Aufgabe 10

 

Ein Kette mit wunderschönem Kreuz-Anhänger aus Weißgold. Der Anhänger ist relativ schlicht gehalten, aber gerade das macht ihn so elegant. "Kann ich auf die Rückseite noch etwas eingravieren lassen?", frage ich den Verkäufer dessen Augen bei diesen Worten noch gieriger funkeln als zuvor, bevor er meine Frage hocherfreut bejaht.
Und da nun alles für Weihnachten vorbereitet ist, können wir den vierten Advent gemütlich im Kreis der Familie verbringen. "Das Einzige was noch fehlt ist der Karpfen für Heiligabend. Bekommt man so kurz vor Weihnachten überhaupt noch frischen Fisch?" frage ich Darek beim Essen. "Keine Angst," antwortet er mir, "den hab ich schon vor zwei Wochen vorbestellt. Kinder ihr solltet wirklich froh sein, dass wenigstens einer von euern Vätern versteht, wie man ein Weihnachtsfest organisiert, sonst würdet ihr Hungern." Bei dieser Bemerkung müssen nicht nur die Mädchen lachen, sondern auch mir zieht sich ein breites Grinsen über das Gesicht.
Und dann ist es auch soweit. Heiligabend! Wir feiern dieses Jahr bei uns zu Hause. Es ist natürlich klar, dass Rosario bei uns feiert. Darek hat außerdem Cornelia eingeladen. Er sagt, bei ihr in der Familie gäbe es Probleme und sie müsste Heiligabend sonst alleine verbringen. Ich habe nichts dagegen, dass sie kommt. Und damit am Abend alle versorgt sind, fängt Darek auch zeitig mit dem kochen an und es ist klar, dass ich im dabei zur Hand gehe.
Und während wir in der Küche alles vorbereiten, sind die Mädchen im Wohnzimmer und singen Weihnachtslieder am Christbaum.
Nach polnischer Tradition beginnt die Feierlichkeiten an Heiligabend sobald der erste Stern am Himmel aufgegangen ist. Und darum steht Joanna auch in der Kälte am Teleskop um den ersten Stern nicht zu verpassen.
Sofort als sie den Stern entdeckt, stürmt Joanna auch schon runter um es uns zu sagen. Somit kann das Weihnachtsfest beginnen. Darek holt den Oplatek, den seine Eltern uns geschickt haben und verteilt an alle ein Stückchen. Mit diesem Stück gehen wir nun von Person zu Person, wünschen uns alles Gute für das kommende Jahr, brechen ein Stück des Oplatek des anderen ab und essen es. "Sei gut zu deinem Mann, mein Arekito, er liebt dich über alles. Vergiss das nie", flüstert Rosario mir zu als sie mich umarmt.
Nach den Glückwünschen kann dann das eigentliche Festessen beginnen. Normalerweise darf man bis zu diesem Moment nichts gegessen haben, aber bis auf Darek hat sich keiner daran gehalten. Drotzdem habe ich einen riesen Hunger und bin froh, als Darek uns auffordert eine Tasse des "roten Barszcz", einer Suppe aus roten Beeten zu nehmen. Es ist eine Suppe, die es nur selten gibt und nur zu Heiligabend essen wir dazu "Öhrchen", mit Pilzen gefüllte, frittierte Teigtaschen.
Und dann kann gegessen werden, bis man platzt.Das schlimmste für einen polnischen Dastgäber ist es, wenn ein Gast immer noch hungrig sein Haus verlässt. Deshalb wird immer viel mehr vorbereitet als gegessen werden kann. Außerdem wird immer für eine Person mehr gedeckt, als kommen soll, man weiß ja schließlich nie. An Heiligabend gibt es kein Fleisch. Dafür aber Fisch. Karpfen und Forelle, eingelegte Hering und "ryba po grecku", Fisch in gegartem Gemüse. Dazu noch verschiedene Salate, wie Kartoffelsalat oder Salat aus roten Beeten. Die große Fleischauswahl folgt dann an den beiden Weihnachtstagen.
Und dann kommt der Moment auf den die Mädchen am meisten warten. Das Öffnen der Geschenke. Unter dem Baum liegen die Geschenke von Rosario und Cornelia für die Kinder und natürlich auch für uns. Und auch ich kann es kaum erwarten mein Geschenk zu öffnen.
