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"Du gehst ein im Knast. Du wirst dort elendig zugrunde gehen."
Das sind die Gedanken, die ununterbrochen in meinem Kopf kreisen,
während der Streifenwagen auf die Polizeiwache zufährt.
Ich weiß nicht mehr genau, wie ich in die Zelle gekommen
bin, aber irgendwann liege ich auf der unbequemen Gefängnispritsche,
starre die dreckige Decke an und hoffe, dass ich gleich aus diesem
Alptraum aufwache.
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Irgendwann schlafe ich dann doch ein und als ich meine Augen öffne,
ist mir sofort klar, dass ich immer noch in diesem Alptraum gefangen
bin. Die Enge der Zelle erdrückt mich fast und dieser Gefängnisgeruch
ist unerträglich. Und dann diese Gitter! Oh mein Gott, ich
will hier raus! Ich will nicht im Gefängnis enden.
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Und ich brauche was zu trinken. Einen Wodka, ein Bier, irgendetwas.
Irgendetwas, damit ich es hier aushalte, damit ich hier nicht
wahnsinnig werde. Doch ich kriege nichts. Irgendwann steht Officer
Law vor meiner Zelle. "Ich wusste, dass wir uns wiedersehen,
Brodlowski. Sie sind einer, der immer wieder hier landet. Es erstaunt
mich nur, dass es so lange gedauert hat." Meine Hände
zittern, als ich sie an das Gitter lege. "Ich will hier raus",
flüstere ich flehend, doch Officer Law schüttelt nur
mitleidig den Kopf. "Das wird wohl noch dauern, Brodlowski.
Aber sie haben einen Anruf frei. Rufen sie am besten ihren Anwalt
an. Den werden sie brauchen."
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Sie öffnet die Zelle und führt mich zu Apparat. Ich
weiß nicht wie, aber ich schaffe es mich an Lex' Nummer
zu erinnern und rufe ihn an. "Dariusz hat mich schon informiert,
Arkadiusz. Er hat mir alles erzählt." In Lex' Stimme
schwingt so etwas wie Wut mit, als er das sagt, aber vielleicht
bilde ich es mir auch nur ein. "Ich kann leider nichts machen
Arkadiusz, zumindest jetzt noch nicht." Und dann legt er
auf. "Lex? Lex!", rufe ich in den Hörer, doch es
ist nur noch das Freizeichen zu hören. "Das war's, Brodlowski".
Officer Law nimmt mir den Hörer aus der Hand und legt ihn
auf die Gabel. "Zurück in ihre Zelle."
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"Aber...aber ich konnte doch gar nichts klären",
versuche ich ihr verzweifelt klar zu machen. "Ich muss noch
einmal anrufen. Ich muss Darek anrufen. Lex muss mich hier rausholen."
"Nur ein Anruf, so ist das Gesetz, Brodlowski, das wissen
sie genau. Und diesen Anruf hatten sie." Officer Law lässt
nicht mit sich diskutieren.
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"Und wie geht es jetzt weiter?", frage ich sie ruhig.
"Wie lange muss ich in diesem Loch bleiben?" "Hat
Ihr Anwalt Ihnen das nicht erklärt?", fragt mich Officer
Law schadenfroh. "Sie bleiben erst einmal eine Woche hier.
Solange hat ihr Mann Zeit Anklage gegen sie zu erheben. Wenn er
das tut, dann kommen sie vor Gericht und dann für mindestens
ein Jahr hinter Gittern." Ich sehe ihr an, dass sie es mir
wünscht. Und dann sieht sie mich angeekelt an. "Wie
konnten sie ihrem Mann so etwas antun?" "Ach, lass mich
doch in Ruhe", zische ich sie an. Daraufhin schiebt sie mich
unsanft in meine Zelle, schließt ab und geht weg.
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Alleine der Gedanke, dass ich hier sieben Tage bleiben muss, macht
mich wahnsinnig. Zuerst bin ich einfach nur verzweifelt. Doch
irgendwann begreife ich, wer die Schuld an allem trägt. Und
das macht mich wütend, unheimlich wütend. Und diese
Wut gibt mir Kraft, die sieben Tage zu überstehen. Aber was
ist, wenn aus diesen sieben Tagen ein Jahr werden? Oder länger?
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Ich liege gerade auf meiner Pritsche, als ein lautes Rufen mich
aus meinen Gedanken reist: "Brodlowski, Sie haben Besuch!"
Besuch? Wer kommt den freiwillig in dieses Loch um mich zu sehen?
Darek etwa? Doch es ist nicht Darek, der Officer Law durch die
Tür folgt und an meine Zelle tritt. Es ist Rosario und ihr
Anblick erschreckt mich. Sie sieht um Jahre gealtert aus.
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Der Besuch gibt mir eine Gelegenheit aus meiner stickigen Zelle
in den Gefängnishof zu kommen. Aber Officer Law lässt
mich auch dort keine Sekund aus den Augen. "Arekito, was
machst du bloß für Sachen?", fragt Rosario mich
traurig und streichelt dabei meine Wange, so wie sie es schon
gemacht hat, wenn es mir als kleiner Junge schlecht ging. "Geht
es dir gut?" Ob es mir gut geht? Ich bin im Knast! Was glaubt
sie wohl, wie es mir hier geht? Aber ich sehe, dass sie unter
dieser Situation sehr leidet und schweige deshalb lieber. "Hast
du mit Darek gesprochen?", frage ich stattdessen.
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Als ich Darek erwähne, wendet sie ihren Blick von mir und
schaut beschämt auf den Boden. Sie kann mir nicht mehr in
die Augen sehen. "Arekito, wie konntest du nur so etwas tun.
