über
uns", sagte Romina, "die sieht doch genau so aus
wie der Scheich, den ich in Algerien angraben sollte".
Kinga stieß sie grinsend mit dem Ellbogen in die Rippen,
was Romina ein empörtes "Aua!", entlockte.
Ein lautes Getöse am Himmel unterbrach die ansonsten
herrschende Stille. "Da schau, wieder drei Kampfjets",
bemerkte Kinga und zeigte in die Richtung, in die die Flugzeuge
davonjagten. "Sind bestimmt schon die dritten, die wir
heute sehen. Und gestern ging das auch schon so". "Bestimmt
irgendeine Übung", vermutete Romina. Kinga zuckte
nur mit den Schultern und suchte sich die nächste Wolke,
in die man das Gesicht irgendeines Scheichs hinein deuten
konnte.
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Aber so gemächlich wie an diesem Tag ging es nicht oft
zu. Tabea trieb die anderen Mitbewohner regelmäßig
dazu an, etwas für ihren Körper zu tun. Oft gingen
sie rüber zur Lehrbaracke, um die dortigen Geräte
zu nutzen, und mit Joggen, Gymnastik und Seilspringen konnten
die jungen Frauen sich vor Ort fit halten.
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Doch auf Dauer boten das ständige Lernen und die körperlichen
Betätigungen nicht wirklich Abwechslung. Kinga hatte
noch ihre Romanze mit Olek, aber Tabea verbrachte Tag ein
Tag aus ihre Zeit immer mit denselben Menschen, sei es nun
während des Unterrichts oder auch daheim in der Baracke.
Und das Kotzte sie an. Sie war nicht der Mensch, der lange
an einem Ort blieb. Sie brauchte die Abwechslung, immer Aktion
um sich herum. Die Streitereien mit Heidemarie arteten deshalb
immer weiter aus, weil sie einfach kein anderes Ventil fand,
um ihre angestaute Energie los zu werden. Der Höhepunkt
war erreicht, als beide Frauen aufeinander losgingen.
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Kinga wusste, dass es so zwischen den beiden nicht weiter
gehen konnte. Der Winter hatte fast wieder Einzug gehalten.
Zwar sendete die Sonne noch ihre letzten wärmenden Strahlen
auf die goldgefärbten Wälder, aber bald würden
sie wieder nur noch im Haus hocken können. Und unter
der angespannten Situation war ein erneuter Ausbruch regelrecht
vorprogrammiert. Da bot ausgerechnet Tabea eine Lösung.
"Ich hab gehört, auf so einer Lichtung im Wald würde
ne Party steigen. So richtig mit Musik, ein paar neuen Gesichtern
und sogar Alkohol soll‘s da geben. Irgendeine Baracke
hat sich wohl ´ne Destille gebastelt. Bitte Kinga, lass
uns da hin gehen!".
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Eigentlich hielt Kinga das für gar keine gute Idee. Sie
konnte sich noch lebhaft daran erinnern, was das letzte Mal
passiert war, als sie bei einer solchen Party war. Hajo und
Rabea, zwei Kommilitonen zu denen sie gerade Kontakt geknüpft
hatte, waren anschließend wie vom Erdboden verschluckt.
Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was mit den beiden passiert
war. Und trotzdem versprach sie Tabea mit zu kommen. "Wir
müssen uns aber nachts raus schleichen. Die anderen dürfen
nicht mitbekommen, dass wir weg sind. Ich werde nur Romina
einweihen, damit sie uns im Notfall decken kann. Wenn wir
erwischt werden, dann ist hier aber der Teufel los, das kannst
du mir glauben". Vielleicht übertrieb Kinga ein
wenig, aber sie wollte sicher gehen, dass Tabea sich des Risikos
bewusst war.
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Kinga bat Heidemarie, ihr Bett für eine Nacht mit Tabea
zu tauschen. Diese war zwar nicht wirklich begeistert. Stimmt
aber zu. So konnten sich Tabea und Kinga aus dem Dreierzimmer
raus schleichen, so dass nur Romina etwas davon mitbekam.
Als sie bei der Lichtung eintrafen, war die Party bereits
im vollen Gange. Aus dem Ghettoblaster schallte Rock-Musik
und ein paar Leute standen Head-bangend davor. Tabea schloss
sich ihnen umgehend an und fühlte sich gleich wie zuhause.
Wäre Barbie-Püppchen Lydia nicht auch da gewesen,
hatte Tabea sich sicherlich noch besser amüsiert. Auch
Kinga musste sich eingestehen, dass sie es vermisst hatte,
Party zu machen.
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Die Geschichte mit dem Alkohol stellte sich als wahr heraus.
