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Es ist Darek anzusehen, dass er mir noch eine ganze Reihe an Dingen
vorwerfen will, doch er lässt es. "Gut Arek, wenn du
es so willst." Seine Stimme klingt resigniert. "Aber
eins muss dir klar sein, so wie jetzt kann es nicht weitergehen.
Irgendetwas muss sich ändern." Und dann dreht er sich
um und geht in den Garten, so wie er das in letzter Zeit oft tut.
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Und ich wende mich wieder der Bar zu. Um den Zorn, den ich auf
Darek empfinde wegzuspülen und um die Angst zu Betäuben,
die ich jeden Tag aufs Neue verspüre, wenn ich zur Arbeit
gehe. Wie lange kann ich der Polizei noch entkommen und wann habe
ich mein Glück überstrapaziert?
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Währenddessen geht Joanna hoch zu Orion. Eine kleine Aufheiterung
wird ihr gut tun und deshalb entscheidet sie sich dazu, Orion
seine Lektion zu erteilen. Als sie in sein Zimmer kommt, sitzt
er bereits niedergeschlagen an seinem Schreibtisch.
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"Na, hast du dir schon überlegt, was du von Oxana verlangst,
damit sie den Schlüssel bekommt?", fragt sie ihren Bruder.
Doch der Antwortet nicht, sondern steht auf und versucht sein
Gesicht von ihr abzuwenden. Doch dann sieht er sie mit seinen
verheulten Augen an. "Ich...ich habe", beginnt er zu
schluchzen, "ich habe den Schlüssel verloren. Er ist
weg. Das wollte ich doch nicht." Und dann beginnt er richtig
zu weinen.
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Joanna umarmt ihn tröstend und ihr kleiner Bruder tut ihr
fast schon leid. Aber das hat er sich selbst zuzuschreiben. "Was
soll ich denn jetzt machen?" fragt er Joanna und man kann
deutlich hören, dass er Angst hat. "Du musst wohl zu
Oxana gehen und ihr erzählen, dass der Schlüssel weg
ist. Aber mach dich schon mal darauf gefasst, dass sie sehr, sehr
böse sein wird", antwortet Joanna und kann ihre Schadenfreude
dabei kaum verbergen.
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Joanna hat recht, er muss Oxana sagen, dass er den Schlüssel
verloren hat, ob er will oder nicht. Und am besten ist es, wenn
er es gleich tut. Doch als er Oxanas Zimmer betritt, verlässt
ihn fast der Mut. Er bleibt nur, weil Oxana ihn bereits gehört
hat. "Na, kleine Kröte, willst mich jetzt wohl erpressen
was?", fragt sie und versucht dabei möglichst böse
zu klingen.
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Schon als er ihre Stimme hört, will er wieder weinen und
als er ihr finsteres Gesicht sieht, heult er gleich los und beichtet
ihr alles. "Es tut mir leid Oxi, ich wollte deinen Schlüssel
nicht verlieren. Ich wollte dich doch nur ein bisschen ärgern.
Aber das wollte ich nicht. Ich werde es auch nie wieder tun. Ganz
ehrlich. Bitte Oxi, sei mir nicht böse. Bitte!"
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Oxana genießt diesen Moment. Jetzt versteht sie Joannas
Plan. Sie wollt ihm zeigen, was für Konsequenzen seine Streiche
haben können und das hat auch wunderbar geklappt. Orion wird
es sich in Zukunft zweimal überlegen, bevor er seinen Schwestern
wieder einen Streich spielt. Aber diesen Moment will Oxana besonders
auskosten. "Du hast meinen Schlüssel verloren?",
fragt sie und versucht dabei so zu klingen, als ob sie ihre Wut
kaum unter Kontrolle halten könne. "Und da glaubst du,
dass ich dich so einfach davon kommen lasse. Du musst mir versprechen,
meine Sachen in Zukunft in Ruhe zu lassen. Und außerdem
wirst du einen Monat lang für mich den Müll rausbringen.
Hast du das verstanden?" Orion wagt es die ganze Zeit nicht,
seiner Schwester in die Augen zu sehen, so ein schlechtes Gewissen
hat er wegen des Schlüssels und deshalb stimmt er Oxanas
Forderungen auch widerspruchslos zu.
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Und als sie ihm alle Versprechen abgenommen hat, holt sie plötzlich
den Schlüssel heraus. Orion schaut ihn ungläubig an.
"Wo...wo hast du...wie?", stottert er. "Eines sollte
dir klar sein, Orion, leg dich niemals mit einer Brodlowska an
und schon gar nicht mit gleich zweien davon, denn dann kannst
du nur verlieren." Oxana lacht triumphierend und langsam
dämmert es Orion, dass er von seinen Schwestern reingelegt
wurde.
