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Doch über Politik wollte ich mir keine Gedanken machen. Wegen des Ölförderstopps hatten plötzlich sehr viele Menschen wieder sehr viel Freizeit und so nutzte ich die Gelegenheit, um mich nach langer Zeit mal wieder mit Manuela Bretz zu treffen. Nur hieß sie nicht mehr Bretz, sondern Holz und war mit Hektor verheiratete. Wir trafen uns also im öffentlichen Freibad und während ich Manuelas Mann näher kennenlernte, unterhielt Klaudia sich mit Manuela.


Wie sich im Gespräch herausstellte, war Hektor der Vater von Timon, dem ersten Freund meiner Tochter Kinga. Zwar hatten die beiden sich schon vor Ewigkeiten getrennt, trotzdem erinnerte sich Hektor noch gut an Kinga. Allerdings kannte er nur die nette Kinga von damals. Ich hielt es nicht für nötig ihn darüber aufzuklären, was aus dem süßen Mädchen von früher geworden war. Außerdem tat es mir selbst gut, mich an die schönen alten Zeiten zu erinnern.


Hektor hatte bereits zwei Kinder aus erster Ehe, als er Manuela zur Frau nahm. Timon und Marissa waren für Manu aber wie ihre eigenen Kinder, außerdem hatten sie mit Hektor noch eine gemeinsame Tochter. Manu fand den Gedanken ganz herrlich, dass sie beinah Kingas Schwiegermutter geworden wäre. Naja, beinah würde ich das nicht nennen, immerhin waren Kinga und Timon nur ein paar Wochen miteinander gegangen. "Aber du hast ja noch eine hübsche Tochter", zwinkerte sie Klaudia zu. "Die Chance ist also noch nicht endgültig vertan". Trotz des Dampfes und der Dunkelheit konnte ich erkennen, wie Klaudias Wangen tief rot anliefen.


Es war herrlich mit Manu über alte Bekannte zu tratschen. Als ich gerade frisch in die Sierra Simlone gezogen war, hatte ich öfter etwas mit Manuela unternommen. Leider war unsere Freundschaft irgendwann im Sand verlaufen. Aber sie konnte sich noch gut an die damalige Zeit erinnern und an unsere gemeinsamen Partys mit Roland, Brandi und Benny.


Wir waren den ganzen Abend eigentlich nur am Kichern. Ich fühlte mich ein wenig wie um20 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Und deshalb versprach ich Manuela, nicht wieder so eine lange Zeit bis zu unserem nächsten Wiedersehen verstreichen zu lassen, woraufhin sie mich und Dominik gleich für das nächste Wochenende zu sich und Hektor zum Essen einlud.


Und natürlich sagte ich zu. Manu hatte sich ein wundervolles, kleines Heim eingerichtet und servierte ein leckeres Essen. Und Hektor war ein unheimlich sympathischer Mann, der sich sehr gut mit Dominik verstand. Ich hoffte, dass wir in Zukunft öfter solche Treffen abhalten würden.


Manu und Hektor sahen das genau so und gemeinsam stießen wir auf unsere neue Freundschaft an. Manuela schaute ihrem Mann dabei tief in die Augen und man konnte sehen, dass sie immer noch verliebt war, wie am ersten Tag. Aber mir erging es da nicht anders, wenn ich Dominik anblickte. Ich liebte ihn so sehr, Worte konnten dies gar nicht beschreiben.


Und deshalb wollte ich ihn auch so schnell wie möglich heiraten. Wir hatten zwar noch keinen festen Termin ausgemacht, aber ich plante die Zeremonie irgendwann nach Weihnachten abzuhalten. Am liebsten schon im Januar. Und dafür blätterte ich bereits in verschiedenen Zeitschriften, um mir Anregungen für die Dekoration, Make-up und mein Kleid zu suchen. Doch all zu oft schweiften meine Gedanken zu Dominik und die Zeitschrift wurde vollkommene Nebensache. Ich war so aufgeregt, als ob dies meine erste Hochzeit wäre. Und im Grunde war sie es auch, zumindest würde es die erste Ehe sein, die ich nur aus Liebe einging.

 

 


Ein paar Tage nach unserem Abendessen bei Hektor und Manuela führte Dominik ein wichtiges Telefonat. "Ja natürlich, ich kann sofort nach den Feiertag anfangen. Seien sie versichert, dass ich der richtige Mann für diesen Job bin", sprach er in sein Handy. "Sobald der Postbote den Vertrag vorbeibringt, bringe ich ihn Ihnen in die Zentrale..... Ich hoffe ebenfalls auf eine gute Zusammenarbeit. Auf Wiedersehen".


Tristan hatte das Ende des Gesprächs mit verfolgt. "Hast du etwa wieder einen Job?", fragte er neugierig. Dominik grinste. "Ja, ich kann wieder bei der SimÖl anfangen. Sie brauchen erfahrene Leute für den Sicherheitsdienst und meine Referenzen haben sie überzeugt. In einem Monat geht es los."


"Hej, das ist ja super!", freute sich Tristan. "Ich hab gar nicht mitbekommen, dass die SimÖl wieder anfängt zu fördern. Die Bohrtürme gehen also nach Weihnachten wieder in Betrieb? Dann kann ich sicherlich auch endlich wieder zur Arbeit. Langsam wird es nämlich echt öde, so ganz ohne Beschäftigung". Doch Dominik runzelte das Gesicht. "Ähm, ganz so ist das nicht", druckste er herum. "Ich soll nicht hier anfangen. Die wollen, dass ich nach Simnistrien gehe und dort für die Sicherheit der Arbeiter sorge".