Hinter einer aufgestellten Kiste, die gleiche, die schon bei
Kingas letztem Besuch als Bar diente, befanden sich einige
Flaschen Selbstgebrannten. King war vorsichtig, schließlich
hatte sie keine Lust, am nächten Morgen blind aufzuwachen.
Anderseits hatten die anderen Studenten das Zeug sicherlich
schon vorher mal probiert. "Man, habe ich das vermisst",
seufzte Tabea, als sie einen kräftigen Schluck von ihrem
Drink nahm und die anderen beim Tanzen beobachtete.
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"Na, wäre der Typ hinter mir nicht was für
dich", zog Kinga ihre Freundin auf. Diese verzog beim
Anblick des langnasigen Rothaarigen angewiderte das Gesicht.
"Bah, doch nicht so ein Waschlappen. Mein Oberarm ist
ja fast dicker als sein Oberschenkel. Ich brauche schon einen
richtigen Mann. Oder auch eine richtige Frau". Plötzlich
wurde sie ernst und sah Kinga tief in die Augen. Diese überkam
die Panik. "Du...also...ich. Ich hab viel Spaß
mit dir, aber..."
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Sie hörte auch zu stammeln, als Tabea in wildes Gelächter
ausbrach. "Oh man, Kinga, deine Fresse hättest du
gerade sehen sollen. Du bist blass geworden, wie ein Bettlacken.
Mädel, das war doch nur ein Scherz". Erleichtert
atmete Kinga durch und schüttelte grinsend den Kopf.
"Und jetzt", sagte Tabea und leert ihr Glas, "mache
ich mich an den rothaarigen mit den viele Tattoos ran. Der
ist schon eher meine Kragenweite".
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Und setzte dies gleich in die Tat um. Den Rest des Abends
bekam Kinga die beiden nicht mehr zu sehen. Einmal im Wald
verschwunden, ließen die beiden sich erst Stunden später
wieder blicken. Die Zeit nutzte Kinga aber dazu, ein paar
neue Gesichter kennen zu lernen. Im Frühjahr waren eine
ganze Reihe neuer Leute im Lager aufgetaucht und bis jetzt
kannte sie nur einen Bruchteil davon.
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Mit Müh und Not gelang es Kinga, Tabea von ihrer rothaarigen
Eroberung und der Party wegzuzerren. Aber der Weg zurück
zur Baracke war lang und es würde bald Morgen werden.
Als sie vor der Tür standen, fiel Tabea Kinga überraschend
um den Hals. "Ich danke dir, dass du mit mir gekommen
bist. Ich fasse kaum, dass ich das jetzt sage, aber du bist
echt so etwas wie eine Freundin für mich. Und glaub mir,
dass konnte noch keine andere Schickse vor dir von sich behaupten".
Tabea lachte zwar, aber Kinga konnte genau die Träne
sehen, die über ihr Gesicht lief. Anstatt zu antworten,
drückte sie sie einfach.
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Zunächst hatte Kinga große Angst gehabt, dass ihr
Wegschleichen Konsequenzen nach sich ziehen würde. Sie
wartete, dass irgendetwas passierte, dass einer ihrer Mitbewohner
verschwand, dass sie bestraft wurde. Aber nichts dergleichen
geschah. Nicht am nächsten Tag, am übernächsten
nicht und als auch nach zwei Wochen immer noch nichts passiert
war, begann Kinga den Vorfall zu vergessen. Längst schlief
sie wieder beruhigt und genoss es, die letzten Tage im Freien
zu verbringen, bevor der Winter endgültig Einzug hielt.
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Deshalb war sie vollkommen überrascht, als genau einen
Monat nach der Party plötzlich ein Wachmann in den Waschraum
stürmte, grob ihre Arme packte und ihr Handschellen anlegte.
"Denk bloß nicht daran zu schreien!", warnte
er sie. Aber das hätte auch wenig Sinn gehabt. Die Waschräume
lagen weit von den restlichen Zimmern entfernt. Wahrscheinlich
würde sie nicht einmal jemand hören können.
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Wie konnte sie nur so dumm gewesen sein und glauben, dass
es ohne Konsequenzen blieb, wenn sie sich davon stahl und
zu einer Party ging? Ihr wurde doch so oft klar gemacht, dass
sie das nicht durfte. Und was würde aus Tabea werden?
Was würden die bloß mit ihrer Freundin machen.
Beim ersten Mal war Kinga noch mit einem blauen Auge davon
gekommen. Zwar waren Hajo und Rabea verschwunden, aber für
sie hatte die erste Party auf der Lichtung im Wald keine Folgen
gehabt. Diesmal sah es eindeutig anders aus.
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