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Als Heidemarie in den nächsten Tagen wieder bei der Baracke
auftauchte, wies Kinga sie an, sich um das Haus zu kümmern.
Geschirrspülen, Bettenmachen, Fegen, Wischen, Müllrausbringen.
Das volle Haushaltsprogramm eben. Da sie wusste, dass es um
ihre Aufnahme ging, zeigte Heidemarie keinerlei Widerstand
und erledigte jede gestellte Aufgabe anstandslos.
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Und auch Romina zwang Willi zu diesen Arbeiten. Aber es tat
ihr schon leid, ihn Putzen und Schrubben zu sehen. Irgendwie
kam es ihr nicht richtig vor. Er war ohnehin schon so durcheinander.
Vielleicht schmiss er einfach alles hin, wenn er weiter so
drangsaliert wurde? Aber vielleicht war das genau das Ziel
dieser Aufgabe? Vielleich sollte erst einmal getestet werden,
wie weit die einzelnen Kandidaten zu gehen bereit waren?
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Tabea und Kinga verstanden sich super und für Kinga war
schnell klar, dass sie Tabea einziehen lassen wollte. Sie
rief wieder bei dem mysteriösen Mann an und der teilte
ihr nur mit, dass sie diese Entscheidung allein treffen sollte.
Also benachrichtigte sie Tabea am nächsten Abend, dass
dies nun hier wohnen würde. Auf die Idee, Tabea überhaupt
zu fragen, ist sie gar nicht erst gekommen. Und so zog Tabea
ein. Romina hatte sich noch lange nicht entschieden, ob jemand
bereit war, einzuziehen. Und mit Vroni hatte sie bereits einen
dritten, potenziellen Einzugskandidaten.
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Draußen wurde es immer kälter. Die goldenen Blätter
fielen von den Bäumen und eines Morgens war die gesamte
Landschaft von einer dünnen Schneedecke überzogen.
Das allein war schon Grund genug zur Freude für Romina,
die sich noch gut an die Winter in Moldawien erinnern konnte.
Nicht alles war dort schlecht gewesen...aber doch das meiste.
Überrascht stellte sie fest, dass vor dem Haus einige
verschlissene Sofas herumstanden, deren Zustand sie durch
wildes darauf Herumhüpfen überprüfte. Just
in diesem Moment tauchte ein weiterer Anwärter vor der
Baracke auf.
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Peter war ein Waisenkind, genau wie Romina auch. Und auch
er kam aus Ost-Simropa, genauer aus Simbirien. Romina fand
ihn auf Anhieb sehr sympathisch und bat ihn, öfter vorbei
zu kommen. Sie hatte das Gefühl, dass er der Richtige
sein könnte, um hier einzuziehen. Zudem hoffte sie, dass
sie ihn ein wenig aufheitern konnte, denn Peter fiel es nicht
leicht, sich zurechtzufinden. Su unglaublich es für Romina
klang, aber er vermisste sein altes Leben im Waisenhaus und
da halfen auch Rominas aufmunternden Worte wenig.
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Ein Brand in der Küche versetze die Mädchen und
die anwesenden Besucher in helle Aufregung. Kinga war aber
geistesgegenwärtig genug, den Feuerlöscher aus dem
Küchenschrank zu greifen und das Feuer schnell zu ersticken.
Hätte sie nur wenige Sekunden gezögert, dann wäre
womöglich die ganze Holzhütte in Flamen aufgegangen.
Und diese Bracke war zu ihrem Zuhause geworden, dem einzigen
Zuhause, das sie noch besaß.
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Nach diesem Schrecken gönnten sich
Kinga und Romina einen Tag im Schnee. Es gab keinen Unterricht,
keine Besucher standen vor der Tür. Also wurden Schneeballschlachten
ausgetragen und Schneeengel gemacht.
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Romina versuchte sich auch an einem Schneemann. Mit Möhrennase
und Besen in der Hand bewachte er das Haus.
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Peter kam oft vorbei und erledigte alle Aufgaben, die ihm
von Kinga und Romina gestellt wurden. Romina war eigentlich
so weit, ihn endlich in das Haus aufzunehmen. Doch etwas hielt
sie zurück. Jedesmal, wenn sie Peter sah, wurde ihr ganz
anders und dieses Gefühl verwirrte sie. Peter war nicht
gerade das, was man einen hübschen Mann nennen würde,
und dennoch, Romina fühlte, wie sie mehr und mehr ihr
Herz an ihn verlor. Und genau da lag das Problem. Beziehungen
unter den Studenten wurden hier im Lager nicht gern gesehen.
Und ganz sicher würden sie nicht in ein und derselben
Baracke geduldet werden.
