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Dareks Auszug ist auch für die Kinder nicht leicht, aber
beide wissen, dass er immer in der Nähe ist. Für Joanna
war Dareks Auszug keine wirkliche Überraschung. Für
Orion kam alles viel unerwarteter, aber auch er hat mitgekriegt,
dass zwischen Darek und mir nicht alles in Ordnung gewesen ist.
Und er hat mitgekriegt, dass Abraham öfter im Haus anzutreffen
ist, auch wenn er Orion eher meidet. Joanna genießt die
letzten Sonnenstrahlen des Spätsommers, als Orion bei ihr
auftaucht. "Papa, kommt nicht mehr wieder, oder?", fragt
er sie.
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Sie sieht ihn verwundert an, denn eigentlich hat sie ihm Dareks
Auszug ausführlich erklärt und auch dieses Mal verneint
sie seine Frage. Doch Orion ist keineswegs enttäuscht, sondern
setzt eine Mine auf, als ob er intensiv über etwas nachdenken
würde. "Wir Abraham mein neuer Papa?", fragt er
dann. Joanna starrt ihn entsetzt an. Auf diese Idee ist sie selbst
noch nicht gekommen und im Grunde ist sie auch völlig absurd.
"Nein, ich denke nicht", ist deshalb ihr Antwort.
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Wieder scheint Orion das nicht zu bekümmern. Er scheint sich
stattdessen in seinen Überlegungen bestätigt zu fühlen.
"Dann kommt jetzt meine Mama wieder zurück!", verkündet
er schließlich. Joanna verschlägt es die Sprache, und
bevor sie sich erholt hat, plappert Orion weiter. "Bis jetzt
hatte ich einen Daddy und einen Papa. Doch wenn Papa jetzt nicht
mehr da ist, dann bekomme ich eine Mama. Weil alle Kinder haben
zwei Eltern."
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"Ach, Kleiner", seufzt sie und umarmt ihren Bruder.
"Du solltest dir wegen deiner Mama nicht so viele Hoffnungen
machen. Es kann sein, dass sie nicht wiederkommt, weißt
du." Doch Orion lässt sich seine Freude nicht trüben.
"Doch, sie wird kommen", sagt er mit Überzeugung.
"Ich habe alles ganz genau überlegt. Sie wird kommen."
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Orion wirkt so glücklich und dieser Anblick schmerzt Joanna,
da sie weiß, dass Lucy nicht wiederkommen wird. Schließlich
hat sie sich auch die letzten sechs Jahre nicht für ihn interessiert.
Trotzdem hat er sie zum Nachdenken gebracht und je mehr sie überlegt,
desto mehr formt sich in ihrem Kopf die Idee, Lucy zu finden,
und ihrem Bruder eine Freude zu machen. "Dad, du weißt
nicht zufällig, wo Lucy sein könnte?", fragt sie
mich.
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"Lucy?", frage ich verwirrt. "Wieso willst du überhaupt
wissen, wo sie ist?" Sie erzählt mir von ihrem Gespräch
mit Orion, doch anders als sie, halte ich es für keine gute
Idee, Lucy zu suchen, und das gebe ich ihr auch deutlich zu verstehen.
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"Nein, ich hab keine Ahnung, wo Lucy steckt. Und weißt
du was, es ist mir auch vollkommen egal. Ich will diese Frau nie
wieder sehen", meine Stimme wird immer lauter und am Ende
brülle ich Oxana fast an, die natürlich entsetzt zurückweicht.
Das beruhigt mich wieder. "Sie hat mich damals im Stich gelassen.
Allein mit dem Baby. Sie hat nicht eine Sekunde an mich gedacht,
sondern ist ohne ein Wort abgehauen. Ich könne ihr nicht
das Leben bieten, was sie wolle. Pah! Auf so eine Mutter kann
Orion ruhig verzichten." Aus meiner Stimme hört Joanna
die Verbitterung und Abscheu, die ich für Lucy empfinde,
deutlich heraus. Und deshalb versucht sie gar nicht erst mich
weiter zu überzeugen.
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Doch das ändert nichts daran, dass sie Lucy finden will.
Sie ist Orions Mutter und er hat ein Recht, sie wenigstens kennenzulernen.
Deshalb ruft sie Tobias an. "Kannst du vorbeikommen?",
bittet sie ihn. "Ich könnte deine Hilfe gebrauchen...außerdem
vermisse ich dich. Ich liebe dich", haucht sie noch in den
Hörer, bevor sie auflegt.
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Und es dauert auch nicht lange, bis er da ist und sie in seine
Arme schließt. "Alles in Ordnung?", fragt er.
"Du hast am Telefon so aufgeregt geklungen." "Kannst
du mir dabei helfen, jemanden ausfindig zu machen?", beginnt
sie zu erklären. "Du hast doch bestimmt die Mittel dazu."
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Natürlich kann er das und er möchte es auch. Sie setzen
sich draußen auch die Schaukel und Joanna berichtet ihm
von ihrem Plan. "Es wäre gut für Orion, wenn endlich
mal etwas Schönes in seinem Leben passiert. Er hat schon
genug mitgemacht", schließt sie ihre Erzählung.
