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                Kinga beschäftigte sich indes lieber mit Lara, einer Arbeitskollegin 
                von Tristan, die für die Bohrtürme 6 bis 11 zuständig 
                war. Lara war durchaus angetan von der wissbegierigen Kinga, mit 
                der sie sich sogar über ernstere Themen, wie die momentane 
                Wirtschaftslage im Erdölsektor unterhalten konnte. Aber ich 
                glaubte immer noch, dass Kinga gleichaltrige Gesellschaft besser 
                tun würde. 
                 
              
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                Doch ich hatte keine Idee, wie ich das bewerkstelligen sollte. 
                Mit ihr zu reden half nichts, weil sie weder zuhörte, noch 
                mit mir sprach, noch konnten ihre Schulkameraden sie ablenken. 
                Zudem kam hinzu, dass ich mich im Endstadium der Schwangerschaft 
                nicht wirklich wohl fühlte. Alle fünf Minuten musste 
                ich zum Klo rennen und ständig verspürte ich Hunger, 
                denn ich nicht unter Kontrolle bekam. Ich war froh, dass es in 
                wenigen Wochen vorbei sein würde. Wäre das Baby erst 
                einmal da, dann könnte Dominik sich um das schreiende Bündel 
                kümmern und ich könnte endlich entspannen. 
                 
              
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                Und der Termin der Geburt kam früher als erwartet. Eigentlich 
                hatte ich noch eineinhalb Wochen Zeit, als beim Abendessen unerwartet 
                die Wehen einsetzten. Erst dachte ich noch, dass es gleich wieder 
                vorbei sein würde, doch die Schmerzen blieben und kamen in 
                immer kürzeren Abständen. Also war es kein blinder Alarm 
                und die nächste Wehe war auch so heftig, dass ich sie nicht 
                für mich behalten konnte und laut aufschrie. Da bemerkte 
                auch Dominik, dass es ernst wurde. 
                 
              
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                Und auch Tristan kam ins Esszimmer gestürmt. "Was ist 
                los? Warum schreist du so laut Oxana?". Leider konnte ich 
                ihm nicht antworten. Stattdessen schrei ich laut ein zweites Mal 
                und merkte, wie warmes Wasser an meinem Bein herunter lief. In 
                diesem Moment wurde auch Tristan klar, was hier ablief. "Oh 
                nein, die Fruchtblase! Du musst schnell ins Krankenhaus! Das Baby 
                wird jeden Moment kommen! Was sollen wir tun! Was sollen wir tun!". 
                Er begann hysterisch in der Küche herumzurennen, bis Dominik 
                ihn an den Schultern packte und ihm eine leichte Ohrfeige verpasste. 
                "Wir werden jetzt ins Auto steigen und ins Krankenhaus fahren. 
                Also hör auch dich wie eine Drama Queen aufzuführen, 
                Linse!" 
                 
              
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                Ins Krankenhaus schafften wir es nicht mehr. Dafür war Seda 
                Azul einfach zu weit entfernt. Eigentlich hatte ich geplant, nächste 
                Woche hinzufahren und im Krankenhaus auf die Wehen zu warten. 
                Aber meine Pläne wurden schon zu oft durchkreuzt. Ich hätte 
                es ahnen müssen. Dominik hatte mich schnell zu Schwester 
                Mphenikohl gefahren und mit ihrer Hilfe entband ich eine gesunde 
                Tochter. Am nächsten Morgen kam ein Arzt aus Seda Azul in 
                die Praxis und untersuchte mich und die Kleine. Sie war zwar etwas 
                kleiner und leichter als die meisten Neugeborenen, aber ansonsten 
                fehlte ihr nichts. Und so konnten wir die Praxis der Landschwester 
                noch am gleichen Tag verlassen. Ich musste nur versprechen, mich 
                zu schonen. 
                 
              
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                Dominik holte mich ab und fuhr mich zurück in die Simlane. 
                Unsere Tochter hielt ich wohlbehütet in meinen Armen. "Prinzessin, 
                komm her. Begrüß deine kleine Schwester Klaudia", 
                forderte Dominik King auf. "Sie freut sich schon darauf, 
                ihre große Schwester kennen zu lernen". Doch Kinga 
                zeigte sich völlig desinteressiert. "Ich hab jetzt keine 
                Zeit. Ich telefoniere mit Elvira. Das blöde Baby ist mir 
                ganz egal". Ich muss gestehen, dass ich fast mit einer solchen 
                Reaktion gerechnet hatte, aber Dominik wirkte plötzlich sichtlich 
                eingeknickt. 
                 
