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8. Der erste Nachwuchs

Einer der Mitbewohner entdeckt ebenfalls in sich familiäre Gefühle und adoptiert ohne das Wissen Eures Singles ein Kleinkind.

Der eigene Nachwuchs hat es mittlerweile auch zum Kleinkind gebracht und nun herrscht doppelter Stress in Erziehungsfragen.

Nun ist es an Euch zu entscheiden, welchem Kind Ihr alle Aufmerksamkeit und Zuwendung geben wollt. Wie immer Ihr Euch auch entscheidet, das andere Kind erfährt das genaue Gegenteil, so dass es einen schlechten Start in die Kindheit hat.

Nach Wunsch darf ein Kindermädchen eingestellt werden.

Bei den Spielzeugen beschränkt Euch bitte nur auf das Wackel-Kaninchen (für jedes Kind einen, wenn gewünscht), mit dem die Kinder Charisma lernen können. Das Puppenhaus und die Spielzeugkiste sind auch ok.

 




Ein lautes Schreien riss mich aus meinen Träumen. Es dauerte einige Sekunden bis ich realisierte, dass ich in meinem Bett und nicht am Strand einer karibischen Insel lag und Kinga diesen ohrenbetäubenden Lärm von sich gab. "Wie spät ist es", fragte Dominik noch immer im Halbschlaf. Ich drehte mich zur Seite und schaute auf die grüne Digitalanzeige meines Weckers. "Es ist halb fünf." Dominik entfuhr ein tiefer Seufzer. "Kann dieses Kind denn nicht eine Nacht durchschlafen? In zwei Stunden hätte ich eh aufstehen müssen. Hätte sie nicht warten können?"


Diese Woche war er dran mit dem nächtlichen Aufstehen und er wollte auch schon raus aus dem Bett, als ich ihn zurückhielt. "Bleib ruhig liegen, ich sehe schon nach unserer Tochter. Ich müsste ohnehin in einer halben Stunde aufstehen und raus auf die Weide fahren. Da lohnt es sich fast nicht mehr, noch einmal einzuschlafen." Und schon war ich unter den Federn hervorgekrochen und bereit mich um den Schreihals im Nebenzimmer zu kümmern. "Ich liebe dich, Oxana", murmelte Dominik und schlief sofort wieder ein.


Bei seinen Worten verkrampften sich unweigerlich meine Finger, die die Bettdecke glattstrichen. Auch nach all den Monaten war es nicht einfacher geworden zu hören, dass er mich liebte. Kinga hörte sofort auf zu schreien, als ich an ihr Bettchen trat und sie heraushob. Ein markanter Geruch verriet mir sofort wo der Schuh drückte. Ich konnte nur hoffen, dass sie gleich noch einmal einschlief, wenn ich ihre Windeln gewechselt hatte. Zumindest bis zum Sonnenaufgang.


Als ich einige Stunden später wieder von der Weide zurückkam, war Dominik schon auf der Arbeit. Ein Blick in Kingas Kinderzimmer verriet mir, dass die Kleine immer noch schlief. Roland hatte heute seinen freien Tag und passte auf sie auf, solange ich nicht da war, aber scheinbar war er heute nicht einmal nötig gewesen. Da ich endlich etwas Zeit für mich hatte, entledigte ich mich meiner Arbeitskleidung und sprang unter die Dusche. Als der Dreck abgewaschen war, setzte ich einen Kaffee auf und schnappte mir das Fotoalbum. Meine Großmutter wollte endlich neue Babyfotos von ihrer ersten Urenkelin sehen.


Es war unglaublich, wie schnell Kinga groß geworden war. Erst vor wenigen Monaten war sie ein kleines hilfloses Würmchen gewesen, bei dem man Angst haben musste, dass sofort etwas abbrechen könnte, wenn man nur zu fest drückte.


Und ihr erster Geburtstag war auch schon fast neun Monate her. Bald würde sie zwei werden. Ich nahm die zwei Fotos aus dem Album und steckte sie in einen Briefumschlag, in dem auch schon ein Brief an meine Großeltern lag. Ich schrieb ihnen fast jeden Monat, schickte den Brief dann aber ohne Absender los. Über Joanna erfuhr ich dann immer, wie es den beiden ging. Noch immer wusste niemand aus meiner Familie, wo ich eigentlich war und ich wollte, dass das auch so blieb. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass eines Tages Dad vor meiner Tür stand und mein ganzes Leben erneut auf den Kopf stellte.