Doch anscheinen ist Oxana mit ihrem Geschenk nicht ganz zufrieden. Aber ist das Grund genug das Geschenk gleich kaputt zu treten?
Joanna freut sich dagegen sehr über ihr Geschenk. Und selbst, wenn sie es nicht mögen würde, sie würde ein Geschenk, so schrecklich es auch ist, niemals so schäbig wie Oxana behandeln.
Und dann überreiche ich Rosario mein Geschenk. Eine Schachtel mit edlen Pralinen aus Kuba. "Oh, Arekito, mi hijo!" schluchst sie, wobei sie versucht ihre Tränen zu unterdrücken, "Ich liebe diese Pralinen. Aber du weißt doch das ich auf meine Figur achten muss. Diese Dinger sind für eine Sekunde in deinem Mund und für immer auf deinen Hüften. Muchas gracias, Arekito!"
Die Geschenke für die Kinder sind natürlich von mir und Darek zusammen. "Hier Oxana. Es ist ein Computerspiel. "Die Sims". Noch nie was davon gehört, aber der Verkäufer meine die Kids würden voll drauf abfahren." "Danke, Dad und danke Papa. Ich glaube mit diesem Spiel werde ich schon Spaß haben."
Für Joanna habe ich einen Teddybär besorgt. Dem strahlen auf ihrem Gesicht nach zu urteilen, habe ich ins Schwarze getroffen. Doch noch viel mehr als Joanna, ist Cornelia aus dem Häuschen. "Mädchen, dieser Bär ist ein echtes Sammlerstück. Ich sammle schon seit langem Teddys und dieser hier ist ein sehr seltener. Halte ihn immer gut in Ehren. Und wenn du ihn nicht mehr willst, du weißt ja wo ich wohne."
Und als letztes kommt das Geschenk für Darek, da Fifiorella bereits schläft und somit ihr Geschenk erst morgen erhält. "Hier, Darek, das ist für dich. Ich hoffe es gefällt dir, den es drückt aus, was ich für dich empfinde." Dareks Blick allein sagt mir, dass meine Worte allein schon Geschenk genug für ihn sind, egal was in dem Päckchen ist. "Pack es schnell aus!"
Und dann packt er das Kreuz aus. "Arek, es ist wunderschön." Er betrachtet es staunend und drecht es um, sodass er die Gravur lesen kann. "In ewiger Liebe, Arkadiusz", liest er leise vor. "Oh Arek, ich liebe dich, ich liebe dich über alles", haucht er freudestrahlend und küsst mich innig. Oxana beobachtet uns mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist sie glücklich Darek und mich glücklich und voller Liebe für einander zu sehen. Andererseits weiß sie zu viel über mich und meine Art um zu hoffen, dass ich ihren Vater für immer glücklich machen könnte.
Cornelia kann ich nur eine Karte mit Glückwünschen und etwas Geld geben, denn ich kenne sie zu wenig für ein anderes Geschenk. "Danke, Arkadiusz, aber den heiligen Abend mit dir und deiner Familie feiern zu dürfen hätte mir als Geschenk voll und ganz gereicht. Ich hatte schon lange kein so schönes Weihnachtsfest. Ich gehe mit Rosario noch ein wenig Weihnachtslieder im Stadtpark singen. Ich wünsche euch noch eine schöne Nacht."
Als die beiden das Haus verlassen haben, machen wir uns auch fertig das Haus zu verlassen. Darek besteht darauf jedes Jahr zur mitternächtlichen Weihnachtsmesse zu gehen. Und obwohl ich von Kirche nicht so viel halte, hat diese Messe doch einen unglaublich fesselnde Atmosphäre.
Doch das schönste heute ist der Spaziergang zurück nach Hause. Der frische Schnee knirscht unter unseren Schuhen und von Zeit zu Zeit rieseln sogar einige Flocken auf uns hinab.
"Oxana komm endlich ins Haus. Es ist allerhöhste Zeit für euch ins Bett zu gehen", ruft Darek Oxana zu, die irgendwo rumtrödelt, als ich gerade die Tür öffnen will. "Warum brennt den Licht im Esszimmer?", fragt Joanna plötzlich. "Und, hey, da ist jemand in unserem Haus drin."

 

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