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"Und wie geht es dir, Süße?", fragt Tobias
und streichelt dabei liebevoll ihre Wange. "Es geht mir gut,
alles in Ordnung", erwidert Oxana, doch Tobias kennt sie
viel zu gut, um sie nicht zu durchschauen. Und so stützt
sie ihre Stirn gegen seine ab und seufzt. "Es ist schwer,
Tobi. Alles bleibt an mir hängen. Orion ist noch so klein
und Dad...er schafft es nicht richtig, sich um ihn zu kümmern."
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"Er...er trinkt. Und dann ist ihm alles egal. Orion, ich.
Und wenn er doch nüchtern ist, dann vergnügt er sich
mit diesem Abraham und wer weiß mit wem sonst noch. Das
ist zu viel für mich, Tobi", beginnt sie zu schluchzen.
"Ich hab das doch schon einmal mitgemacht. Und da war ich
gerade einmal zwölf. Ich weiß nicht wie lange ich das
durchhalte. Ich wünsche mir so sehr, dass Paps wiederkommt
und mich aus dieser Situation befreit. Aber das kann ich nicht
von ihm verlangen."
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Tobias nimmt sie in den Arm und hält sie einfach nur fest.
Und sie weint sich den Kummer von der Seele. Endlich muss sie
nicht die ganze Zeit die Starke spielen, sondern sie kann ihren
Gefühlen freien Lauf lassen und sich in Tobias Armen geborgen
fühlen. Draußen wird es langsam dunkel und die beiden
entfernen sich ein wenig von Haus und schlendern am Ufer des Kanals
entlang, der direkt hinter unserem Haus verläuft.
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"Du bist die stärkste und bewundernswerteste Frau, die
ich jemals kennengelernt habe, Joanna", gesteht er ihr. "Ich
liebe dich so wahnsinnig. Du wirst das durchstehen. Nicht nur
durchstehen wirst du das, du wirst noch stärker aus dieser
Situation hervorgehen. Und ich werde dich immer unterstützen.
Mein Leben lang."
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Und dann sinkt er auf die Knie. Oxana hält sich vor Überraschung
die Hände vor ihren Mund und starrt ihn an. Es erscheint
ihr wie in Zeitlupe, als er eine Schachtel aus seiner Tasche zieht
und sie langsam öffnet. Der Ring, der sie im Schein des Mondlichtes
anfunkelt ist atemberaubend und er lässt keine Zweifel daran,
was Tobias mit diesem Ring aussagen möchte.
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Trotzdem stellt er die Frage der Fragen. "Joanna, willst
du meine Frau werden?" Sie nickt ohne zu zögern und
haucht ein überglückliches "Ja" und steckt
sich den Verlobungsring an den Finger. "Gefällt er
dir?", fragt er sie und kann gar nicht den Blick von ihr
nehmen. "Oh Gott, Tobias, ja, er ist wundervoll",
erwidert sie überschwänglich. "Aber mir würde
jeder Ring gefallen, die Hauptsache ist, er stammt von dir."
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Auch für Darek könnte alles wunderbar sein, wenn da
nicht die Schmerzen wären. Dareks Beschwerden mit seinem
Magen häufen sich immer mehr und er bemerkt selbst, dass
er seinen Appetit verloren hat und dass er immer dünner wird.
Bis jetzt hat er es immer auch den Stress abgeschoben, doch langsam
kommen ihm Zweifel.
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Und auch Arne bemerkt, dass es Darek nicht gut geht. "Darek,
du musst endlich zu einem Arzt gehen", drängt er ihn
besorgt. "Du bist erst drei Wochen bei mir, aber ich kann
doch sehen, dass es dir immer schlechter geht." Darek seufzt
schwer, nickt dann aber mit dem Kopf. "Gut, ich werde morgen
Dr. Quinn aufsuchen. Und dann werden wir beide wissen, dass es
nur eine harmlose Magenverstimmung ist". Allerdings ist ihm
deutlich anzusehen, dass er selber nicht von dem überzeugt
ist, was er gesagt hat.
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Darek vereinbart einen Termin bei Dr. Quinn und erzählt ihr
von den Beschwerden, die ihn quälen. Dr. Quinn bittet ihn
sich freizumachen und tastet dann seinen Bauch ab. "Ich werde
einen Ultraschaluntersuchung machen müssen", erklärt
sie, nachdem sie die gründliche Untersuchung des Bauchs abgeschlossen
hat. "Und ich muss ihnen Blut abnehmen. Nach der Blutuntersuchung
kann ich ihnen dann mehr sagen."
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Gleich am nächsten Morgen klingelt das Telefon. "Herr
Brodlowski, Sie sollten umgehen in die Klinik kommen", meldet
sich Dr. Quinn und nicht wie sonst eine Krankenschwester. "Es
ist wirklich sehr dringend", fügt sie hinzu, kurz bevor
sie das Gespräch beendet.
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