"Wer soll nach Simnistrien?", fragte ich, als ich ins Wohnzimmer trat. Ich hatte das Abendessen zubereitet und ein paar Wortfetzen des Gesprächs der beiden mitbekommen, als ich einige Zutaten zurück in den Kühlschrank stellte. Tristan zuckte zusammen und sah Dominik mit besorgter Miene an. Er wusste genau, dass mir nicht gefallen würde, was Dominik mir zu erzählen hatte.


"Ich lass euch beide dann lieber mal allein", sagte Tristan und verließ den Raum. "Dominik, was ist hier los?", fragte ich misstrauisch, als er auf mich zukam und all zu liebevoll meine Wange streichelte. "Ich hab einen neuen Job, Brodlowska", erklärte er und bei diesen Worten stieg sofort Freude in mir auf, die allerdings nicht lange währte. "Es gibt da nur ein winziges Problem. Ich muss dafür nach Simnistrien".


"Sim...Simnistrien?", stotterte ich. Es dauerte einige Sekunden, bis ich die volle Tragweite dieser Worte begriff. Und dann stieg die Wut in mir auf. "Dominik, hat dir die Sonne etwa die letzten Gehirnzellen weg gebrannt? Da kannst doch unmöglich ernsthaft in Erwägung ziehen, einen Job in Simnistrien anzunehmen. Das ist Südamerika! Und dir ist schon bewusst, dass Simnistrien das Land ist, das die SimNation hasst wie die Pest und gerade im Moment einfach mal zulässt, dass deren Bürger bedroht und fast umgebracht werden. Du wirst diesen Job nicht annehmen, Dominik Blech! Haben wir uns da verstanden?!".


"Ich hab mich bereits entschieden, Brodlowska", sagte Dominik im ruhigen Tonfall. "Lass uns später noch einmal darüber reden. Du musst die Neuigkeit erst sacken lassen". Er drehte sich um und ging in die Küche, wo Klaudia meinen Ausbruch besorgt mit verfolgt hatte. Hilflos fasste ich mir an die Stirn. Das konnte doch nicht Dominiks Ernst sein! Wie konnte er nur daran denken, sein Leben in Gefahr zu bringen und mich und die Kinder allein zu lassen? So wichtig konnte kein Job der Welt sein.


Spät am Abend saß ich alleine im Dunkeln auf der Bank vor dem Haus und starrte auf die verlassene Straße. Ich hörte zwar, dass Dominik sich nährte, aber ich sah ihn nicht an. Ich war immer noch wütend und enttäuscht aufgrund seiner Entscheidung. Schweigend setzte er sich neben mich uns betrachtet das Haus seiner Eltern auf der gegenüberliegenden Straßenseite. "Brodlowska, lass uns vernünftig miteinander reden", durchbrach er schließlich die Stille. "Je früher desto besser. Benimm dich doch nicht so kindisch".


"Kindisch? Wer von uns beiden benimmt sich hier denn kindisch?!", zischte ich in an und warf meine Hände wütend in die Luft. "Du bist doch derjenige, der plötzlich Dschungelkamp in Südamerika spielen möchte. Aber das ist kein Spiel, Dominik. Dir könnte etwas passieren! Du könntest verletzt werden oder vielleicht noch Schlimmeres. Ich bitte dich Dominik, fahr nicht. Wir brauchen das Geld nicht. Die Farm wirft genügend Gewinne ab. Vielleicht müssen wir den Gürtel etwas enger schnallen, aber das schaffen wir schon".


"Es geht mir doch nicht um das Geld, Brodlowska", erwiderte Dominik. "Kennst du mich wirklich so schlecht?". In diesem Moment glaubte ich wirklich, ihn nicht zu kennen. Der Dominik den ich kannte, hätte seine Familie nicht aus einer Laune heraus im Stich gelassen. Aber ich sagte nichts dazu und ließ Dominik weiter sprechen. "Unsere Leute in Simnistrien brauchen unsere Hilfe. Meine Hilfe! Die Männer und Frauen die dort arbeiten können nichts dafür, dass die simnistrische Regierung sie zu Feinden erklärt hat. Und ich kann nicht einfach tatenlos zusehen, wie mit Gewalt gegen sie vorgegangen wird. Es ist meine Pflicht zu helfen. Meine christliche Pflicht, wenn du es so sehen willst".


Oh es war so unfair von ihm meinen Glauben ins Spiel zu bringen, denn so nahm er mir mit einem Schlag alle Argumente. Er tat es für die Bürger der SimNation, die seine Unterstützung in Simnistrien brauchten. Es wäre selbstsüchtig von mir gewesen, ihn davon abhalten zu wollen. Aber ich konnte meine Tränen dennoch nicht zurückhalten. "Ich hab Angst, Dominik, so furchtbare Angst", schluchzte ich. "Ich will dich nicht verlieren, nicht noch einmal". Dominik zog mich an sich heran und legte seine Arme um mich. "Du brauchst keine Angst zu haben, Brodlowska. Die Situation wird sich in wenigen Monaten wieder beruhigt haben und du kannst mich erneut in deine Arme schließen. Versprochen".

 

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