Aufgabe 19
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"Du gehst ein im Knast. Du wirst dort elendig zugrunde gehen." Das sind die Gedanken, die ununterbrochen in meinem Kopf kreisen, während der Streifenwagen auf die Polizeiwache zufährt. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich in die Zelle gekommen bin, aber irgendwann liege ich auf der unbequemen Gefängnispritsche, starre die dreckige Decke an und hoffe, dass ich gleich aus diesem Alptraum aufwache.


Irgendwann schlafe ich dann doch ein und als ich meine Augen öffne, ist mir sofort klar, dass ich immer noch in diesem Alptraum gefangen bin. Die Enge der Zelle erdrückt mich fast und dieser Gefängnisgeruch ist unerträglich. Und dann diese Gitter! Oh mein Gott, ich will hier raus! Ich will nicht im Gefängnis enden.


Und ich brauche was zu trinken. Einen Wodka, ein Bier, irgendetwas. Irgendetwas, damit ich es hier aushalte, damit ich hier nicht wahnsinnig werde. Doch ich kriege nichts. Irgendwann steht Officer Law vor meiner Zelle. "Ich wusste, dass wir uns wiedersehen, Brodlowski. Sie sind einer, der immer wieder hier landet. Es erstaunt mich nur, dass es so lange gedauert hat." Meine Hände zittern, als ich sie an das Gitter lege. "Ich will hier raus", flüstere ich flehend, doch Officer Law schüttelt nur mitleidig den Kopf. "Das wird wohl noch dauern, Brodlowski. Aber sie haben einen Anruf frei. Rufen sie am besten ihren Anwalt an. Den werden sie brauchen."


Sie öffnet die Zelle und führt mich zu Apparat. Ich weiß nicht wie, aber ich schaffe es mich an Lex' Nummer zu erinnern und rufe ihn an. "Dariusz hat mich schon informiert, Arkadiusz. Er hat mir alles erzählt." In Lex' Stimme schwingt so etwas wie Wut mit, als er das sagt, aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. "Ich kann leider nichts machen Arkadiusz, zumindest jetzt noch nicht." Und dann legt er auf. "Lex? Lex!", rufe ich in den Hörer, doch es ist nur noch das Freizeichen zu hören. "Das war's, Brodlowski". Officer Law nimmt mir den Hörer aus der Hand und legt ihn auf die Gabel. "Zurück in ihre Zelle."


"Aber...aber ich konnte doch gar nichts klären", versuche ich ihr verzweifelt klar zu machen. "Ich muss noch einmal anrufen. Ich muss Darek anrufen. Lex muss mich hier rausholen." "Nur ein Anruf, so ist das Gesetz, Brodlowski, das wissen sie genau. Und diesen Anruf hatten sie." Officer Law lässt nicht mit sich diskutieren.


"Und wie geht es jetzt weiter?", frage ich sie ruhig. "Wie lange muss ich in diesem Loch bleiben?" "Hat Ihr Anwalt Ihnen das nicht erklärt?", fragt mich Officer Law schadenfroh. "Sie bleiben erst einmal eine Woche hier. Solange hat ihr Mann Zeit Anklage gegen sie zu erheben. Wenn er das tut, dann kommen sie vor Gericht und dann für mindestens ein Jahr hinter Gittern." Ich sehe ihr an, dass sie es mir wünscht. Und dann sieht sie mich angeekelt an. "Wie konnten sie ihrem Mann so etwas antun?" "Ach, lass mich doch in Ruhe", zische ich sie an. Daraufhin schiebt sie mich unsanft in meine Zelle, schließt ab und geht weg.


Alleine der Gedanke, dass ich hier sieben Tage bleiben muss, macht mich wahnsinnig. Zuerst bin ich einfach nur verzweifelt. Doch irgendwann begreife ich, wer die Schuld an allem trägt. Und das macht mich wütend, unheimlich wütend. Und diese Wut gibt mir Kraft, die sieben Tage zu überstehen. Aber was ist, wenn aus diesen sieben Tagen ein Jahr werden? Oder länger?


Ich liege gerade auf meiner Pritsche, als ein lautes Rufen mich aus meinen Gedanken reist: "Brodlowski, Sie haben Besuch!" Besuch? Wer kommt den freiwillig in dieses Loch um mich zu sehen? Darek etwa? Doch es ist nicht Darek, der Officer Law durch die Tür folgt und an meine Zelle tritt. Es ist Rosario und ihr Anblick erschreckt mich. Sie sieht um Jahre gealtert aus.


Der Besuch gibt mir eine Gelegenheit aus meiner stickigen Zelle in den Gefängnishof zu kommen. Aber Officer Law lässt mich auch dort keine Sekund aus den Augen. "Arekito, was machst du bloß für Sachen?", fragt Rosario mich traurig und streichelt dabei meine Wange, so wie sie es schon gemacht hat, wenn es mir als kleiner Junge schlecht ging. "Geht es dir gut?" Ob es mir gut geht? Ich bin im Knast! Was glaubt sie wohl, wie es mir hier geht? Aber ich sehe, dass sie unter dieser Situation sehr leidet und schweige deshalb lieber. "Hast du mit Darek gesprochen?", frage ich stattdessen.


Als ich Darek erwähne, wendet sie ihren Blick von mir und schaut beschämt auf den Boden. Sie kann mir nicht mehr in die Augen sehen. "Arekito, wie konntest du nur so etwas tun. Er ist doch dein Mann. Du hast einen Eid vor Gott gegeben, ihn zu ehren." Dann sieht sie mich doch wieder an. "Er muss nachdenken, Arekito, nachdenken darüber, was er jetzt tun soll. Du hast ihn sehr verletzt. Körperlich geht es ihm wieder gut, aber ich glaube, seine Seele hat eine tiefe Wunde, die nicht so schnell heilen wird."


