Aufgabe 12 + 18

 

Und mit der Zeit gewöhne ich mich daran, dass Lucy nun beim mir wohnt. Es ist nicht zu übersehen, dass sie in ihrem leben wohl noch nie gearbeitet hat, denn im Haushalt rührt sie keinen Finger und dementsprechend sieht es auch bei mir aus, denn sie ist es gewöhnt von vorne und hinten bedient zu werden. Und dabei schiebt unser Hausmädchen Carmen schon Überstunden.
Doch Unordnung im Haus hat mich noch nie sonderlich gestört, solange es sauber ist, wenn Leute zu Besuch kommen und darin Stimme ich mit Lucy überein. Ihr Ansehen ist etwas, was sie über alles stellt. Trotzdem kann sie es nicht lassen mir ständig vorzuwerfen, dass ich Schuld bin an ihrem Unglück, dass sie jetzt "in dieser schäbigen Bruchbude" leben muss. Die hat sie ja wohl nicht alle. Zu so etwas gehören ja wohl immer zwei. Und da wir beide sturr wie Betonklotze sind, streiten wir manchmal stundenlang.
Doch immer wenn ich denke, dass ich diese Frau am liebsten in den Fluss hinterm Haus schmeißen würde, wird sie plötzlich ganz ruhig und zufrieden, nimmt meine Hand, legt sie auf ihren Bauch und lächelt glücklich. Und wenn ich dann die Bewegungen des Babys spühre, werde ich glücklich und vergesse jeden Ärger, den diese Frau mir bereitet.
Nach ein paar Tagen fällt mir der Gutschein wieder ein und da ich frei habe, fahre ich mit Fifiorella in die Altstadt. Ich bin gespannt, was mich dort erwartet. Lucy ist allein zu Hause, als es an der Tür klingelt. Sie öffnet die Tür und findet dort eine Frau Anfang 50 vor, von der sieneugierig gemustert wird. "Hallo, zu wem möchten Sie?", fragt Lucy höflich. "Zu dir, meine Liebe. Es ist schon längst überfällig, dass wir beide uns kennenlernen. Ich glaube es ist gut, wenn wir uns unterhalten."
Etwas unsicher bittet Lucy die fremde Frau hinein und macht schnell einen Tee. "Sie wollen also mit mir reden? Warum? Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?". Neugierig schaut sie die Frau an, die freundlich zurücklächelt. "Hat Arkadiusz etwa noch nie von mir gesprochen? Wie unhöflich. Ich bin seine Mutter, Justyna." Lucy schaut sie überrascht an. "Nein, Arek hat von Ihnen noch nie etwas erwähnt. Er ist jetzt leider nicht da, sonst könnten Sie direkt mit ihm sprechen." "Dich hat Arkadiusz auch nicht erwähnt. Ich war überrascht zu erfahren, dass mein Sohn ein Kind erwartet. Und jetzt bin ich daran interessiert, mehr über die Mutter meines Enkels zu erfahren." Erneut musstert sie Lucy mit einem kritischen Blick, den sie geschickt mit einem Lächeln tarnt.
"Hast du vor bei meinem Sohn zu bleiben, wenn das Baby auf der Welt ist?", fragt meine Mutter nachdem sie den Tee getrunken haben. Sie bemerkt sofort, dass Lucy diese Frage unangenehm ist. "Ich will mich gar nicht in eure Beziehung einmischen. Ich habe nur eine Bitte. Das Kind soll den Namen Brodlowski tragen, sobald es auf der Welt ist. Versprich es mir." In den Augen meiner Mutter blitzt für eine Sekunde ein bedrohlicher Funke, den Lucy aber nicht bemerkt, da sie froh ist, dass meine Mutter sich nicht weiter in unsere Beziehung einmischt. "Ich denke, das lässt sich einrichten Frau Brodlowska", stimmt Lucy erleichtert ihrer Bitte zu.
Die beiden führen noch eine nette Unterhaltung oder besser gesagt Lucy empfindet es als eine nette Unterhaltung. In Wahrheit ähnelt das Gespräch eher einem Verhör seitens meiner Mutter. Doch meine Mutter ist gut, so wie sie es schon immer gewesen ist. Wie sonst hätte sie jahrelang für den polnischen Geheimdienst auf Kuba arbeiten können? Lucy schöpft nicht mal einen Verdacht, dass diese Frau, die ihr so sympatisch erscheint, mehr möchte, als nur eine gute Beziehung zu der Mutter ihres Enkelkindes aufzubauen.
Von dem Treffen bekomme ich natürlich nichts mit. Den Laden von Madame Gruselinde zu finden ist nicht besonders schwer. Gerade als ich mich vorstellen will, unterbricht sie mich. "Sagen sie nichts, ich weiß es schon. Sie sind Herr Brodlowski und Sie sind hier wegen ihres Hundes, auch wenn Sie nicht wissen warum." Überrascht sehe ich sie an. Was ist den das für eine Verrückte?
Sie nimmt meine Hand und fährt die Linien darauf mehrmals ab und murmelt immer wieder etwas unverständliches vor sich hin. "Sehr interessant. In ihrem Leben wird noch viel passieren. Ich sehe Gutes, aber ich sehe auch schlimme Dinge, die auf sie zukommen....schon bald auf sie zukommen. Doch das gehört nicht hier her." Sie schließt ihre Augen und stimmt einen unheimlichen Gesang an. Plötzlich überkommt mich ein Gefühl der absoluten Kälte und alle meine Häärchen richten sich auf. Erschrocken ziehe ich meine Hand weg und starre die seltsame Frau an. "Es ist vollbracht", erklärt sie und gerade als ich sie fragen will, was genau "vollbracht" ist, ist sie verschwunden. Als ob sie sich in Luft aufgelöst hätte.
