19."Kids weg!"
Bringe eins oder mehrere Deiner Kinder dazu, die Singlefamilie zu verlassen
und - aus welchen Gründen auch immer - in einen anderen Haushalt
der gleichen Nachbarschaft umzuziehen. Dein Nachwuchs kann dort als Kind
oder Erwachsenener weiterleben.
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"Orion? Orion! Gib mir sofort meinen Schlüssel zurück!"
Oxana rüttelt an der Tür ihres Kleiderschrankes, doch
sie bleibt fest verschlossen. "Na warte, du kleiner Halunke!
Wenn ich dich in die Finger kriege!"
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Gerade will sie ihrem kleinen Bruder hinterherlaufen, der laut
lachend die Treppe hoch eilt, als Joanna durch die Tür kommt.
"Was hat er den jetzt schon wieder angestellt?", fragt
sie ihre Schwester mit einem breiten Grinsen. "Du findest
das wohl auch noch lustig?!", empört sich Oxana. "Die
kleine Kröte hat einfach meinen Schlüssel geklaut und
jetzt komme ich nicht an meine Sachen!"
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"Warte, dein Schrank ist gleich auf. Kannst mir eine Haarnadel
geben?" Oxana mustert ihre Schwester etwas skeptisch. Doch
als sie Joannas auffordernden Blick bemerk, gibt sie ihr die gewünschte
Haarnadel. Und dann beobachtet sie noch weit aus skeptischer,
wie sich Joanna an ihrem Schloss zu schaffen macht.
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"So, das war‘s!", verkündet Joanna noch wenigen
Sekunden und öffnet die Schranktür. Oxana ist sprachlos
und starrt den offenen Schrank an. "Wie...wo...wo hast du
das den gelernt?", fragt sie schließlich. "Abuelo
Carlos hat es mir gezeigt. Er meinte, es kann immer mal nützlich
sein, ein Schloss zu knacken. Und er hatte recht."
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"Aber warum schließt du deinen Schrank überhaupt
ab?" "Warum?", Oxana sieht ihre Schwester ungläubig
an, "Damit diese kleine Kröte nicht noch ganz andere
Dinge mit meinen Sachen macht". Joanna muss schon wieder
grinsen. "Er liebt es dich zu ärgern und du lässt
dich immer wieder auf die Palme bringen. Aber diesmal hat er die
Rechnung ohne mich gemacht. Ich hol dir den Schlüssel zurück
und unser Brüderchen wird nicht einmal merken, dass er ihn
nicht mehr hat."
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Joanna geht gleich nach oben zu Orion, der in seinem Zimmer immer
noch über seinen Streich lacht. "Was ist denn so lustig?",
fragt sie ganz unschuldig, als sie sein Zimmer betritt. "Ich
hab Oxanas Schlüssel vom Schrank geklaut", erzählt
er ihr sofort. "Jetzt ärgert sie sich wieder. Ich finde
das immer so lustig. Ich muss mir nur noch überlegen, was
ich von ihr will, damit ich ihn ihr zurückgebe."
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"Ach, deshalb, hat sie so rumgebrüllt", Joanna
tut immer noch so, als ob das alles neu für sie wäre.
"Lass sie am besten noch etwas schmoren, dann ist es noch
viel lustiger." Orion nickt darauf nur eifrig und freut sich,
dass seine andere große Schwester ihn bei seinem Streich
unterstützt. Und dann fängt Joanna an, ihren Bruder
von oben bis unten durchzukitzeln. Allerdings nicht ohne einen
Hintergedanken. Denn während sie ihn kitzelt wandern ihre
Hände geschickt in die Taschen von Orions Latzhose. Und in
einer wird sie fündig: Oxanas Schrankschlüssel! Und
ohne dass Orion etwas merkt nimmt sie ihm den Schlüssel wieder
ab.
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Währenddessen wartet Oxana ungeduldig im Wohnzimmer. Als
Joanna dann herunterkommt will sie sofort wissen, was sie bei
Orion gemacht hat. "Hier hast du deinen Schlüssel."
Erstaunt nimmt Oxana den kleinen Metallgegenstand an sich. "Orion
hat keine Ahnung, dass ich ihm den Schlüssel abgenommen habe."
Erklärt Joanna, als sie den fragenden Blick ihrer Schwester
sieht. "Das ist auch eine Sache, die Großvater mir
gezeigt hat und wieder äußerst nützlich. Erzähl
Orion aber nichts. Er soll schließlich eine Lektion erhalten."
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"Und was sollen wir jetzt machen?" Oxana weiß
noch nicht so ganz worauf ihre Schwester eigentlich hinaus will.
"Nichts, nur warten. Lass uns am besten in die Stadt fahren."
Das macht Oxana zwar auch nicht schlauer, aber gegen einen kleinen
Einkaufsbummel hat sie nichts einzuwenden und darum ruft Joanna
gleich ein Taxi.
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Und in der Stadt geht es sofort in die Klamottenläden. Doch
die beiden durchstöbern die Läden nicht nur zum Spaß.
In den letzten beiden Jahren sind sie plötzlich so schnell
gewachsen, dass ihnen kaum noch etwas passt.
