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Da bin ich nun, in der großen Stadt. Allerdings nicht in
Warschau, sondern in Simtropolis. Ich war schon am Flughafen,
als ich plötzlich den Zettel mit der Adresse von Anastasia,
den Joanna mir gegeben hat, in meiner Hosentasche wiederfand.
Und da habe ich einfach beschlossen, hierher zu fahren, um herauszufinden,
wo meine Mutter ist.
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Die Suche könnte aber schneller zu Ende sein, als ich mir
das gedacht habe. Ich habe zwar das Haus gefunden, in dem Anastasia
früher gewohnt hat, und in dem sie hoffentlich immer noch
wohnt, allerdings kann ich keine Tür finden.
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Doch nach einigem Suchen werde ich schließlich doch fündig.
Ich bin einfach in eine kleine Gasse zwischen zwei Häusern
gegangen und in einem kleinen Hinterhof gelandet. Und hier befindet
sich tatsächlich eine Tür.
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Ich klingele einige Male, doch es öffnet niemand. Auf der
Klingel steht der Name Anastasia Petrova. Ich hoffe, dass es die
richtige Anastasia ist, aber sicher werde ich erst sein, wenn
ich sie treffe oder sollte ich sagen: falls ich sie treffe? "Wollen
Sie zu mir?", eine Frauenstimme reist mich aus meinen Gedanken
und gleich darauf kommt die dazugehörige Person die Treppe
herunter.
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"Ähm...ich suche eine Anastasia. Sind Sie das vielleicht?",
stottere ich als die Frau unten angekommen ist. "Zumindest
heiße ich so", antwortet sie mir. "Aber was wollen
Sie von mir. Ich glaube nicht, dass Wir Uns kennen." "Nein,
oder besser gesagt doch", antworte ich ihr etwas verwirrt.
"Ich bin Oxana Brodlowska."
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"Tut mir leid, aber der Name sagt mir jetzt nichts",
antwortet Anastasia. "Und sie sind sicher, dass Wir Uns kennen?"
"Als Sie mich das letzte Mal gesehen haben, war ich noch
ein Baby, gerade ein paar Wochen alt. Und Sie haben meine Schwester
und mich nach SimCity gebracht." Jetzt wird ihr endlich klar,
wer ich bin. "Oh mein Gott, du bist eine von Virginias Töchtern."
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Als sie weiß, wer vor ihr steht, führt sie mich sofort
in ihre Wohnung. Ich schaffe es gerade mich auf einen Stuhl zu
setzen, als sie mir auch schon einen Teller vor die Nase setzt
und sich zu mir setzt. Wir unterhalten uns eine Weile, allerdings
sage ich Anastasia nichts von den Geschehnissen der letzten Tage.
Und dann spreche ich sie auf meine Mutter an.
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"Hast du noch Kontakt zu meiner Mutter?" Anastasia schüttelt
den Kopf. "Nein, ich schicke ihr zwar hin und wieder eine
Karte an den Feiertagen, aber ich habe schon lange keine Antwort
mehr bekommen. Ich weiß nicht einmal, ob die Adresse noch
stimmt. Wir haben uns 18 Jahre lang nicht gesehen, das übersteht
selbst die engste Freundschaft kaum." Ihre Worte lassen meine
Hoffnungen Mom zu finden immer weiter schrumpfen. Wenn selbst
Anastasia nicht genau weiß, wo sie ist, wer sonst soll es
wissen. Ich hätte vielleicht doch lieber nach Warschau fliegen
sollen. "Weist du denn, wo sie sein könnte?", frage
ich schließlich. "Ich weiß, wohin sie gegangen
ist", antwortet Anastasia, "Sie ist zurück nach
Simbirien, nach Novosimbirsk, gegangen, aber ob sie noch immer
dort ist?"
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"Komm mit!" Anastasia steht auf, ohne das Essen zu beenden
und ich folge ihr in das Wohnzimmer. Sie geht zum Bücherregal
und holt ein dickes Fotoalbum heraus und reicht es mir. Ich schlage
es auf und gleich auf der ersten Seite sehe ich zwei Mädchen
in meinem Alter, die Arm in Arm posieren und in die Kamera lächeln.
Eine ist Anastasia und die andere ist Mom, das erkenne ich sofort,
obwohl ich nur ein einziges Foto von ihr kenne. "Das Foto
wurde gemacht, kurz bevor Virginia und ich in die SimNation gekommen
sind", erklärt Anastasia. "Das war unser letzter
Sommer in Novosimbirsk."