Das Telefon riss mich aus meinen Gedanken. "Hier bei Blech, Brodlowska, Linse und Reichardt", meldete ich mich mit der inzwischen doch sehr lang gewordenen Ansage. Am anderen Ende der Leitung antwortete eine Frau: "Hier ist das Jugend- und Familienamt von Simtropolis. Wohnt ein gewisser Herr Roland Reichardt bei ihnen?"


"Roland, Telefon für dich!", schrie ich durch die Esszimmertür in Richtung Rolands Zimmer. Roland kam auch sofort. "Schrei doch nicht so, sonst weckst du noch Kinga", tadelte er mich und ich zuckte erschrocken zusammen, weil ich gar nicht daran gedacht hatte. Aber scheinbar war ich noch einmal davongekommen, denn es blieb ruhig. "Irgendwer von Jugendamt aus Simtropolis", gab ich den Hörer weiter und zuckte mit den Schultern. "Roland Reichardt am Apparat, mit wem spreche ich?" Ich hörte gar nicht weiter zu, sondern ging in die Küche und bereitete ein paar Pfannkuchen zu. Ich hatte heute noch gar nichts gegessen.


Roland war leichenblass, als er sich zu mir an den Tisch setzte. "Was ist denn passiert", murmelte ich erschrocken, noch mit der Gabel im Mund. Roland sah wirklich so aus, als ob er gerade einen Geist gesehen hätte. "Die Frau am Telefon hat gesagt, ich wäre Vater einer zweijährigen Tochter. Noch heute Nachmittag würde jemand aus Simtropolis mit dem Kind hier vorbeikommen."


"Das ist doch wohl ein schlechter Scherz", platzte ich heraus. "Wenn du Vater wärst, dann wüsstest du das doch. Welche Frau würde denn dem Kindsvater so etwas Wichtiges vorenthalten?" Noch während ich sprach, wurde mir klar, was für einen Blödsinn ich da gerade von mir gab. Ich selbst war solch eine Frau. Und würde Albert jemals von seinem Kind erfahren, dann wäre er genauso fertig, wie Roland es gerad war. Glücklicherweise bemerkte Roland mein Stocken nicht. "Hast du denn eine Ahnung, wer die Mutter des Kindes sein könnte?", fragte ich vorsichtig nach.


Roland zuckte hilflos mit den Schultern. "Rein theoretisch gebe es da schon die ein oder andere Frau, die in Frage käme". Rolands Antwort überraschte mich etwas. Ich hatte nie mitbekommen, dass es da irgendwelche Frauen gab. Außer bei einem Mal! Und ich sah in Rolands Augen, dass er an genau dieses eine Mal dachte. "Glaubst du etwa, "sie" ist es?". Roland seufzte schwer. "Ich hab mit ihr geschlafen. Und sie ist die einzige Frau in Simtropolis, die ich kenne."

 

 


Roland konnte kaum einen Moment ruhig sitzen bleiben. Ständig ging er von Zimmer zu Zimmer, setzte sich mal auf den einen, dann auf einen anderen Sessel, begann eine Zeitschrift zu lesen, nur um sie im nächsten Moment wieder beiseite zu legen. Und mit seiner Nervosität steckte er mich nur an, sodass ich mich genauso wie er verhielt und selbst keine ruhige Minute fand. Unsere Blicke wanderten immer wieder zur Straße und bei jedem vorbeifahrenden Auto sprang Roland auf, nur um zu beobachten, wie der Waagen einfach an unserem Haus vorbeifuhr. Die Minuten vergingen wie Stunden.
Und dann geschah es doch. Ein hellblauer Kombi hielt an der Straße und eine Frau im schwarzen Kostüm und streng zusammengebundenen Haaren stieg aus dem Wagen. Und auf der Rückbank des Autos konnten wir beide ein kleines Kind erkennen.


Roland stürmte sofort auf die Frau zu, die offenbar für das Jugendamt von Simtropolis arbeitete. "Sie sind dann wohl Herr Roland Reichardt?", begrüßte sie ihm kurzangebunden mit dem Kind auf dem Arm, das seinen Vater mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Roland nickte nur. "Dann ist das hier ihre Tochter Constance". Und damit legte sie das Kind in Roland Arme. "Die Polizei brachte uns das Kind vor wenigen Tagen, nach der Stürmung eines Bordells in Simtropolis. Die Mutter des Kindes scheint dort wohl angestellt gewesen zu sein." Bei diesen Worten musterte sie Roland abfällig. "Wie dem auch sei, von der Mutter fehlt jede Spur und in der Geburtsurkunde, die wir fanden, sind sie als Vater eingetragen. Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an das Jugendamt der Sierra Simlone." Und mit diesen Worten drehte sie sich um ging zu ihrem Wagen. Wortlos beobachtete Roland, wie es in der Ferne verschwand.