Rosario darf nicht lange bleiben. Schon nach zwanzig Minuten kommt Officer Law um sie hinauszubegleiten und mich wieder in meine Zelle zu sperren. Und dann kann ich nur noch warte. Allein in diesem Loch, allein für weitere fünf Tage. Fünf Tage, die mir wie die Hölle vorkommen.


Darek erhebt keine Anklage gegen mich und nach sieben langen Tagen bin ich endlich wieder frei. Ich kann Officer Law förmlich ansehen, dass sie nicht glücklich darüber ist. Die Haft allein war hart, sehr hart, aber noch schlimmer waren die Befragungen durch die verfluchten Bullen. Ich glaube, die wissen ganz genau, womit ich mein Geld verdiene. Es fehlt ihnen nur ein Beweis und es war schwer ihnen diesen nicht zu liefern.


Ich habe nicht angekündigt, dass ich nach Hause komme und als ich das Wohnzimmer betrete richten sich sofort alle Blicke auf mich. An Orions Gesichtsausdruck kann ich sofort erkennen, dass er sich freut mich zu sehen und einen ähnlichen Ausdruck zeigt auch Joannas Gesicht. Darek sieht mich wieder mit diesem nichtssagenden Blick an. Genauso wie an dem Abend, als ich verhaftet wurde. Nur Oxanas Gesicht spiegelt Unglauben wieder und dann kann ich blanken Zorn und Hass in ihren Augen sehen, aber etwas anderes habe ich nicht erwartet.


Sie springt vom Sofa auf und will mir schon etwas an den Kopf werfen, doch ich komme ihr zuvor. "Verlass sofort mein Haus!" Sie bleibt mit offenem Mund vor mir stehen und sieht mich für einen Moment fassungslos an, bis sie sich wieder fängt, um mir etwas zu erwidern. Doch das lasse ich nicht zu. "Verlass sofort mein Haus!". Ich betone jede einzelne Silbe und die Bestimmtheit in meiner Stimm lässt keine Zweifel an meinen Worten.


Oxana schaut hilflos zu Darek hinüber. "Paps!", beginnt sie mit fast verzweifelter Stimme zu sprechen, "Sag doch etwas!". Und das tut Darek auch. "Ich habe dich so oft gebeten dich nicht einzumischen." Er spricht sehr leise und sieht Oxana dabei nicht an. "Doch du wolltest nicht hören. Das alles geht nur deinen Vater und mich etwas an. Du hättest niemals die Polizei rufen sollen. Er wird dir das nicht verzeihen und...und ich verstehe ihn. Es ist wirklich besser, wenn du gehst."


Oxanas Augen füllen sich mit Tränen. "Ok, wenn du es so willst." Sie versucht stark zu bleiben, doch ihre Stimme überschlägt sich fast. Und dann geht sie in ihr Zimmer öffnet den Kleiderschrank und wirft schnell einige ihrer Klamotten hinein. Im Wohnzimmer ist es totenstill. Alle, selbst Orion, starren stumm auf den Teppich. Nur ich beobachte Oxana beim packen und jetzt wird mir klar, dass sie nicht länger meine Tochter ist. Nicht nachdem was sie mir angetan hat.


Sie packt nur wenige Sachen ein, greift die Tasche und geht raus, ohne sich umzudrehen, ohne sich zu verabschieden. "Ich will dich hier nie wieder sehen, hast du das verstanden!", ruf ich ihr hinterher. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckt sie zusammen, doch dann geht sie schweigend weiter. Da erst steht Joanna auf und läuft ihrer Schwester hinterher. "Xana, warte!", ruft sie. "Geh nicht ohne dich zu verabschieden." Oxana bleibt stehen und dreht sich langsam um und die beiden schauen sich gegenseitig traurig lächelnd an.


"Wo willst du den jetzt hin?", fragt Joanna und jetzt kann sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und drückt ihre Schwester fest an sich. Und auch Oxana heult jetzt los. "Ich weiß es nicht. Ich wollte schon länger unsere Mutter suchen. Ich glaube jetzt wäre eine Gelegenheit dafür." Joanna nickt nur. "Weiß du, wo du mit der Suche anfängst?", fragt sie und versucht dabei ihre Tränen wegzuwischen. Oxana schüttelt zur Antwort nur mit dem Kopf. "Das habe ich mir fast schon gedacht." Joanna holt einen Zettel raus und drückt ihn Oxana in die Hand. "Das ist die Adresse von einer Anastassia aus Simtropolis. Sie hat uns damals nach SimCity gebracht. Vielleicht weiß sie ja, wo unsere Mutter ist und vielleicht kannst du ja eine Weile bei ihr bleiben."


Oxana lächelt ihre Schwester dankbar an. "Komm mit mir mit", sagt sie dann plötzlich und sieht Joanna flehend an. Doch sie schüttelt traurig den Kopf. "Ich kann hier nicht weg...und ich will es auch nicht. Ich kann Orion und Paps nicht alleine lassen und Dad auch nicht. Ich liebe sie alle drei zu sehr um wegzugehen." Oxana hat so etwas schon erwartet, aber es ändert nur wenig an ihrer Enttäuschung. Dann drückt sie noch einmal Joannas Hand, nimmt ihre Tasche und geht.

 

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kor. 23.01.2011