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Und im Laden treffen, die beiden Sylvia. "Hallo Tante Sylvia!",
begrüßt Oxana sie. Seitdem sie mit Darek für einige
Zeit bei den Mashugas gewohnt hat, haben die beiden ein sehr gutes
Verhältnis zueinander. "Kind, nenn mich doch nicht Tante.
Das macht mich älter als ich bin. Und wo wir schon beim Alter
sind, ich hoffe ich werde zu Eurer Geburtstagsparty am Wochenende
eingeladen?!" "Klar, Tante Sylvia und bring Onkel Franky
gleich mit. Paps wird sich freuen euch zu sehen."
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Und im nächsten Laden gibt es das nächste Treffen. "!Hola,
niñas!", begrüßt sie ein älterer Mann,
den beide sofort an der Stimme erkennen. "!Hola, abuelito!"
Die Mädchen umarmen ihren Großvater, den sie seit seinem
Auftauchen vor zwei Jahren sehr ins Herz geschlossen haben. "Ihr
gebt wohl wieder das schwer verdiente Geld eurer Väter aus,
nicht wahr, niñas? Schont ihr Portmonee. Heute bezahle
ich. Ihr habt ja bald Geburtstag." Und das lassen Joanna
und Oxana sich nicht zweimal sagen.
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Und es dauert auch nicht lange, bis die beiden etwas Hübsches,
Teures gefunden haben. "Was meinst du Jojo, kann ich dieses
Kleid bei unserer Party tragen?" Und ob sie das kann. Joanna
ist begeistert, denn sie hat sich fast dasselbe Kleid in Weiß
ausgesucht und auch mein Vater betrachtet stolz seine hübsche
Enkeltochter.
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Nachdem mein Vater alles wie versprochen bezahlt hat und die Mädchen
sich bei ihm bedankt und verabschiedet haben, setzen sie sich
in ein Café im Einkaufszentrum. "Wir lassen Orion
aber auf keinen Fall auf seiner Trommel spielen. Das vergrault
uns bloß alle Gäste." Joanna verschluckt sich
fast an ihrem Cappuccino als sie sich das bildlich vorstellt.
"Nein, meint sie schließlich. Dad hat mir aber die
Nummer eines Partyservices gegeben. Dort können wir uns dann
auch einen DJ bestellen."
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Die beiden unterhalten sich noch auf dem Heimweg angeregt über
ihre Geburtstagsfeier. Doch ihre Laune sinkt schlagartig, als
sie ins Haus kommen. Joanna fasst ihre Schwester am Arm und hält
sie fest. "Paps und Dad streiten mal wieder, aber Oxana bitte,
mach es nicht noch schlimmer. Lass sie einfach. Das ist das Beste
für uns alle." Oxana sieht das zwar etwas anders, aber
sie hört auf ihre Schwester und die beiden bleiben schweigend
im Flur.
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"Musst du dich denn schon wieder besaufen? Arek, du machst
dich kaputt damit. Geht das nicht in deinen Kopf hinein."
Das Thema unserer Streitereien ist eigentlich immer dasselbe,
doch das macht die Streitereien nicht weniger heftig. "Und
kapierst du nicht, dass ich trinke, so viel ich will und wenn
ich Lust dazu habe?!"
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"Muss du ständig damit anfangen. Ich muss gleich los
zur Arbeit. Ich kann da nicht hin, wenn ich nichts getrunken habe.
Weißt du, was für ein scheiß Angst ich jedes
Mal habe geschnappt zu werden. Wenn ich nichts getrunken habe,
dann kann ich mich nicht konzentrieren. Und dann schnappen sie
mich und gerade du solltest wissen, dass ich nicht wieder in eins
dieser Löcher gesteckt werden will. Nicht noch einmal!"
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"Dann schmeiß doch den Job hin!" Auch das ist
ein häufiges Thema zwischen uns. "Wenn du nicht wieder
in den Knast willst, dann mach nichts, was dich dorthin bringen
könnte. Scheiß auf das Geld! Wir brauchen doch nicht
viel!" Dareks Stimme wird wieder ruhiger und in seinen Augen
wird tiefe Besorgnis sichtbar. "Wenn du den Job behältst,
dann wird dich deine Trinkerei kaputt machen. Sie wird uns kaputt
machen!" Die letzten Worte sind nur noch geflüstert
und in Dareks Augen blitzen Tränen auf.
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Eigentlich weiß ich, dass Darek nur mein Bestes will, aber
ich will nicht, dass irgendwer über mein Leben bestimmt.
Auch er nicht! "Du willst als, dass ich meinen Job hinschmeiße?
Dass ich wieder zu einem kleinen, arbeitslosen Niemand werde,
der von anderen abhängig ist? Der von dir abhängig ist?"
Ich werde wieder laut und brülle Darek regelrecht an und
als er versucht beruhigend auf mich zuzukommen, stoße ich
ihn von mir weg. "Nein, das kannst du vergessen! In meinem
Job bin ich gut. Ich werde respektiert. Das werde ich nicht aufgeben!
Niemals!"
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