Das ganze ist mir dann doch zu unheimlich und ich verlasse den Laden eilig. Draußen wartet Fifi schon auf mich und wedelt fröhlich mit dem Schwanz und sie ist, tja sie ist wieder braun! Kein bisschen grün mehr in ihrem Fell, egal wie gründlich ich suche. Meine Fifi ist wieder ganz die Alte.
Überglücklich, dass wieder ein Wunder geschehen ist, fahre ich nach Hause. Ich muss die gute Neuigkeit jemandem erzählen und Lucy ist die erste, die ich antreffe. Aus einem mir unerfindlichen Grund stellt sie gerade das dreckige Geschür in die Spühlmaschiene. Was mich aber noch viel mehr fasziniert als die Tatsache, dass sie Arbeitet, ist ihr sexy Hintern, der trotz der Schwangerschaft nichts an seinen Reizen eingebüßt hat. Bei dem Anblick vergesse ich, dass ich etwas sagen wollte und Lucy kommt mir mit ihren Neuigkeiten zuvor. "Deine Mutter war heute hier gewesen", erzählt sie, während sie die Maschiene weiterhin befüllt. "Du hast nie erwähnt, dass sie auch in SimCity lebt."
Es dauert eine Weile bis ich registriere was Lucy da gerade gesagt hat. "Du musst dich irren, Lucy. Meine Mutter kann nicht hier gewesen sein." Ich schütle meinen Kopf und lache selber über mich, dass ich diese Möglichkeit auch nur in Betracht gezogen habe. "Und du weißt nichts über sie, weil ich für gewöhnlich Familie und Affäre strikt trenne", füge ich spitz hinzu. Doch Lucy beharrt auf ihrer Aussage. "Doch Arek, wenn ich es doch sage. Sie war hier, Justyna Brodlowska. Die ähnlichkeit zu dir war übrigens nicht zu übersehen." Langsam fange ich an, ihre Geschichte zu glauben. "Sie war wircklich hier?", rufe ich lauter als beabsichtigt und erschrecke Lucy damit. "Wohin ist sie gegangen, Lucy, wohin?" Doch Lucy kann nur mit den Achseln zucken und hilflos den Kopf schüteln.
Und wieder tauchen meine Eltern in meinem Leben auf und verschwinden wieder, ohne eine Spur zu hinterlassen. Diesesmal habe ich keinerlei Hoffnung, dass ich sie jetzt noch finden könnte. Ich habe aus der letzten Begegnung gelernt. Sie tauchen auf und verschwinden, wie es ihnen passt. Wütend und frustriert gehe ich nach draußen und springe in den eiskalten Pool um mich abzureagieren. Besorgt kommt Lucy hinterher. "Arek, komm da sofort raus, du holst dir ja noch den Tod!"
Zunähst schwimme ich sturr weiter. Doch als ich ihr flehen höre, endlich vernünftig zu werden komme ich doch aus dem Wasser. Sofort stürzt Lucy sich auf mich und umarmt mich. "Bist du den ganz bescheuert? Willst du das unser Kind ohne Vater aufwächst? Und wer soll Unterhalt an mich zählen, wenn du tot bist?", versucht sie zu scherzen, doch die Tränen die ihr über die Wangen laufen, zeigen wie besorgt sie war und zu recht immer noch ist. Erst jetzt, wo sich ihr warmer Körper an mich schmiegt, merke ich, wie kalt mir ist.
Eingehüllt in Lucys Mantel gehen wir beide hoch ins Schlafzimmer, wo meine Sachen sind. Und obwohl es im Haus sehr warm ist zittere ich am ganzen Körper. Als Lucy sich gerade von mir löst um mir ein Handtuch und etwas zum Anziehen zu holen, halte ich sie am Arm fest. "Bleib bei mir", bitte ich sie. Und dann ziehe ich sie wieder nah an mich heran und küsse sie...und sie erwiedert den Kuss.
Und anstatt, dass ich mir etwas warmes anziehe, entledigt Lucy sich ihrer Kleidung und wärmt mich mit ihrem heißen Körper. Möglicherweise liegt es an meiner Unterkühlung, aber es kommt mir vor, als ob ich noch nie eine solche Leidenschaft für jemanden empfunden habe, wie für Lucy in diesem Moment.
Und zu ersten Mal verbringe ich die Nacht mit der Mutter meines Kindes in einem Bett.
Nach dieser Nacht ändert sich so einiges. Plötzlich ist Lucy nett, rücksichtsvoll und zärtlich. Sie scheint glücklich zu sein und mir geht es genauso. Zum ersten mal kommt mir der Gedanke, dass ich mir wünsche, dass sie hier ist, dass ich froh darüber bin. Joanna ist etwas verunsichert, was sie von dem ganzen halten soll, aber es macht sie glücklich, mich glücklich zu sehen.
Und sie freut sich auf ihren Bruder oder ihre Schwester. Lucy erlaubt ihr immer wieder ihren Bauch zu berühren um zu spühren, wie das Baby sich bewegt und mein Kind ist ein echter Tret-Weltmeiseter. Die Sportlichkeit hat es von mir.

 

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