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Als wartete sie mit ihrer Entscheidung und hängte sich
umso mehr in ihre Ausbildung rein. Mit den Möbeln, die
eines Nachts vor der Hütte standen, hatten Kinga, Romina
und Tabea eine Art Wohnzimmer eingerichtet. Als dann auch
noch ein Fernseher vor der Tür stand, war die Freude
groß. Allerdings konnte man damit nur zu bestimmten
Zeiten und nur ganz bestimmt Sendungen empfangen. Trotzdem
war dies besser als nichts und Kinga versüßte sich
ihre Fitnessübungen, indem sie zur Musik von "Dance
TV" seilhüpfte.
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Da Heidemarie alle Aufgaben ohne zu murren erledigt hatte,
entschloss Kinga sich dazu, auch sie aufzunehmen. Heidemarie
fiel ihr daraufhin überglücklich um den Hals. Kinga
kam diese Freude etwas gestellt vor, aber so erging es ihr
bei vielen Dingen, die Heidemarie tat und sagte. Und trotzdem,
Heidemarie hatte die Fähigkeit Menschen um ihren Finger
zu wickeln und sie auf sehr subtile Weise zu manipulieren.
Mit ein bisschen mehr Übung würden selbst bei Kinga
die letzten Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit verschwinden...und
das bereitete ihr ein klein wenig Unbehagen.
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Inzwischen machten Kinga die Aufnahmetests mit den neuen Studenten
richtig Spaß. Und der harte Winter bot da viele Möglichkeiten,
um die Bewerber bis an ihre Grenzen zu treiben. Gertrude für
über eine halbe Stunde barfuß und bis zu den Knien
im Schnee versunken einen dämlichen Tanz aufführen
zu lassen, gehörte sicherlich dazu. Aber Gertrude meisterte
diese Prüfung mit Bravour und beklagte sich nicht, obwohl
sie sich zum Teil heftige Erfrierungen an den Zehn holte.
Für diese Leidensfähigkeit bewunderte Kinga ihre
Kommilitonin. Ja, Gertrude war ganz sicher auch bereit, zu
ihnen in die Hütte zu ziehen.
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Zudem machten sich ihre handwerklichen Fähigkeiten im
Haushalt sehr gut. Anders als in der Sierra Simlone, konnte
man hier, mitten im nirgendwo, nicht einfach den Handwerker
rufen, wenn etwas kaputt war. Gertrude zeigte sich sehr geschickt
darin, solche Dinge wieder in Ordnung zu bringen.
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Und Kinga konnte eine Menge von ihr lernen. In Zukunft würden
kaputte Computer sie nicht mehr zur Verzweiflung bringen,
sondern sie konnte selbst zum Schraubenzieher greifen und
den Schaden beheben.
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Während Kinga nun schon drei neue Mitbewohner in die
Barke eingeladen hatte, hatte Romina sich noch immer für
niemanden entschieden können. Linda war einfach sehr
distanziert. Immer in ihre Bücher vertieft, drang selbst
Romina nicht zu ihr durch. Außer, es betraf irgendwelche
wissenschaftlichen Fragestellungen. Dann redete Lind wie ein
Wasserfall. Und Willi? Nun, da gab es das nächste Problem.
Ganz eindeutig sah er mehr in Romina, als nur eine nette Kommilitonin
und Mitbewohnerin.
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Und auch wenn Romina sich durchaus geehrt fühlte, so
musste sie seine Annährung doch zurückweisen. Sie
konnte nicht abstreiten, dass sie ihn möchte, vielleicht
sogar mehr, als sie sollte, aber ihre Gefühle für
Peter gingen noch weit darüber hinaus. Aber diese Gefühle
waren ohnehin bedeutungslos. Egal ob Peter oder Willi, eine
Beziehung war einfach nicht denkbar. Und das teilte sie Willi
behutsam, aber dennoch bestimmt mit.
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Wenn fünf Frauen unter einem Dach leben, dann kommt es
unweigerlich dazu, dass sie sich irgendwann an die Gurgel
gehen. In diesem Fall waren es Heidemarie und Tabea. Die beiden
waren in ihrem Charakter grundverschieden. Tabea hätte
am liebsten jeden gleich eine rein gehauen, der sie nur schief
anguckte und Heidemaries herzallerliebste, vor Schleim fast
schon triefende Art ging ihr gehörig auf den Zeiger.
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Und auch das herzerweichende Weinen ihre Mitbewohnerin ging
ihr am A**** vorbei. "Jetzt hör mit diesem gekünstelten
Gejammer auf, Püppchen!", setzte Tabea eins drauf.
"Nur weil wir unter einem Dach leben, müssen wir
keine besten Freundinnen sein, kapiert. Lass mich mit deinem
Getue zufrieden und wir haben beide kein Problem miteinander".
So wie es aus sah, hatte selbst Heidemaries Charme seine Grenzen.
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