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Darek ist raus gegangen um sich nach unserem Streit zu beruhigen.
Es ist ihm nicht anzusehen, wenn er wütend ist. Er zeigt
es nur selten. Aber er ist wütend auf mich...und enttäuscht.
Er zeigt seine wahren Gefühle nur selten. Ich kann nie genau
sagen, ob er enttäusch wütend oder glücklich ist,
wenn er nicht will, dass ich es weiß. Und nach all den Jahren,
in denen wir nun schon zusammen sind, habe ich noch immer nicht
gelernt, hinter seine Fassade zu blicken. Wenn er alleine ist,
kann er nachdenken. Doch heute gesellt sich Oxana zu ihm.
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Erst setzt sie sich nur schweigend zu ihm doch nach einer Weile
durchbricht sie die Stille: "Joanna und ich haben euren Streit
mitbekommen, Paps!" Darek sieht sie an und sie erkennt so
etwas wie Scham in seinem Blick. "Ich wollte nicht, dass
ihr unsere Streiterei mitbekommt. Es tut mir leid." "Paps,
du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Du bist nicht derjenige,
der Schuld an den Streitereien hat, sondern Dad. Das war doch
schon immer so."
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Darek schweigt einen Moment, bevor er etwas erwidert. "Du
darfst nicht deinem Dad an allem die Schuld geben, Oxana. Er hat
es nicht leicht. Ich kann sogar nachvollziehen, warum...warum
er immer wieder zur Flasche greift. Versteh mich nicht falsch,
ich finde es nicht richtig, aber irgendwie kann ich es nachvollziehen."
Oxana kann das nicht. Ich weiß nicht genau wann sie angefangen
hat mich zu hassen, doch sie tut es. Nach einer Weile des Schweigens
beginnt Oxana wieder zu sprechen. "Was hat Dad damit gemeint
als er sagte, er hat Angst geschnappt zu werden und er wolle nie
wieder in ein solches Loch. Paps, was hat Dad zu verbergen?"
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Darek wird blass bei dieser Frage, doch Oxana kann es im Dunkeln
nicht erkennen. "Nichts, Oxana. Du muss irgendetwas falsch
verstanden haben. Dein Dad hat nichts zu verbergen." Und
um ihr zu zeigen, dass er es ernst meint, nimmt er sie in den
Arm und es beruhigt Oxana tatsächlich. "Trenn dich von
Dad", sagt Oxana dann plötzlich, "es geht dir doch
nicht gut mit ihm." Auch ohne sie anzusehen, weiß Darek,
dass Oxana es vollkommen ernst meint. "Ich kann nicht",
erwidert er nur ruhig, "und ich will auch nicht. Ohne deinen
Dad würde es mir auch nicht besser gehen, das weiß
ich. Arek kann auch ganz anders sein. Er zeigt es mir immer und
immer wieder. Und diese Momente sind es mir wert bei ihm zu bleiben.
Jeder einzelne von ihnen. Es ist mein Leben, Oxana, und ich lebe
es so, wie ich es für richtig halte. Misch dich bitte nicht
ein, denn es geht nur mich und Arek etwas an."
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Oxana schmiegt sich noch etwas enger an Darek und zeigt ihm damit,
dass sie seine Meinung respektiert, zumindest für den Augenblick.
Dann steht sie auf und lässt Darek, der nun deutlich zufriedener
wirkt, allein im Garten zurück.
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Und dann ist es auch schon Wochenende, der Geburtstag der Mädchen.
Und die ersten Gäste stehen auch pünktlich vor der Tür.
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Eine solche Party ist mal wieder eine Gelegenheit zu schauen,
was die Kostümkiste vom Dachboden alles so bietet. Und die
70er Jahre Outfits können sich wirklich sehen lassen.
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Der Mann vom Partyservice bereitet sofort das Büffet vor
und die Gäste machen sich sofort darüber her. Und auch
die Bowle ist sehr beliebt, auch bei mir. Und so verwundert es
nicht, dass ich bereits ein paar Gläser gekostet habe. Nur
Joanna will nicht so recht essen.
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Doch dann lässt sie sich doch davon überzeugen. Wobei
sie insbesondere die Gesellschaft eines bestimmten Gastes am Tisch
genießt. "Ich finde es echt schön, dass du gekommen
bist, Tobias." Sie strahlt über das ganze Gesicht, als
sie sich zu ihm setzt. "Hast du etwa gedacht, ich würde
deinen Geburtstag verpassen?", antwortet er ihr und lächelt
sie an.
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Nach dem Essen kommt dann der Geburtstagskuchen, wobei es keiner
zum Essen ist. "Wer hat den einen Stripper arrangiert?"
frage ich entsetzt als ich sehe, was da aus der Torte hüpft.
Meine beiden Mädchen sind doch gerade erst 17.
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