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Ich Blätter weiter und sehe immer neue Bilder meiner Mutter
und plötzlich kommt es mir vor, als ob ich sie ein Leben
lang gekannt hätte. Und auf vielen Bildern sieht sie Joanna
und mir zum Verwechseln ähnlich. "Wir sind in dieses
Land gekommen um hier unser Glück zu finden", erzählt
Anastasia weiter. "Wir hatten so viele Träume, als wir
ankamen, mussten aber schnell feststellen, dass die meisten Träume
Träume bleiben würden. Virginia ist hier nie wirklich
glücklich geworden. Ich war nicht überrascht, als sie
wieder zurück wollte." Ich blättere weiter im Album
und sehe plötzlich ein Foto von Paps, wie er mit einem Ohr
an Moms dicken Bauch lauscht und, ohne dass ich es will, blitzen
Tränen in meinen Augenwinkeln auf.
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Ich schließe das Album und lege es an die Seite. "Warum,
hat Mom das gemacht?", frage ich mit leicht zittriger Stimme.
"Warum hat sie uns ausgetragen und...und warum hat sie uns
dann verlassen? Warum?" Anastasia sieht mich mitfühlend
an und zuckt dann mit den Schultern. "Sie war unglücklich
hier und wollte zurück nach Hause. Und dafür brauchte
sie Geld. Sie war immer ein wenig durchgedreht. Die Sache mit
der Leihmutterschaft ist typisch für sie. Es war nicht leicht
für sie, sich von euch zu trennen. Aber sie hatte mit Dariusz
und Arkadiusz eine Vereinbarung und Virginia hält zu ihrem
Wort, darauf konnte ich mich immer verlassen."
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"Hat sie je nach uns gefragt?" Ich kann nicht mehr sitzenbleiben.
"Wollte sie wissen, wie es uns geht, Fotos von uns haben?"
Die einzige Antwort, die ich hören möchte ist 'Ja',
aber Anastasia sieht mich eher traurig an. "Ich hab noch
oft mit ihr telefoniert, aber sie hat euch nie erwähnt. Es
tut mir leid, Oxana." Der Gedanke, dass nicht nur Paps mich
hat ohne Abschied gehen lassen, sondern auch Mom sich nie für
mich interessiert hat, versetzt mir einen Stich mitten ins Herz.
"Vielleicht durfte sie nicht nach uns fragen!?", flüster
ich schließlich nach einigen Sekunden der Stille. Und plötzlich
wird mir alles klar. "Sie hatte sicher eine Vereinbarung
mit Paps und Dad und hat deshalb nie gefragt. Oder sie hat versucht
uns zu vergessen und hat deshalb nicht gefragt, weil es sonst
nur noch schwerer für sie gewesen wäre. Ich bin mir
sicher, sie hat oft an uns gedacht...und tut es immer noch."
Ich bin so in Euphorie verfallen, dass ich Anastasias mitleidvolles
Lächeln nicht im geringsten mitbekomme.
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Anastasia hat mir erlaubt für die nächsten Tage bei
ihr zu bleiben, sodass ich eine Gelegenheit habe, mehr über
Mom zu erfahren. Und ich lausche gespannt jedem Wort, das über
Anastasias Lippen kommt. Wir spazieren oft stundenlang durch Simtropolis
und an fast jeder Ecke der Stadt hat Anastasia eine Geschichte,
die sie mir über Mom erzählen kann.
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Und in dieser Zeit mit Anastasia wird mir klar, dass ich Mom tatsächlich
finden will, nein, finden muss! Ich will sie kennenlernen und
sie will mich kennenlernen, da bin ich mir sicher. Anastasia hat
zwar angedeutet, dass es vielleicht keine so gute Idee ist Mom
in Simbirien zu suchen, aber sie hat mir dann doch ihre letzte
bekannte Adresse in Novosimbirsk gegeben. "Viel Glück
bei deiner Suche Oxana und Grüß Virginia von mir, wenn
du sie findest", Anastasia nimmt mich zum Abschied in den
Arm. "Und warte nicht wieder 18 Jahre, bis wir zwei uns sehen."
Als sie die Umarmung löst, sieht sie mir noch einmal ernst
in die Augen. "Erwarte bitte nicht zu viel von der Reise."
Ich drücke noch einmal ihre Hand und steige dann in das Taxi,
das mich zum Flughafen bringen soll. Nicht zu viel erwarten!?
Es ist nicht zu viel erwartet, dass eine Mutter sich freut, wenn
sie ihr Kind nach 18 Jahren wiedersieht.
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