              
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                Dafür war Tristan sofort verliebt in die kleine Klaudia. 
                Und sie wohl auch in ihn, denn sie starte ihn aufgeregt mit ihren 
                großen grünen Augen an. Dieselben grünen Augen, 
                in die ich schon so oft bei Dominik geblickt hatte. Und auch bei 
                Albert....doch diesen Gedanken verbannte ich augenblicklich aus 
                meinem Kopf. Klaudia war Dominiks Tochter. Daran bestand nicht 
                der geringste Zweifel. 
                 
              
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                "Brodlowska, komm mal zu mir!", rief Dominik. Ich folgte 
                seiner Stimme in Kingas altes Babyzimmer, welches bis vor wenigen 
                Monaten noch von Roland bewohnt wurde. Und ich staunte nicht schlecht, 
                als ich sah, dass es wieder komplett als Babyzimmer für Klaudia 
                hergerichtet war. "Wann hast du das denn geschafft?", 
                fragte ich völlig überwältigt. "Da musst du 
                dich hauptsächlich bei Tristan bedanken", antwortete 
                Dominik. "Gleich nachdem wir mussten, dass es ein Mädchen 
                ist, hat er angefangen alles herzurichten. Ich hab nur die Möbel 
                reingeschleppt". 
                 
              
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                "Ja, Klaudia, guck was der Papa und der Onkel Tristan extra 
                für dich gemacht haben. Ein ganz wunderschönes Zimmer. 
                Hier kannst du erst einmal ganz ruhig schlafen". Behutsam 
                legte ich meine Tochter in das vorbereitete Bett und deckte sie 
                sorgfältig ein, so dass sie auf keinen Fall frieren konnte. 
                Dominik beugte sich ebenfalls zu seiner Tochter hinab und kam 
                ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Und innerhalb von Minuten 
                war Klaudia fest eingeschlafen. Die Aufregung der letzten Stunden 
                hatte sie sicherlich ganz müde gemacht. 
                 
              
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                "Sie ist wunderschön, Brodlowska. Genauso, wie ihr Mutter". 
                Dominik sog mich wild zu sich heran und begann an meinem Hals 
                zu knabbern. Ich musste lachen. "Die Landschwester hat gesagt, 
                ich soll mich schonen, Dominik. Also schlag dir das aus dem Kopf. 
                Dominik machte ein ganz zerknirschtes Gesicht. "Vielleicht 
                hast du recht", stimmte er mir sogar zu. "Außerdem 
                musst du da unten ja noch ganz ausgeleiert sein". Für 
                diese Bemerkung fing er sich erst einmal eine Kopfnuss ein. "Aua!" 
                 
              
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                "Bist du sehr enttäuscht, dass es kein Junge geworden 
                ist?", fragte ich ihn leise, nachdem ich mich aus seiner 
                Umarmung befreit hatte. Sein Blick verriet schon alles, also brauchte 
                er es gar nicht zu leugnen. "Ich hätte mir schon gerne 
                einen Sohn gewünscht, Brodlowska. Ich glaube, jeder Vater 
                wünscht sich einen Sohn. Jemand, der den Namen weiter trägt 
                und den Stammbaum fortführt. Aber glaub mir, ich könnte 
                einen Sohn nicht mehr lieben, als ich Kinga und Klaudia liebe. 
                Und dich natürlich, Brodlowska". 
                 
              
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                In diesem Moment hätte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, 
                als zu sagen, dass auch ich ihn liebe. Aber ich konnte es nicht. 
                Diese drei einfachen Worte brachte ich nicht über meine Lippen. 
                Also schmiegte ich mich einfach an Dominiks starke Schulter und 
                ließ mich von ihm halten. Wenn er mich nur lange genug hielt, 
                dann könnte ich ihn vielleicht lieben….irgendwann.... 
                 
