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Mitten in der Feier tauchte plötzlich ein uralter Mann auf. "Moses persönlich ist auf meiner Party erschienen", schoss es mir bei seinem Anblick durch den Kopf und im nächsten Augenblick rügte ich mich selbst für diesen blasphemischen Gedanken.


Und trotz seines hohen Alters war der Fremde alles andere als unbeweglich. Er begann ausgelassen zu der Musik zu tanzen und lachte dabei über das ganze zahnlose Gesicht. Und als er dann plötzlich anfing, selbst ein paar alte Volkslieder zum Besten zu geben, schnappten wir anderen uns ein paar Topfe aus der Küche und begleiteten ihn instrumentell.


Dabei stellten wir uns wirklich gut an, wie ich fand. Mit dem Gesang des Alten, den rhythmischen Schlägen unserer "Instrumente" und auch der gesanglichen Unterstützung im Refrain konnten wir uns hören lassen. Zumindest hatten alle einen Heidenspaß. Besonders Frau Tülle, von der "Blauheiden Farm" amüsierte sich köstlich.


Zum Abschluss der Darbietung bewarfen wir uns gegenseitig mit Konfetti, welches irgendwer zuvor an alle Gäste verteilt haben musste. Ich fand es sehr schade, als der alte Mann sich dann nach einem Glas Bowle und einem deftigen Rippchen von uns verabschiedete und leise vor sich hin lachend in Richtung Wüste verschwand.


Als krönenden Abschluss dieses Festes entzündeten wir ein großes Feuer, dass in dieser klaren Nacht sicher noch bis weit in die Wüste hinein zu erkennen war. Plötzlich stimmte Roland ein altes Volkslied an und zeigte mir ein paar Schritte, die mich irgendwie an eine Polka im Country-Stil erinnerten. Doch lustig war es allemal.


Nach und nach verabschiedeten sich die Gäste und schließlich war nur noch Albert da. "Sss war ne wundervolle Patty, Ochschana", lallte er, strahlte dabei aber über das ganze Gesicht. Er hatte ganz offensichtlich ein paar Gläser zuviel von der Bowle gekostet. "Ich hoffe du machscht sowasch bald wieder."


Und dann umarmte er mich überschwänglich und drückte mich fest an sich. "Du bischt eine...eine escht tolle Frau. Jaa dasch bisse wirklich." Und bei diesen Worten wiegte er mich sacht hin und her.


Und ich genoss es. Ich genoss jede seiner Berührungen. Ich genoss seinen festen Griff, der mich umklammerte und ich genoss es, von ihm als tolle Frau bezeichnet zu werden. In diesem Moment wünschte ich mir, dass er mich nie wieder los ließe, dass er hier bliebe und mich....Nein! Was dachte ich da bloß. Das hier war Gerdas Mann!


Ich löste mich hastig aus seiner Umarmung und verabschiedete mich. Und dann machte sich Albert fröhlich pfeifend auf den Weg nach Hause. Nach Hause zu seiner Ehefrau, wie ich mir noch einmal ins Gedächtnis rief. Und trotzdem zog es mich dann unweigerlich zu dem Fenster meines Zimmers und ich starte in die Dunkelheit hinein, in die Albert gerade entschwunden war.

 

 


Früh am nächsten Morgen stand Roland auf and begann das Chaos vom vergangenem Abend zu beseitigen. Insbesondere die Essensreste mussten weg, bevor die Sonne zu hoch stand, ansonsten würde es in wenigen Stunden nur so von Fliegen und anderen Insekten wimmeln, die nur zu gerne auch in das Haus flogen. Einmal saß sogar ein Geier auf unserer Veranda, als ich versehentlich einen Burger hab stehen lassen.


Roland bemerkte in seinem Arbeitseifer nicht einmal, dass Tristan sich ihm nährte. Doch als er sich mit einem Stapel Teller in der Hand umdrehte und seinen besten Freund sah, war er doch angenehm überrascht. "Hi, Tristen", begrüßte er ihn fröhlich und stellte die Teller zurück auf dem Tisch. "Wo warst du den gestern Abend? Du hast doch gesagt, dass du kommst und du hast echt eine tolle Party verpasst."