Er ist doch dein Mann. Du hast einen Eid vor Gott gegeben, ihn
zu ehren." Dann sieht sie mich doch wieder an. "Er muss
nachdenken, Arekito, nachdenken darüber, was er jetzt tun
soll. Du hast ihn sehr verletzt. Körperlich geht es ihm wieder
gut, aber ich glaube, seine Seele hat eine tiefe Wunde, die nicht
so schnell heilen wird."
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Rosario darf nicht lange bleiben. Schon nach zwanzig Minuten kommt
Officer Law um sie hinauszubegleiten und mich wieder in meine
Zelle zu sperren. Und dann kann ich nur noch warte. Allein in
diesem Loch, allein für weitere fünf Tage. Fünf
Tage, die mir wie die Hölle vorkommen.
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Darek erhebt keine Anklage gegen mich und nach sieben langen Tagen
bin ich endlich wieder frei. Ich kann Officer Law förmlich
ansehen, dass sie nicht glücklich darüber ist. Die Haft
allein war hart, sehr hart, aber noch schlimmer waren die Befragungen
durch die verfluchten Bullen. Ich glaube, die wissen ganz genau,
womit ich mein Geld verdiene. Es fehlt ihnen nur ein Beweis und
es war schwer ihnen diesen nicht zu liefern.
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Ich habe nicht angekündigt, dass ich nach Hause komme und
als ich das Wohnzimmer betrete richten sich sofort alle Blicke
auf mich. An Orions Gesichtsausdruck kann ich sofort erkennen,
dass er sich freut mich zu sehen und einen ähnlichen Ausdruck
zeigt auch Joannas Gesicht. Darek sieht mich wieder mit diesem
nichtssagenden Blick an. Genauso wie an dem Abend, als ich verhaftet
wurde. Nur Oxanas Gesicht spiegelt Unglauben wieder und dann kann
ich blanken Zorn und Hass in ihren Augen sehen, aber etwas anderes
habe ich nicht erwartet.
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Sie springt vom Sofa auf und will mir schon etwas an den Kopf
werfen, doch ich komme ihr zuvor. "Verlass sofort mein Haus!"
Sie bleibt mit offenem Mund vor mir stehen und sieht mich für
einen Moment fassungslos an, bis sie sich wieder fängt, um
mir etwas zu erwidern. Doch das lasse ich nicht zu. "Verlass
sofort mein Haus!". Ich betone jede einzelne Silbe und die
Bestimmtheit in meiner Stimm lässt keine Zweifel an meinen
Worten.
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Oxana schaut hilflos zu Darek hinüber. "Paps!",
beginnt sie mit fast verzweifelter Stimme zu sprechen, "Sag
doch etwas!". Und das tut Darek auch. "Ich habe dich
so oft gebeten dich nicht einzumischen." Er spricht sehr
leise und sieht Oxana dabei nicht an. "Doch du wolltest nicht
hören. Das alles geht nur deinen Vater und mich etwas an.
Du hättest niemals die Polizei rufen sollen. Er wird dir
das nicht verzeihen und...und ich verstehe ihn. Es ist wirklich
besser, wenn du gehst."
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Oxanas Augen füllen sich mit Tränen. "Ok, wenn
du es so willst." Sie versucht stark zu bleiben, doch ihre
Stimme überschlägt sich fast. Und dann geht sie in ihr
Zimmer öffnet den Kleiderschrank und wirft schnell einige
ihrer Klamotten hinein. Im Wohnzimmer ist es totenstill. Alle,
selbst Orion, starren stumm auf den Teppich. Nur ich beobachte
Oxana beim packen und jetzt wird mir klar, dass sie nicht länger
meine Tochter ist. Nicht nachdem was sie mir angetan hat.
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Sie packt nur wenige Sachen ein, greift die Tasche und geht raus,
ohne sich umzudrehen, ohne sich zu verabschieden. "Ich will
dich hier nie wieder sehen, hast du das verstanden!", ruf
ich ihr hinterher. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckt
sie zusammen, doch dann geht sie schweigend weiter. Da erst steht
Joanna auf und läuft ihrer Schwester hinterher. "Xana,
warte!", ruft sie. "Geh nicht ohne dich zu verabschieden."
Oxana bleibt stehen und dreht sich langsam um und die beiden schauen
sich gegenseitig traurig lächelnd an.
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"Wo willst du den jetzt hin?", fragt Joanna und jetzt
kann sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und drückt
ihre Schwester fest an sich. Und auch Oxana heult jetzt los.
"Ich weiß es nicht. Ich wollte schon länger
unsere Mutter suchen. Ich glaube jetzt wäre eine Gelegenheit
dafür." Joanna nickt nur. "Weiß du, wo
du mit der Suche anfängst?", fragt sie und versucht
dabei ihre Tränen wegzuwischen. Oxana schüttelt zur
Antwort nur mit dem Kopf. "Das habe ich mir fast schon
gedacht." Joanna holt einen Zettel raus und drückt
ihn Oxana in die Hand. "Das ist die Adresse von einer Anastassia
aus Simtropolis. Sie hat uns damals nach SimCity gebracht. Vielleicht
weiß sie ja, wo unsere Mutter ist und vielleicht kannst
du ja eine Weile bei ihr bleiben."
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Oxana lächelt ihre Schwester dankbar an. "Komm mit mir
mit", sagt sie dann plötzlich und sieht Joanna flehend
an. Doch sie schüttelt traurig den Kopf. "Ich kann hier
nicht weg...und ich will es auch nicht. Ich kann Orion und Paps
nicht alleine lassen und Dad auch nicht. Ich liebe sie alle drei
zu sehr um wegzugehen." Oxana hat so etwas schon erwartet,
aber es ändert nur wenig an ihrer Enttäuschung. Dann
drückt sie noch einmal Joannas Hand, nimmt ihre Tasche und
geht.
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