              
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                Dominik hatte gehofft, dass sich nach Klaudias Geburt Kingas Verhalten 
                wieder normalisieren würde. Doch das traf leider nicht ein. 
                Eher im Gegenteil. Der kleine Julio wusste gar nicht wie ihm geschah, 
                als Kinga plötzlich anfing, auf ihn einzuschlagen. Weinend 
                lief er aus unserem Haus und so schnell würden wir ihn hier 
                nicht mehr wieder sehen. Kinga verzog sich daraufhin nur schmollend 
                in ihr Zimmer. 
                 
              
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                Und von ihrer kleinen Schwester wollte sie auch nichts wissen. 
                Immer wieder versuchte ich, ihr Klaudia näher zu bringen. 
                Doch Kinga reagierte immer abweisend. "Ich will dieses stickende 
                Bündel nicht halten!", protestiert sie, als ich ihr 
                Klaudia in die Arme legen wollte. "Ich will sie überhaupt 
                nicht bei uns haben!". 
                 
              
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                Ich wusste immer noch nicht, wie ich mit diesem Verhalten umgehen 
                sollte. Sie auszuschimpfen führte zu nichts, da ich auch 
                so sehen konnte, dass Kinga sich nicht wohl fühlte. Denn 
                jedes Mal, wenn sie mit einem ihrer Schulkameraden zankte oder 
                wieder einmal mir und Dominik gegenüber ausfallend wurde, 
                verkroch sie sich in irgendeine Ecke und begann leise zu schluchzen. 
                Aber ich wusste nicht, was ihr fehlt. Sie wollte mit niemandem 
                über ihre Probleme reden. 
                 
              
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                Ich konnte nur vermuten, dass sie sich vernachlässigt fühlte. 
                Klaudia hielt uns ganz schön auf Trab. Gerade Dominik war 
                wieder ganz vernarrt in das kleine Bündel. Es kam deshalb 
                unweigerlich dazu, dass Kinga weniger Aufmerksamkeit erhielt. 
                Aber irgendwie konnte ich nicht glauben, dass das der Grund für 
                ihr rüdes Verhalten war. Denn sie ließ ja nicht einmal 
                wirklich zu, dass man sich Zeit für sie nahm. 
                 
              
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                Aber wenn ich Dominik mit seiner jüngsten Tochter sah, vergaß 
                ich ganz schnell die Probleme, die wir mit Kinga hatten. Auch 
                wenn er mitten in der Nacht aufstehen musste, war er doch immer 
                gut gelaunt. Und seine gute Laune sprang auf die Kleine über, 
                die fröhlich quiekte, wenn er sie in die Luft warf. 
                 
              
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                Ich legte meine Arme um Dominiks Taille und schmiegte mich an 
                seinen Rücken. "Leg Klaudia in ihr Bettchen und komm 
                dann rüber in unseres", flüsterte ich ihm verführerisch 
                ins Ohr. "Dort wartet dann eine Belohnung auf dich". 
                Angespornt von diesem Angebot schaffte es Dominik in Rekordzeit 
                unsere Tochter ins Bett zu bringen und sie zum einschlafen zu 
                bewegen. Und im Schlafzimmer holte er sich dann die versprochene 
                Belohnung ab. 
                 
              
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                Nach vollbrachter Tat schlief Dominik augenblicklich ein. Ich 
                nah es ihm nicht übel, schließlich war es mitten in 
                der Nacht und er musste morgen früh raus. Im Schein der Nachttischlampe 
                beobachtete ich ihn, wie er zufrieden schlummerte. Ich war selbst 
                erstaunt darüber, was gerade passiert war. Ich schlief nicht 
                oft mit Dominik und wenn, dann ging die Initiative immer von ihm 
                aus. Irgendetwas in mir sträubte sich selbst nach sieben 
                Jahren immer noch dagegen. Nach unseren Flitterwochen mied ich 
                intime Kontakte zu ihm und die Schwangerschaft war mir ein willkommener 
                Vorwand. Doch inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, warum 
                ich nicht mit meinem Ehemann schlafen wollte. Hielt ich es für 
                Falsch mit ihm zu schlafen, weil ich ihn nicht liebte, oder hatte 
                ich Angst davor, dass es mir mehr und mehr gefallen könnte? 
                 
              
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