Doch Roland merkte schnell, dass irgendetwas nicht stimmte. Das war nicht der ständig fröhliche und lachende Tristan, den er sonst kannte. "Was ist los Tristan?", fragte er deshalb sofort. Tristan Blick sprach eigentlich Bände. Irgendetwas war passiert, dass ihn tief getroffen hatte. Roland wusste nur noch nicht was. "Es gab ein paar Probleme in meiner WG", erklärte Tristan und Roland ahnte schon, dass "ein paar Probleme" stark untertrieben war.


Doch er drängte Tristan nicht. Er würde ihm schon erzählen, was passiert war, wenn er es wollte. Und Tristan wollte darüber reden, auch wenn er nur zögerlich begann: "Du kennst doch meine drei Mitbewohner Martin, Frank und Abdul. Wir haben alle vier gemeinsam bei der SimÖl Gesellschaft angefangen und eine Haus zugewiesen bekommen. Und du weißt ja selbst wie das ist. Bevor du anwirbst verspricht dir die Gesellschaft das Blau vom Himmel und wenn du in der Sierra Simlone angekommen bist, stecken sie dich monatelang in ein Zeltlager oder in eine überfüllte Wohnung. Da hatten wir vier ja noch Glück und eigentlich dachte ich, dass die Jungs ganz in Ordnung wären, doch da habe ich mich scheinbar gewaltig getäuscht."


"Abdul hat gestern irgendwo aufgeschnappt, dass ich auf Typen stehe. Es ist nicht so, dass ich das verheimlichen würde, aber ich muss nicht jedem meine Sexualität auf die Nase binden und bis jetzt hatte ich noch keinen Grund gehabt, es meinen Mitbewohnern zu sagen." Tristan wurde langsam immer lauter und immer zorniger. "Aber die Jungs sahen das wohl etwas anders. Abdul ging sofort auf mich los und meinte, dass so ein Verhalten nur total widerlich sei. Und mein anderer Mitbewohner Martin warf mir an den Kopf, dass er niemals mit mir Schwuchtel in einem Bett geschlafen hätte, wenn er es gewusst hätte. Als ob ich ihn jemals auch nur angeflirtet hätte! Wir haben nun mal nur zwei Doppelbetten in unserem Haus und irgendwie müssen wir zu viert darin schlafen. Und dann haben sie mir mitgeteilt, dass ich mir lieber so schnell wie möglich eine neue Bleibe suchen soll, denn mit einem wie mir wollten sie nicht länger unter einem Dach wohnen."


"Und selbst Frank hat sich auf deren Seite gestellt. Dabei dachte ich, dass er ein wirklicher Freund sei. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Das man sich so in Menschen täuschen kann!". Bei den letzten Worten wurde Tristan wieder ruhiger und sichtlich bekümmert. Doch das wollte Roland auf keinen Fall zulassen. "Jetzt lass dich bloß nicht von denen fertig machen. Wenn die drei hirnlose Idioten sind, dann ist das deren Problem und nicht deins. Und du gehst garantiert nicht dorthin zurück. Wir holen gleich deine Sachen und dann ziehst du bei mir und Oxana ein".


"Meinst du das im Ernst?", fragte Tristan sichtlich überrascht und als Roland energisch mit dem Kopf nickte fiel er ihm sichtlich bewegt um den Hals. "Danke, Roland! Danke, danke, danke! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann."


Und so stolperte ich etwa eine Stunde später über Tristans Sachen, die nun in unserer Küche standen. Eine kurze Erklärung reichte mir um Rolands Einzugsangebot noch einmal zu bestätigen und so feierten wir mit Pizza und Sekt den Einzug des dritten Bewohners in das kleine grüne Haus in der Simlane 10.

 

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kor. 23.10.07