Roland blieb wie angewurzelt im Garten stehen und regte sich kein bisschen. Besorgt ging ich auf ihn zu. Sein Blick schaute einfach nur ins Leere. Er schien nicht einmal zu bemerken, dass das Kind auf seinem Arm anfing zu schreien. "Roland, alles okay mit dir?", fragte ich vorsichtig nach. Eigentlich sah ich, dass dem nicht so war, aber ich wusste nicht, wie ich ihn sonst aus seiner Teilnahmslosigkeit reißen sollte.


"Sie musste im Bordell arbeiten." Roland sprach so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. "Kannst du dir das vorstellen? Wie weit unten muss Letizia gewesen sein, dass sie keinen anderen Ausweg sah? Ich hätte ihr doch geholfen! Aber ich wusste es nicht, Oxana. Ich wusste wirklich nichts von dem Kind." Ich dachte, Roland würde jeden Moment in Tränen ausbrechen. Ich konnte deutlich erkennen, welche Vorwürfe er sich gerade machte. Ich hatte Letizia nie gemocht, aber solch ein Schicksal wünschte ich nicht einmal ihr.


Ich nahm ihm das kleine Mädchen ab und trug es ins Haus. Roland folgte mir, wobei er sich die ganze Zeit selbst Vorwürfe machte. Constanze hatte aufgehört zu weinen, ihre Augen waren aber so weit aufgerissen, dass ich jeden Moment mit einer weiteren Heulattacke rechnete. Ich konnte die Kleine natürlich verstehen. Sie war seit Tagen von ihrer Mutter getrennt und wurde sicherlich von einem Ort zum nächsten gebracht, ohne auch nur die Chance zu haben, sich an irgendwen zu gewöhnen. Glücklicherweise beruhigte Constanze sich schnell wieder und zeigte reges Interesse an einer von Kingas Puppen, die im Wohnzimmer herumlag und so hatten Roland und ich ein paar ruhige Minuten. "Ich bin Vater", sagte er ungläubig, als ob er erst jetzt zu realisieren begann. Danach schwiegen wir erneut und betrachteten das kleine Mädchen auf dem Boden, das die gleichen roten Augen und die gleiche seltsame aschgraue Haut aufwies, die wir nur all zugut kannten.


Dominik war der Erste, der Rolands Tochter entdeckte. "Komm und verwöhn deinen Mann", forderte er mich grinsend auf, als er kurz vor Abend aus der Arbeit erschien. Doch dann sah er das Kleinkind auf dem Teppich sitzen, das aufgeregt mit der Puppe spielte. "Oh Gott, was ist denn das für ein hässlicher, glatzköpfiger Gnom?" Er konnte sich nicht einmal zurückhalten und begann laut zu lachen. Trotzdem beugte er sich zu der Kleinen herunter und lächelte sie an, woraufhin Constanze ihre Puppe zur Seite legte und den unbekannten Mann, mit ihren roten Augen anstarrte. "Oh, Mann, die Eltern dieses Kindes tun mir echt leid. So etwas Hässliches hab ich in meinem Leben noch nie gesehen. Wo hab ihr zwei bloß dieses Ding aufgetrieben?" Mein gesamtes Blut wich aus meinem Gesicht, als ich Dominiks Worte hörte und ich wünschte mir, auf der Stelle vom Sofa verschluckt zu werden. Stattdessen beobachtete ich entsetzt, wie sich Rolands Gesicht gefährlich rötete.


Noch bevor ich reagieren konnte, erhob Roland sich und starte Dominik finster an. "Dieser 'hässliche Gnom' ist meine Tochter!" Seine Stimme bebte vor Zorn, doch irgendwie schien Dominik das zu entgehen. Oder es kümmerte ihn einfach nicht. "Ach, Reichardt, das hätte ich mir eigentlich denken können. Solch eine Grausamkeit der Natur kann nur mit dir verwandt sein." Dominik konnte sich kaum noch zurückhalten, um nicht in offenes Gelächter auszubrechen, doch der Anblick von Constance war einfach zu viel. "Ich will gar nicht erst wissen, wie die Mutter ausgesehen hat", prustete er los. "Du musst entweder blind oder total verzweifelt gewesen sein, wobei ich bei dir eher auf letzteres tippe."

 

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kor. 06.08.2010