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Irgendwann kommt Arne plötzlich auf mich zu. "Ich habe
mich von Darek verabschiedet. Ich werde ihn nicht mehr wiedersehen",
erklärt er mir. Ich bin zwar etwas erstaunt darüber,
aber ich nicke. "Weißt du, Arkadiusz, das zwischen
mir und Darek war keine Romanze und es war auch nicht Liebe. Wir
haben uns einfach gegenseitig gebraucht. Er und ich sind uns sehr
ähnlich. Auch ich habe meinen "Arek". Er hat seinen
wiederbekommen und geht. Das verstehe ich. Ich hätte es an
seiner Stelle nicht anders gemacht."
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"Behandele ihn gut! Hast du das verstanden?", er sieht
mich ermahnend an. "Darek verdient es einfach gut behandelt
zu werden." "Keine Angst, Arne", antworte ich ihm.
"Ich werde ihm nie wieder wehtun. Das verspreche ich."
Seinem Blick kann ich einen leisen Zweifel entnehmen, doch den
kann ich ihm nicht übelnehmen. Aber er irrt sich. Ich werde
Darek nicht noch einmal enttäuschen. Zum Abschied umarmt
Arne mich freundschaftlich und verschwindet für immer aus
Dareks und meinem Leben.
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Einen Tag später wird Darek vorübergehend entlassen.
Er soll sich zuerst von der OP erholen, bevor es mit seiner Behandlung
weitergeht. Und er kommt zurück nach Hause, zu mir in die
Simlane 10.
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Orion ist überglücklich, dass Darek wieder zurück
ist. Von der Krankheit erzählen wir ihm nichts. Es ist nicht
nötig, dass er es weiß. Und wie soll man es dem Kleinen
auch erklären, dass sein Papa heimgekommen ist, aber dass
er in ein paar Wochen...? Nein, ich darf nicht einmal daran denken.
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Joanna können wir es nicht verschweigen. Sie hätte ohnehin
schnell gemerkt, dass etwas mit Darek nicht stimmt. Es ist ein
Schock für sie, der die Freude über Dareks Rückkehr
bei weitem überdeckt. Nach außen trägt sie diese
Nachricht mit Fassung, doch ich kann mir sehr gut vorstellen,
wie es wirklich in ihr aussieht.
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Denn ich weiß, wie ich mich fühle. Wenn ich nur einen
Augenblick zur Ruhe komme, kann ich nur daran denken, dass ich
Darek schon in wenigen Wochen verlieren könnte. Und diese
Vorstellung ist so schrecklich, dass ich innerlich beinahe zerbreche.
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Ich könnte dieses Gefühl unterdrücken, die Angst,
die in mir aufsteigt. Ich müsste nur zur Theke gehen und
mir ein Glas einschenken. Nichts wäre einfacher als das.
Schließlich tue ich Tag für Tag nichts anderes um die
Angst und den Ekel vor meinem Job zu unterdrücken. Das sind
meine Gedanken, als ich mit der Flasche in der Hand vor der Bar
stehe. Aber jetzt kann ich es nicht. Die nächsten Tage und
Wochen will ich ganz für Darek da sein und das kann ich nicht,
wenn mein Geist vernebelt ist.
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Für Joanna ist es wieder eine schlaflose Nacht, wie so oft,
seitdem sie von Dareks Krankheit weiß. "Wann willst
du deinen Eltern endlich von der Hochzeit erzählen",
fragt Tobias seine Verlobte und küsst sie zärtlich auf
die Schulter. Er weiß, dass Joanna seine Frage gehört
hat, auch wenn sie nicht antwortet. Er stellt sie nicht zu ersten
Mal.
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Langsam dreht sie sich zu ihm um. "Ist es falsch von mir,
wenn ich mich auf meine Hochzeit freue?", fragt sie mit ernster
Miene. "Ist es falsch, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche
als deine Frau zu werden, wenn gleichzeitig mein Vater im Sterben
liegt?" Tobias sieht sie verständnisvoll an und streicht
ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Es ist doch nicht
gesagt, dass dein Paps sterben wird, Jojo. Die Medizin ist heute
so viel weiter, als noch vor ein paar Jahren. Vielleicht schlägt
die Behandlung ja bei ihm an."
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Sie möchte ihm glauben, das möchte sie wirklich. Aber
sie kennt die Wahrheit. "Er wird es nicht schaffen!",
schluchzt sie. Tobias nimmt sie beschützend in den Arm. "Dann
erzähl ihm von der Hochzeit, bevor es zu spät ist. Lass
uns so schnell wie möglich heiraten. Willst du nicht, dass
er dabei ist?" "Doch", antwortet sie mit zittriger
Stimme. "Du hast Recht Tobi, ich werde es ihnen gleich morgen
sagen."
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Und am nächsten Abend erwartet uns ein herrlich duftendes
Essen. Joanna hat schon angekündigt, dass es etwas Wichtiges
zu verkünden gibt und hat auch meinen Vater, Don Carlos,
und Rosario eingeladen. Aber als sie dann mit Tobias den Raum
betritt vergeht mir der Appetit. Und auch meinem Vater kann ich
ansehen, dass er nicht begeistert ist, diesen Jungen bei meiner
Tochter zu sehen.
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Und als sie den Ring an ihrem Finger mit den Worten, "Tobias
hat um meine Hand angehalten. Wir werden heiraten!", präsentiert,
verschlucke ich mich doch fast an einem Stück Kotelett. Auch
am Rest des Tisches wird es ganz still. Joannas strahlendes Lächeln
beginnt sich zu einer krampfhaften Grimasse zu verziehen. Mit
so einer Reaktion hat sie nicht gerechnet.
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Es ist Darek, der als einziger aufsteht und sie kräftig umarmt.
"Ich freue mich so für dich, Joanna." Er lächelt
ihr warmherzig zu und allmählich erscheint das Lächeln
zurück auf ihren Lippen.
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Dann geht er auch auf Tobias zu. "Ich freu mich für
euch beide. Willkommen in der Familie, Sohn." Und dann umarmt
er ihn ebenfalls, nicht weniger warmherzig als er es gerade bei
Joanna getan hat.
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Damit scheint das Eis gebrochen, denn nun erheben sich auch Rosario
und mein Vater von ihren Plätzen und gratulieren den beiden
zu ihrer Verlobung.
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Auch ich stehe auf. Es sträubt sich zwar alles in mir, aber
auch ich nehme Joanna in den Arm und gratuliere ihr. Ihm schüttle
ich nur kurz die Hand und mein eiskalter Blick lässt ihn
ganz genau verstehen, was ich von dieser Verbindung halte.
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